Maschinenmann: Roman (German Edition)
Logik ließ mich kurzzeitig Schmerz und Erschöpfung vergessen. So war ich eben. »Du befürchtest doch offenbar, dass ich dazu imstande bin. Warum solltest du es sonst ansprechen?«
»Vergiss es.«
»Stimmt was nicht mit ihren Hunden?«
»Nein, aber sie liebt sie, und wenn du was Falsches sagst, ist das peinlich.«
»Okay.« Der Schmerz nahm wieder zu. »Ich werde die Hunde nicht erwähnen.«
»Du sollst sie erwähnen. Aber auf nette Weise.«
»Dann sage ich, dass sie sehr attraktive Hunde hat.«
»Bloß nicht! Das klingt total schräg.«
»Was soll ich denn dann sagen? Lola, bitte hilf mir!«
Sie klingelte. »Sag einfach, dass dir ihre Aufmachung gefällt.«
Da begann das Kläffen. Zur Zahl der Hunde hatte sich Lola nicht geäußert. Offenbar waren es viele. Und sie waren klein. Das hörte ich.
Das Vordachlicht sprang an. Ich erschrak etwas über Lolas Aussehen. Ihre Augen waren eingesunkene Schatten, und ihr Better-Future-Sweatshirt war blut- und staubverschmiert. Wir würden keinen guten ersten Eindruck machen.
Die Tür öffnete sich, und eine Frau in einem Morgenmantel aus Satin erschien. Sie hielt etwas im Arm, das ich für eine Handtasche hielt, bis es bellte. Hinter beiden Füßen hatten sich weitere kläffende Hündchen postiert. Sie waren in kleine rot-grüne Trikots gekleidet. Die Frau warf einen Arm um Lola, und Lola brach in Tränen aus. Über Lolas Schulter hinweg musterte die Frau mein Gesicht, meinen Körper, meine Beine. Erst jetzt erkannte ich sie. Dr. Angelica Austin.
»Können wir reinkommen?«
Dr. Angelica zögerte. Sie hatte versucht, mich als Psycho einstufen zu lassen. Jetzt, da ich wusste, dass sie sich ein Haus voller kostümierter Hündchen hielt, fand ich das irgendwie krass. »Natürlich, natürlich.« Sie schob die Tür auf.
Einen Moment lang glaubte ich schon, dass sie sie mir vor der Nase zuschlagen wollte, ehe ich Lola folgen konnte. Vielleicht spielte sie tatsächlich mit dem Gedanken. Doch mit zuckenden Lippen ließ sie mich passieren. Als ich in den Flur trat, flitzte ein Hund zwischen meine Beine, und ich wäre fast auf ihn gestiegen. Ich musste die Contours manuell zum Stoppen bringen. Der Vierbeiner war so winzig, dass er nicht die automatische Kollisionsvermeidung auslöste. Das könnte ein Problem werden.
Dr. Angelica schloss die Tür. »Eigentlich sollte ich mich nicht wundern.«
Der Hund in ihren Armen starrte mich an. Ich konnte nicht erkennen, was er dachte. Aber er führte etwas im Schilde.
»Wir sind in Schwierigkeiten«, erklärte Lola. »Wir brauchen Hilfe.«
Ich schloss die Augen. Ich war erledigt. Ich sah, wie der Manager rückwärts durchs Fenster flog. Die ganze Zeit hing sein Blick an mir.
»Charlie.«
Ich schlug die Augen auf. Cassandra Cautery stand Schulter an Schulter mit Lola. »Es tut mir leid«, krächzte ich.
»Er driftet immer wieder weg«, sagte Lola.
Cassandra Cautery nickte. Nein, es war nicht Cassandra Cautery, sondern Dr. Angelica. Sie hatten nicht die geringste Ähnlichkeit miteinander. »Lassen Sie mich mal einen Blick auf den Arm werfen.«
»Nicht die Arme wegwerfen.« Dr. Angelicas tiefbraune Augen glichen denen ihres Hündchens. Auch der Gesichtsausdruck war verwandt. Jetzt dämmerte mir, was der Hund gedacht hatte: Dieser Typ macht uns nur Scherereien.
Ich tauchte hin und her zwischen Wachen und Ohnmacht. Ganz von ferne, als hätte ich es in einem Telegramm gelesen, registrierte ich, dass mich Lola und Dr. Angelica von der Nervenschnittstelle trennten. Nichtssagende Daten ohne Informationsgehalt.
»Ich hab dich gewarnt«, flüsterte Dr. Angelica.
»Ich weiß«, antwortete Lola.
»Genau wie damals bei dieser Unterschenkelamputation.«
»Nein. Er liebt mich. Du hast keine Ahnung, Angelica. Er hat sein Leben für mich aufs Spiel gesetzt.«
»Du bist die Erste seit dem Verlust seiner Extremität, die ihn wie einen Menschen behandelt. Natürlich liebt er dich. Am Anfang verlieben sich doch alle in dich.«
»Bitte nicht.«
Ich öffnete die Augen, weil ich am Arm ein Zupfen spürte. Dr. Angelica war dabei, meine Haut mit chirurgischem Faden zu vernähen.
Lola strich mir übers Haar. »Schon gut, Charlie.« Ich lag in ihrem Schoß. »Sie macht dich wieder gesund.«
Ich schloss die Augen.
»Das, was dem fehlt, kann ich wohl kaum beheben.«
»Hör schon auf.«
»Der Mann ist ein Selbstverletzer. Ich wollte ihn gar nicht aus dem Krankenhaus lassen.«
»Das verstehst du nicht.«
»Das hast du beim letzten Mal auch
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