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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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hintere Rasen war mit EMP-Sprengkörpern vermint, und die Typen im Foyer hatten … nun, sie hatten eine Elektroschockkanone. So ähnlich wie ein Taser, bloß größer, mit einer Feuerkraft von zweihundert Pfeilen pro Minute. Das Problem war, dass niemand nach unserer Meinung gefragt hat. Wenn sie gefragt hätten, wäre das alles ganz anders gelaufen. Aber Sie wissen ja, wie das mit Anwendern ist. Sie investieren nie die Zeit, um die Technologie richtig zu verstehen. Wollen nur das Allernotwendigste lernen. Gerade so viel, dass es funktioniert. Und bei einer derart leistungsstarken Technologie ist das einfach kein brauchbarer Ansatz. Im Grunde haben wir jetzt wohl einen Punkt erreicht, wo Anwender dieser Art vom Aussterben bedroht sind. Ich glaube nicht, dass die Welt angemessen von jemandem gelenkt werden kann, der keine Ahnung von Technik hat. Jedenfalls, dann taucht Carl auf. Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon jemand erzählt hat, aber Carl hat bei seinem Verschwinden ein paar Sachen mitgenommen. Einen Faserschild zum Beispiel. Waren Sie bei der Faserschildvorführung? Eine Art Bombe, nur dass er winzige Faserstreifen ausstößt, einen Nebel aus Mikroschnipseln. Sie schweben in der Luft, zig Millionen, und ihre Enden sind klebrig. Völlig harmlos, aber wenn sich ein hochwertiges Projektil durch diesen Nebel bewegt und auf einen Streifen stößt, kommt es vom Kurs ab. Verliert das Gleichgewicht. Irgendwo nach links oder rechts, wer weiß. Jedenfalls wird es abgelenkt. Bei der Vorführung wurde hinter dem Nebel ein Ziel aufgestellt, und von mehreren Testschüssen sind alle vorbeigegangen. Und zwar weit. Der volle Wahnsinn. Natürlich ist es kein hundertprozentiger Schutz, also ich meine, ich würde nicht mein Leben darauf verwetten, weil der Ablenkungsgrad davon abhängt, wie viele Streifen die Kugel trifft. Vom Aufprallwinkel und von anderen Zufallsvariablen. Die Projektleiterin Abeline Knudsen – das ist die, die den Aufsatz über disruptive Resonanzen in der Innenohrflüssigkeit geschrieben hat – meint, man muss bloß genug Schüsse abgeben, irgendwann kommt einer durch. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke … vielleicht wussten die Wachleute das. Vielleicht war das ihr Plan: Wenn er den Faserschild benutzt, muss man ihn mit Kugeln vollpumpen.
    Carl taucht also auf dem Rasen auf. Wir waren in den Labors und konnten alles über die Überwachungskameras verfolgen. Sie müssen wissen, wir mochten Carl. Sehr sogar. Wir waren traurig, dass er abgehauen ist. Jedenfalls, Carl schaltet den Faserschild ein, und bumm verschwindet er in einem Nebel. Alle ballern los. So viele Schüsse, dass wir es hier unten noch spüren konnten.
    Die Typen in der Lobby eröffnen das Feuer mit ihrer Elektroschockkanone. Sie verspritzen diese Millionenvoltpfeile, die natürlich viel leichter sind als Kugeln, und als sie auf den Nebel treffen, werden sie überallhin abgelenkt. Nach links, nach rechts, in die Luft, zurück gegen die Wachen. Sie treffen Sicherheitskräfte, sie landen auf dem Dach, sie überschwemmen das Foyer, und überall sprühen Funken und lösen Feuer aus. Ein unbeschreibliches Chaos, und auf einmal schlägt ein Pfeil im Tank eines Hummers ein. Danach nur noch Feuer, Rauch, schreiende Leute. Und Carl spaziert rein und macht, was er will. Jetzt sind alle scharf darauf, Carl zu fangen.«
    Stirnrunzelnd richtete Jason den Blick auf eine Stelle an meiner Brust und tippte darauf. Er sah eine andere Katze an, die sich näherte. »Denn eine öffentliche Bloßstellung würde der Firma im Moment ziemlich schaden. Natürlich haben sie ihm Sicherheitskräfte nachgeschickt, und natürlich hat das nichts gebracht, denn Carl ist, na ja, einfach besser. Das heißt, jetzt sind Sie dran. Damit Carl gefasst wird.«
    Die Ketten um meine Arme rasselten zu Boden. Beide Extremitäten schwebten geschmeidig in eine ungebundene Ruheposition. Aus diesem Winkel erkannte ich, dass mein linker Arm tatsächlich keine Hand hatte. Sondern ein Loch.
    »Arme betriebsbereit in zehn Sekunden.«
    Ich fragte: »Warum. Sind …«
    »Fünf, vier, drei, zwei.«
    »Achtung«, meinte Jason, »das fühlt sich vielleicht komisch an.«
    »Arme betriebsbereit.«
    Ich spürte ein fernes Prickeln, als würde mir jemand eine Geschichte aus meiner Kindheit erzählen. Mein rechter Arm zuckte, der mit der dreigliedrigen Hand. Mir wurde klar, dass ich das getan hatte, dann traf mich ein Blitz qualvoller Phantomschmerzen. Schreiend versuchte ich, den Arm zu packen und die

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