Maschinenmann: Roman (German Edition)
»Abschalten!«, rief jemand, doch Jason entgegnete: »Nein, wartet noch.«
In der lackierten Oberfläche eines Stahlschranks sah ich mein Spiegelbild. Ich sah es mit besseren Augen. Mein Kopf war aus Metall. Über Nasenrücken, Stirn und Kinn liefen schwarze Ringe. Das waren die einzigen Reste von Haut, die ich noch hatte. Alles andere war aus Metall.
»Bin. Ich. Falsch.«
Jason kroch nach vorn. »Nein, Dr. Neumann. Sie sind nicht falsch. Sie sind nicht falsch.«
Ich nickte. In meinem Hals wisperten Servoschaltungen. Ich hatte Angst. Aber es war okay. Ich sagte: »Wohin.«
Begleitet von Katzen und Sicherheitskräften plonk-plonkte ich durch die Korridore von Better Future. Nach den Gesichtern der Wachleute zu urteilen, war ich entweder ein ehrfurchtgebietendes technisches Wunder oder das schlimmste Monster, das ihnen je begegnet war. Ich selbst war mir nicht ganz sicher. Sie führten mich zu einer Treppe, und ich zögerte, aber die Dreier nahmen die Stufen locker und mit sicherem Tritt. Ein System, das funktioniert wie geplant, hat etwas zutiefst Befriedigendes an sich. Ich weiß nicht, ob alle Menschen das so sehen. Vielleicht eher der Standpunkt eines Technikers. Aber als wir das Ende der Treppe erreichten, war ich praktisch verliebt.
Sie führten mich zur Tiefgarage, damit wir nicht von den Notdienstmitarbeitern bemerkt wurden, die oben herumwuselten. Eigentlich begriff ich nicht, warum das bei der Garage anders sein sollte, weil ihr Ausgang auch nicht so weit weg lag, aber das war nicht mein Problem. Die Garage verfügte über einen eigenen Generator, und Halogenlampen tauchten alles in gnadenlos grelles Licht oder in undurchdringlichen Schatten. Mit laufendem Motor warteten in der Dunkelheit Kleintransporter und Geländewagen von Better Future, deren Chrom spiegelte wie Supernovae und aus deren Auspuffrohren Qualm quoll. Ich blinzelte, und die Szenerie wurde normal, als meine Augen anhand von Infrarot- und Ultraviolettdaten Felder ausfüllten und Bewegung darstellten.
»Warten Sie kurz«, sagte Jason. Die Katzen schwärmten aus. Die Schnittstelle wurde freigeschaltet. Ich war ungeduldig, und meine Beine zuckten nach vorn. »Moment«, rief Jason. »Gleich.«
Er dachte, dass ich das war. Aber er täuschte sich. Ich erinnerte mich an Cassandra Cauterys Frage: Ihre Beine haben doch nicht mit Ihnen geredet, oder? Aber das hatte nichts mit mir zu tun. Das war bloß ein kleiner Softwaredefekt gewesen. Vielleicht hatten die Dreier das gleiche Programm. Bestimmt war es nicht völlig neu geschrieben worden. Der Fehler konnte noch da sein. Er konnte überall sein.
»Dr. Neumann.« Mirka trat vor. »Während wir noch die Endkontrolle machen, muss ich noch eine Sache ansprechen. Möglicherweise gibt es ein Problem mit Lolas besserem Herzen. Mit der Militärfunktion. Ein EMP verbraucht eine Menge Strom. Natürlich gibt es einen Sicherheitsspielraum. Auch nach einem EMP hat der Akku noch genug Strom, um die Herztätigkeit aufrechtzuerhalten. Und ein EMP entlädt sich nur bei vollem Akku. Bloß … möglicherweise funktioniert dieser Akku nicht mehr richtig. Wir glauben nicht, dass es einen ernsten Grund zur Beunruhigung gibt. Aber … es ist so: Die Unternehmensleitung hat uns damals mitgeteilt, dass eine Frau auf dem OP-Tisch liegt und ein künstliches Herz braucht. Wir mussten handeln, bevor wir wirklich bereit waren. Eigentlich hätte es nicht zweimal zu einem EMP kommen dürfen. Auf keinen Fall. Ich habe die Versuchsperson vorhin gesehen, das heißt Miss Shanks, und … vielleicht war es nur das Licht, aber ihre Haut sah grau aus. Und für mich ist das ein Hinweis, dass sich der Akku fast ganz entleert haben könnte und damit die Herztätigkeit eingeschränkt ist. Bitte machen Sie sich keine Sorgen, denn das Herz braucht wirklich nur wenig Strom zum Pumpen. Es wird sicher nicht stehen bleiben, davon sind wir überzeugt. Aber falls der Sicherheitsmechanismus nicht funktioniert und ihre Herzfrequenz über die Ansprechschwelle steigt, könnte sich ein EMP entladen. Erneut. Und das wäre schlecht. Dafür ist die Kapazität des Akkus nicht ausgelegt. Also noch einmal, ich erzähle Ihnen das nur zur Vorsicht. Ich will Ihnen das Leben nicht noch schwerer machen, denn ich weiß ja, dass Sie im Moment genug um die Ohren haben. Aber wenn Sie Lola Shanks finden, sollten Sie alles vermeiden, was ihr Angst einflößen, sie aufregen oder ihr große körperliche Anstrengungen abverlangen könnte.«
»Freigabe«, sagte
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