Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maschinenkinder

Maschinenkinder

Titel: Maschinenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shayol Verlag
Vom Netzwerk:
ab und richtete seinen Blick auf das Zentrum des Forts, auf holzgetäfelte Kasernen und einen Großbunker, tonnenförmig und nachtgrau; die Rückseite schloss hermetisch mit der Felswand ab. Müde schlenderte Gabriel darauf zu, bis er am Bunkertor einen zweiten Netzhautscanner vorfand, den er benutzte:
    »Nádas, leitender Wissenschaftsoffizier«, stellte eine synthetische Männerstimme fest. »Zurücktreten, Soldat!«
    »Ein Offizier …«, sagte Gabriel noch, bevor eine Sirene ihn schrillend übertönte: Mit ohrenbetäubendem Krach wurde das Panzertor angehoben.
    Warnlichter blinkten.
    Gabriel verschwendete keine Zeit, sondern nahm die Waffe aus dem Seesack, ehe er sich in den entstehenden Spalt warf, abrollte und hochkam, um nach möglichen Gegnern zu zielen, zu feuern – Clochards, die sich drinnen verschanzt haben könnten, Strahlenkranke, Lumpenträger, die kaum noch vorwärts humpeln konnten, sich an entlegenen Orten vor der rauen Welt versteckten, in Fabrikruinen, Supermärkten, Kellern. Eremiten. Verrückte. Es würde ihn nicht wundern, sie hier anzutreffen, obwohl … wie hätten sie sich Zugang verschaffen können? Übers Meer? Ach, was!
    Das Tunnelgewölbe dahinter schien leer, völlig leer, bis auf den Sand, der den Betonboden überkrustete. Polternd wurde das Tor verankert, und Echos krachten durch das Zwielicht, verloren sich in der Ferne.
    Ein riesiger Bunker.
    Während Gabriel zögernd vordrang, lauschte er nach verdächtigen Geräuschen … Keine Schritte, kein Atem außer seinem eigenen, der schnell und stoßweise ging. Seine Finger krallten sich fester um den Pistolengriff.
    Die Wände ringsum sonderten giftgrünes Licht ab, als hätte sich die Radioaktivität dort angesammelt, wäre über die Jahre hinweg kondensiert wie Feuchtigkeit in einer Höhle. Ein unwirklicher Ort, Gabriel zog die Jacke enger: Ihm war kalt, eiskalt.
    »Allô?«, warf er das Wort in die Dunkelheit und hörte, wie es irgendwo zerbrach. »Ist jemand hier …?« Gabriel beschleunigte seine Schritte – marschierte dem Ende des Tunnels entgegen, so schnell er nur konnte, als unter seinen Stiefeln schlagartig grelles Licht aufflammte: eine Reihe wabernder Pfeile, die ihm den Weg nach links wiesen. Daraufhin ertönte eine künstliche Stimme: »Folge der Markierung, Soldat.«
    »Zum Teufel, was?«, keuchte Gabriel und stoppte; seine Sohlen schlidderten, quietschten, doch er konnte das Gleichgewicht halten.
    »Leutnant Nádas, für Z14 wurde Alarmstufe Rot ausgerufen, Verteidigungsfall! Das Waffenarsenal ist gesperrt! Selbstschussanlagen einsatzbereit. Gehorche dem Befehl, Code 16.«
    Ein Militärcomputer. War dieses Fort also tatsächlich menschenleer? »Gut, ich habe verstanden. Warte! Die Rechenanlage, wo kann ich die finden?«
    »Folge der Markierung, Soldat!«
    Wo das Lichtband endete, wurde ein Tor rumpelnd geöffnet: Ein Quergang schälte sich aus den Schatten, erhellt von Neonröhren, die flackerndes, blaues Licht abstrahlten. Dort war eine Galerie von Stahltüren. Eine Treppe. Ein Mülleimer. Felswand. Gabriel ließ seine Pistole sinken, während er den Korridor betrat.
    So viel Strom! Ob der Stützpunkt über einen eigenen Reaktor verfügte, um alle Geräte zu speisen? An der gesamten Côte d’Azur stand kein einziger mehr … Ein technischer Schatz, der hier im Bunker lagerte, unbezahlbar mit heutigen Mitteln. Schon für lausige Batterien sprang man sich gegenseitig an die Gurgel. Als Gabriel die ersten Türen passierte, warf er einen flüchtigen Blick durch die Sichtfenster: Militärbüros, gefolgt von Laboren; ein Forschungstrakt. Die Quartiere des Stabs mussten woanders liegen.
    Nach wenigen Metern knickte das Lichtband nach rechts ab und versickerte schließlich vor einer doppelflügeligen Tür, die Gabriel mit der Schulter aufstieß, dann hindurchmarschierte: Staunend fand er sich in einem Laboratorium von den Ausmaßen einer Kirche wieder – Hightechgeräte, groß wie Schiffscontainer, überwölbt von einer Kuppeldecke. Inmitten von Kabeln und armdicken Schläuchen war ein Wasserbassin in den Boden eingelassen; medizingrüne Kacheln, die auch die Wände verkleideten.
    Wie ein OP-Saal.
    Erinnerungsfetzen, so vage, wie aus einem anderen Leben, stiegen in Gabriel hoch, verdichteten sich zu wirren Bildern, die er nicht festhalten konnte … seine Hände an den Konsolen, wie sie Proben entnahmen. Ja, hier hatte er gearbeitet, zusammen mit seinem Bruder Philippe. Aber an was? Was war ihr Forschungsgebiet

Weitere Kostenlose Bücher