Masken der Begierde
passten.
„Lucas, leidest du an denselben Anfällen wie Allegra?“, fragte sie behutsam.
„Wie kommst du auf diese Idee?“ Lucas’ Miene verfinsterte sich und zeigte deutlich, dass er kein Interesse hatte, darüber zu sprechen.
„Weil du eben noch verzweifelt an der Wand nach dem Ausgang suchtest“, erwiderte Violet, während sie hoffte, dass Lucas nicht merkte, wie sehr sie sein Gebaren beunruhigt hatte.
Lucas strich sich über das Haar, ordnete seine Kleider und hob die Brandyflasche auf. „Ich habe getrunken, aber das geht dich nichts an“, erklärte er.
„Nein, das geht mich nichts an. Ich bin nur deine Bedienstete, die Frau, die das Jucken zwischen deinen Beinen lindert.“ Ohne es zu wollen, klang sie verbittert und zornig. Sie stolzierte mit durchgestrecktem Kreuz zur Tür, als hinter ihr ein Klirren erklang. Violet zuckte erschrocken zusammen.
Lucas stand breitbeinig vor dem Kamin. Glasscherben glitzerten im und vor dem Kamin, gesprenkelt mit den letzten Tropfen Brandy, die sich in der Flasche befunden hatten.
„Wofür hältst du mich?“ Wütend funkelte er sie an.
Automatisch bewegte sie sich in seine Richtung. „Für Lucas St. Clare, Earl of Pembroke“, entgegnete sie nicht weniger aufgebracht.
Mit einigen Schritten war Lucas bei ihr, packte sie an den Oberarmen und schüttelte sie. „Wenigstens habe ich nie vorgegeben, jemand anderer zu sein, Lady Isabel!“, knurrte er ärgerlich.
Violet kämpfte gegen seinen Griff an. „Ach, und du warst immer ehrlich und aufrichtig mir gegenüber? Wie war das mit Allegras angeblichen Schwächeanfällen und den Einladungen, die du eigenmächtig weggeworfen hast?“, fauchte sie und wand sich. Die Emotionen in ihrem Innern schlugen Kapriolen. Wut erfüllte sie, stieg in ihren Kopf und wollte explodieren. Gleichzeitig fühlte sie maßlose Enttäuschung darüber, dass Lucas sie verbal attackierte.
Lucas schüttelte sie erneut. „Du bist das impertinenteste Frauenzimmer, das mir je untergekommen ist! Deine Zunge ist schärfer als jedes Messer.“
„Du bist der griesgrämigste, verschlossenste Mensch, der mir je begegnet ist!“, schleuderte sie ihm entgegen. „Pass nur auf, dass du nie in einen Kuhstall gerätst, allein deine Anwesenheit lässt die Milch sauer werden.“
Lucas packte sie um die Taille, schob und zerrte sie zur Récamiere. Er schubste sie in die Polster. Violet keuchte erschrocken und versuchte, sich zu erheben. Lucas war mit einer fließenden Bewegung über ihr und küsste sie wild und leidenschaftlich. Violet stemmte sich erfolglos gegen seinen Brustkorb. Sie trommelte dagegen, erwiderte seinen Kuss dennoch hitzig. Wildes Begehren tobte durch ihren Körper. Küssen erwies sich in diesem Moment als das Richtige, um ihre Aggressionen abzubauen.
Lucas umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen. Seine Lippen glitten liebkosend über Violets Kinn, strichen über ihre Kieferknochen und zupften an ihrem Ohrläppchen. Seine Hände umfassten die ihren. Seine Daumen streichelten ihren Handrücken.
Wärme und Zärtlichkeit wichen dem Zorn, der sie eben noch beherrscht hatte. Eine Gänsehaut rollte schmeichelnd über ihren Körper.
Sie sah in Lucas’ Augen und erkannte darin Schmerz, Einsamkeit und Furcht. Doch das alles wurde überlagert von einem Gefühl, das sie schon oft an ihm bemerkt hatte: Sehnsucht, eine tiefe verzehrende Sehnsucht. Er küsste sie erneut auf den Mund, diesmal sacht und einfühlsam, und die Süße des Kusses ließ Violet zittern. Sie schmeckte einen Hauch von Brandy. Er hatte sich nicht betrunken. Die Erkenntnis verursachte ihr einen Stich im Herzen, weil sie fürchtete, was Lucas so vehement bestritt: Dass der Wahnsinn ihn ergriff.
„Wie kannst du nicht erkennen, was ich für dich empfinde?“, flüsterte er. Seine Lippen streichelten die ihren. „Aber du musst verstehen, dass es keine Zukunft für uns geben kann.“ Seine Hände wanderten ihren Rücken empor, kraulten ihren Nacken und streichelten nun ihren Hals.
„Ich weiß“, erwiderte Violet resigniert. Ihre Beziehung zu Lucas führte auf Dauer unweigerlich zu Liebe. Große Gefühle würden Violet ins Verderben stürzen, und dieses Mal, da war sie sicher, gäbe es keinen Weg zurück. Lucas hatte ihre Seele berührt, ging ihr tiefer unter die Haut, als gut für sie war, und dennoch ließ sie zu, dass er sie koste, dass er sie mit eindringlicher Sanftheit verführte. Sie genoss zitternd seine zärtlichen Streicheleinheiten. Seine Hände liebkosten ihre
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