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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Schleudern gebracht. Vielleicht konnte ich Cassandra Cautery dazu bringen, mich wieder von ihnen zu befreien. Ich suchte ihr Gesicht in der Menge und entdeckte sie schließlich in der Glashalle als wässrig grüne Version ihrer selbst. Sie beobachtete alles aus sicherer Entfernung. Hier drinnen waren nur ich und eine Horde von Laborassistenten. Ich stoppte. Niemand sprach. Schuhe scharrten. Mir fielen die zahlreichen Brillen im Raum auf.
    »Also«, sagte ich, »was meinen Sie?«
    Ein unglaublich dünner Kerl mit grusliger Haut räusperte sich. »Die Schnittstelle ist ziemlich primitiv. Im Idealfall sollte man wohl was mit Nervenimpulsen machen.«
    »Krankman arbeitet an Nervenverbindungen«, warf eine Frau ein. »Ich war bis vor Kurzem in seinem Projekt.«
    Sie rückten näher zusammen. Einige hockten sich sogar hin, um die Beine aus der Nähe zu betrachten. Ich konnte ihre Finger förmlich spüren. »Das Metall ist ganz schön schwer.«
    »Wenn man die Stützen aushöhlt, könnte man das reduzieren.«
    »Was ist mit Titan?«
    »Und Stoßabsorption? Was passiert, wenn er zum Beispiel eine Treppe nach unten geht? Das macht mir Sorgen.«
    »Hmm«, meinte der dürre Jüngling.
    Ich entspannte mich, denn jetzt wusste ich, dass die Sache laufen würde.
    Natürlich sind die Curies gestorben. Sie entdeckten die ionisierende Strahlung, indem sie darin badeten. Für einen Forscher war es mit Risiken verbunden, sein eigenes Versuchskaninchen zu spielen. Doch es gab eine lange Tradition von Wissenschaftlern, die die Vergrößerung des menschlichen Wissens mit ihrem Leben bezahlt hatten. Allerdings verdiente ich nicht, zu ihnen gezählt zu werden, weil ich mir offen gestanden nichts aus dem Allgemeinwohl machte. Ich wollte nur bessere Beine für mich selbst. Von mir aus konnten langfristig und indirekt auch andere davon profitieren, aber das war nicht meine Motivation. Eine Zeit lang hatte ich deswegen Schuldgefühle. Immer wenn mich ein Laborassistent mit bewunderndem Blick ansah, hätte ich am liebsten ein Geständnis abgelegt: Hören Sie, ich bin kein Held. Ich will nur rausfinden, was ich draufhabe. Dann dämmerte mir, dass sie vielleicht alle so empfanden. Möglicherweise waren all diese großen Forscher, die sich großen Gefahren aussetzten, um Licht ins Dunkel zu bringen, gar nicht so altruistisch. Vielleicht wollten sie wie ich nur herausfinden, was sie leisten konnten.
    Ich wollte Lola anrufen. Da ich mein Telefon nicht hatte, rollte ich zu meinem Schreibtisch in der Glashalle. Ich musste über den Empfang wählen, es dauerte ewig, bis es klingelte. Und dann passierte gar nichts. Es kam mir komisch vor, dass sich im Krankenhaus niemand meldete, daher rief ich noch mal beim Empfang an und bat darum, die Nummer zu überprüfen. »Es ist die richtige Nummer«, war die Auskunft. Ich probierte es erneut, doch ich hörte nur das Läuten.
    Ich teilte meine Assistenten in Teams auf: Alpha, Beta und Gamma. Nur so blieb das Ganze für mich überschaubar. Sie arbeiteten in Konkurrenz zueinander. Ich rollte zwischen ihnen herum, und alles, was mir gefiel, löste strahlende Gesichter und hektische Betriebsamkeit aus. Beta dachte sich eine völlig neue Beinkonstruktion auf Radbasis aus, fast wie bei einem Streitwagen, die mich so begeisterte, dass ich sie selbst übernahm. Daraufhin verlegten sich Alpha und Gamma ebenfalls auf Räder, und Beta warf ihnen geistigen Diebstahl vor. Die Wogen schlugen hoch. Sogar Tränen flossen. Schließlich forderte ich Gamma auf, Finger oder etwas Ähnliches zu bauen. Das gefiel ihnen. Am Ende hatten sie genug für vier Hände und benutzten sie, um Beta mit obszönen Gesten zu beleidigen. Es war fast wie am College, nur dass ich endlich respektiert wurde. Manchmal rollte ich auf dem Korridor an Körpern vorbei: Assistenten, die sich zum Schlafen hingelegt hatten, weil sie es vor Müdigkeit nicht mehr nach Hause geschafft hatten. Überall lagen Cola- und Limodosen herum.
    Alle dachten, dass Beta als erstes Team mit einem Prototyp in die Testphase gehen würde, doch die Räder erwiesen sich als Sackgasse. Die Bodenhaftung auf unebenem Gelände blieb ungenügend, selbst mit rotierenden, einzeln aufgehängten Paaren mit Saugsensoren. Ehe wir zu diesem Ergebnis kamen, richteten wir eine Menge Schaden im Treppenhaus an. Wir hinterließen Kerben in Wänden, zerbrochene Stufen und einen verbogenen Geländerabschnitt. Aber diese Misserfolge waren notwendig, um herauszufinden, was funktionierte.
    Dann meldete

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