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Masken der Lust (German Edition)

Masken der Lust (German Edition)

Titel: Masken der Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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sich als Herausforderung an ihre Geschicklichkeit erweisen. Die ausladenden Röcke und Unterröcke und dieses bereifte Ding, das um ihre Taille gebunden war und die Stoffschichten abstehen ließ – die historische Art, sich zu kleiden –, waren ungeheuer nervig. Das Korsett zwickte jedoch nicht, was sie überraschte. Ihre Zofe hatte die Schnüre mit sachkundiger Geschwindigkeit an Sarahs Körper angepasst und bei der Arbeit keinerlei Bemerkung von sich gegeben.
    Ein Gutes hatte es: Sarahs Brüste waren hochgepresst und sahen auf neue Art sexy aus. Die Zofe hatte einen feinen Schleier darüber gebreitet und faltenreich im Mieder festgesteckt, um sie zu verhüllen.
    Trotzdem warf Marco einen lüsternen Blick auf ihren Brustansatz. Er bestieg die Gondel zuerst, um ihr behilflich zu sein, legte die Hände um ihre Taille und hob sie hinein, als sie auf der letzten Stufe des Palazzo zauderte.
    Es herrschte Flut, und die Pfähle, auf denen das Gebäude ruhte, waren vollständig bedeckt. Wasser leckte an den Stufen, und die gestreifte Anlegestange für die Gondel spiegelte sich in Schlangenlinien auf dem Wellengekräusel wider.
    Sicher in der Gondel sitzend, glättete sie ihre Röcke und schenkte Marco ein siegreiches Lächeln. Der Gondoliere fing an, laut und inbrünstig zu schmettern, wobei seine Melodien von den übrigen Gondolieri singend erwidert wurden, wie es Brauch war. Sie legten ab.
    Sie glitten zügig durch schmale Kanäle und unter Steinbrücken hindurch, mit zuweilen nicht mehr als zwei, drei Zentimeter Abstand an anderen Gondeln vorbei. Doch nie hielten die Gondolieri an, sondern schätzten ganz genau ab, wie viel Platz blieb, um im richtigen Augenblick voranzuschnellen.
    Soweit sie es sehen konnte, hatte sich Venedig in den zweihundert Jahren nicht sehr verändert. Neuere Häuser säumten das Gewirr von Seitenkanälen, so viel war gewiss. Dazwischen waren Wäscheleinen gespannt mit Bettlaken, Männerhemden und Frauenunterhosen wie weiße Fahnen, die Reinlichkeit bezeugten, damals wie heute.
    Sie blickte sich um und sah Kinder auf den campos spielen, den offenen Plätzen, in die die Straßen mündeten. Sie versuchten, die unzähligen Katzen aufzuscheuchen, die sich überall in Venedig herumtrieben. Ombra, Marcos Katze, war im Vergleich zu ihnen ein sehr privilegiertes Geschöpf. Aus dem Augenwinkel bekam Sarah mit, wie eine der Katzen mit blitzschnellem Tatzenhieb Vergeltung an einem der Bälger übte, und lächelte in sich hinein.
    Der Gondoliere schwenkte in einen breiteren Kanal ein, der sie unter die Rialtobrücke führte, wo an der Mole dichtgedrängt Händler auf Booten Obst, Gemüse und Fisch feilboten, indem sie die in ihren Gondeln vorbeifahrenden Frauen laut ansprachen – wunderschöne prüde Gattinnen und kühne Kurtisanen, allesamt von Dienstboten und ihren treuen Gondolieri begleitet. Sie waren zum Einkaufen unterwegs, und mehr noch, um zu sehen und gesehen zu werden.
    Einige von ihnen entdeckten Marco und winkten.
    «Kennen sie dich?» Er winkte zurück und lächelte auf eine Art, die sie gründlich verdross.
    «Natürlich nicht. Ich bin jemand, den sie noch nie zuvor gesehen haben. Ein neuer Mann mit anderen Worten. Der näheren Betrachtung würdig.»
    Sarah rief sich ins Gedächtnis, dass sie ihn im Ganzen drei Tage lang kannte, die paar Jahrhunderte dazwischen einmal außer Acht gelassen, und dass sie eigentlich kein Recht hatte, eifersüchtig zu sein. Aber sie war es und hatte keinerlei Absicht, ihn zu teilen. Ihr stählerner Blick traf auf ein unverfrorenes Flittchen, das bloß die Achseln zuckte und woandershin sah.
    Die prüden Ehefrauen gingen etwas heimlicher vor und blickten nur dann in Marcos Richtung, wenn sie glaubten, dass Sarah abgelenkt war. Sarah konnte sie nicht ertappen, war aber dafür nicht weniger gereizt. Konnten sie auf diese Entfernung sehen, dass sie keinen Ehering trug? Das war eine Kleinigkeit, die ihr gutaussehender Herr und Meister vergessen hatte. Womöglich mit Absicht.
    Marco hielt ein Bein angewinkelt auf dem Knie des anderen Beins abgestützt und führte so sein Paket den Frauen vor, die in ihren Gondeln vorbeidümpelten. Männer blieben Männer, ob in Kniebundhosen oder Jeans. Sie war fast versucht, ihn über Bord zu schubsen, nur hätten dann ihre Gegnerinnen zu seiner Rettung eilen können. Ein Tauchgang würde ihm allerdings das Mütchen kühlen. Und seine Überheblichkeit.
    Sein Wesen hatte sich unverkennbar gewandelt. Benehmen und Sprache waren

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