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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Muskeln zu entspannen. Mein anderer Arm beschrieb einen Bogen. Jason zog den Kopf ein. Klirrend stießen meine Metallgliedmaßen aneinander. Laborassistenten hackten auf Notebooks ein. Der pralle Arm erzeugte ein rasches Rattern, wie bei der Schussfahrt eines Neunjährigen auf einem Fahrrad, in dessen Speichen Spielkarten steckten. Als ich klein war, hatte ich einmal einen Jungen beobachtet, der auf diese Weise einen Berg hinunterraste. Damals fand ich das unheimlich toll.
    »Dr. Neumann, hören Sie auf damit! Sie beschädigen die Arme!«
    »Drosseln! Volles Spektrum!«
    Der Schmerz ließ nach. Lautlos wimmernd wartete ich auf seine Rückkehr.
    »Entschuldigung«, sagte Jason. »Wir müssen uns erst langsam vortasten. Links bitte nicht die Faust ballen. Das ist ein Befehl zum Schießen.«
    Meine Zähne klapperten. »Schießen. Was.«
    »Ach so. In diesem Arm haben Sie eine MAC-701-Gatling-Kanone.« Er grinste. »Nett, was?«
    Ich begann zu zittern. »Nehmt. Sie. Ab.«
    »Dr. Neumann …«
    »Will. Ich. Nicht!« Der Waffenarm ratterte, stoppte, ratterte.
    »Dr. Neumann! Dr. Neumann!«
    In meinem Kopf öffnete sich ein Fenster. Durch dieses Fenster strömte Jason und sein Wunsch, mich zu besänftigen. Ich spürte sein Mitgefühl, seine Aufregung und seine Ehrfurcht, und als ich mich beruhigte, seine Dankbarkeit. Es war außerordentlich. Wie hatte Jason es genannt? Bessere Stimme. Das war eine starke Untertreibung. Als hätte man Sex als besseres Umarmen bezeichnet.
    »Danke«, raunte er. »Danke.«
    »In dem Arm steckt eine Menge Munition, aber sie ist nicht freigegeben. Das war eine von Cauterys Bedingungen. Wir können sie erst aktivieren, wenn Sie ein Stück vom Gebäude weg sind. Und nur damit Sie es wissen, wir können sie aus der Ferne sperren. Das war eine weitere Bedingung. Das nervt, ich weiß, aber es wird kaum nötig sein. Versuchen Sie einfach, auf nichts anderes zu schießen als auf Carl.«
    »Zuschalten von Subsystemen.«
    Durch meine Beine liefen Muskelkrämpfe. Doch ehe ich einatmen konnte, war der Schmerz schon vorüber.
    »Reaktionen überprüft. Wir haben eine stabile Rückkopplungsschleife.«
    »Grüner Bildschirm.«
    Ich fand das Fenster in meinem Kopf, durch das Jason vorhin geklettert war. Ich stellte mir sein Gesicht darin vor und schickte eine Nachricht durch: Nein nein mache ich nicht.
    »Äh.« Jason drehte sich zu Mirka. Das Fenster schloss sich. Schweigend schauten sie sich an.
    »Na schön.« Mirka reichte ihr Notebook weiter und kam näher. »Dr. Neumann …« Sie strich mir ein Haar aus der Stirn. »Jason hat Ihnen nicht alles erzählt. Bei seinem Überfall hat sich Carl Zutritt zu diesem Raum verschafft. Er stand neben Ihnen. Sie waren bewusstlos. Ihr Arm war abgetrennt. Vermutlich hat Carl Sie für tot gehalten. Oder er hat gedacht, Sie liegen im Sterben. Dann ist er gegangen und hat ihre Freundin ausfindig gemacht. Lola. Er hat sie mitgenommen. Es tut mir leid.«
    »Sehr wahrscheinlich ist sie noch am Leben«, ergänzte Jason. »Ich meine, wir glauben nicht, dass er sie mitgenommen hat, um ihre Teile auszuschlachten. Es ist wohl eher eine Frage der Zuneigung. Während seiner Genesungsphase hatten wir viel mit ihm zu tun, und er hat oft über sie gesprochen.« Er blickte Mirka an, dann wieder mich. »Okay! Also … ich glaube, das wäre alles. Haben … Sie noch Fragen?«
    »Noch«, antwortete ich. »Fragen.«
    »Ja.«
    Meine Lippen dehnten sich. Ich entblößte meine Zähne. Mir war schwindlig. Die Contours Drei beugten sich. Ein Huf fuhr nach vorn, traf auf den Boden und feuerte Haftstifte hinein: snack-snack. Jason und Mirka hüpften zurück. Ich starrte meinen Fuß an. Den Huf. Ich hob und schwenkte ihn. Ich wackelte mit einem flachen Metallzeh, und er folgte meinem Willen. Zwar hatte ich das Ding nicht selbst gebaut, aber es war interessant zu verfolgen, wie sich der Zeh hin und her bewegte. Jason räusperte sich. Mirka legte ihm die Hand auf den Arm. Ich schlenkerte weiter den Zeh. Ich senkte ihn, dann hob ich den anderen Huf und setzte ihn wieder ab. Dann bemerkte ich wieder die Kabel und Schläuche, die aus meinem Körper kamen. Ich holte mit dem gezackten Klauenarm aus und riss mir ein halbes Dutzend davon herunter. Ein Kabel sprühte Funken, und ich spürte kurz eine Schwere in meinen Körperteilen, der sogleich eine erhebende Wärme aus dem Bauch folgte. Ich trat nach vorn. Von meiner Metallhaut platzten Leitungen. Kreischende Laborassistenten huschten zur Seite.

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