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Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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herangeschlichen hatte. Sie strampelte mit den Beinen, versetzte ihm einen Tritt gegen die Nase, so dass das Blut hervorspritzte. Sein gezischter Fluch vermengte sich mit einem Warnruf. Niva! Instinktiv duckte sich Ferin unter dem Sirren des Pfeils weg. Er verfehlte den Gardisten und fand sein Ziel im Stamm. Für einen Lidschlag stierten sie beide auf den nachpendelnden Schaft. Dann hängte sich der Mann mit seinem ganzen Gewicht an ihre Beine.
    Sie krallte die Finger ins Holz – nein, verflucht …!  –, als ganz unerwartet ein Brüllen durch den Wald brandete, mächtig und bedrohlich und voller Zorn. Es schien von überallher zu kommen. Es drang aus dem Boden, aus jeder Pore der Erde, wie ihr bebender Atem. Fuhr wie eine Sturmböe durch die Baumkronen, brachte die Äste zum Knarren und die Blätter zum Rauschen. Sank zu einem Grollen herab, nur um erneut anzuschwellen. Die Seele des Dschungels erwachte zum Leben.
    Keine menschlichen Laute waren es, die ihr Ringen unterbrachen. Ein Tiger! Die Erkenntnis war wie eine Erlösung. Nein, mehrere. Die Tiger, ihre Gefährten, ihre Rettung! Sie waren gekommen, um sie zu beschützen. Ferin sah Schrecken und Verständnis in den Augen des Merdhugers aufflackern. Und sie konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. Jetzt würde alles gut werden.
    Jeden Moment erwartete sie, Ziagál durch das Gebüsch auf sich zustürmen zu sehen, doch das Gebrüll verklang so plötzlich, wie es gekommen war. Das Hier und Jetzt meldete sich mit keuchenden Atemzügen und den Schreien vom Nachbarbaum bei Ferin zurück. War es Niva oder Pasim, die in einem fort ihren Namen rief?
    Auch der Gardist hatte seine Fassung wiedergewonnen und erinnerte sich an sein Vorhaben. Im Hinabgleiten zerrte er sie mit sich mit. Fahrig tastete sie nach Halt, bekam das Seil zu fassen. Heiß wie Glut rutschte es durch ihre Handflächen, und sie schrie vor Schmerz. Immer noch fühlte sie keine Angst. Den Arm um ihre Kniekehlen geschlungen, sprang der Mann ab. Der Ruck an ihren Händen war so stark, dass sie loslassen musste. Ihr Oberkörper sackte nach vorn, und sie donnerte mit der Stirn gegen rauhes Holz. Die Welt zerfiel in schimmernde Splitter, Dunkelheit trug sie fort.
    Ihre Ohnmacht währte nur kurz. Modrig-feuchter Geruch stieg ihr in die Nase, zwischen ihren Zähnen knirschte Sand. Sie lag auf dem Waldboden und schaute in das verzerrte Gesicht des Toten. Erdbrocken regneten auf sie herab, als ein Schatten schrill wiehernd über sie hinwegsetzte und im Dickicht entschwand. Stöhnend richtete sie sich auf, ihre Sicht war getrübt, graue Schlieren flossen vor ihren Augen. Zwei Schritt neben ihr tänzelten zwei Gestalten, offenbar in einen Kampf verwickelt. Sie blinzelte, konnte aber nicht erkennen, wer es war. Wer hier sein Leben riskierte, um sie zu retten.
    Ferin kroch zurück und lehnte sich an den Baumstamm. Sie vernahm einen dumpfen Schlag und einen abgehackten Schrei, ehe einer der Kämpfer zu Boden ging. Ein Gurgeln folgte, ein letztes aussichtsloses Um-Atem-Ringen – nie zuvor hatte sie etwas Qualvolleres gehört. Nie zuvor dem Tod so bewusst gelauscht. Sie barg ihren Kopf zwischen den Knien. Um sie drehte sich alles, hinter ihrer Stirn hämmerte es. Obendrein war ihr auch noch übel.
    »Ferin!«
    Beim Klang der bekannten Stimme blickte sie auf. »Martu? Was machst du hier?«, fragte sie verwundert.
    »Was ich hier mache? Jemand hat deinen Namen geschrien. Da bin ich zurückgekommen, um nach dir zu sehen.« Er umschloss ihr Gesicht mit beiden Händen, Sorge sprach aus seinen Nachthimmelaugen. »Geht es dir gut?«
    »Ich glaube, mein Kopf platzt.«
    »Du hast ihn dir gestoßen.« Sanft berührte er ihre Stirn, von seinen Stacheln tropfte es auf das Tuch um ihre Hüften. Kreisrunde Flecken blühten auf – feucht, rot … Blut.
    »Du bist verletzt!« Da war sie, die Angst. Um ihn.
    »Nein, nein, ich bin in Ordnung. Es ist nur«, er nickte hinüber, »sein Blut.«
    Der junge Gardist. Daneben der Mann, den sie selbst zur Strecke gebracht hatte. Ferin zwinkerte mehrmals. Langsam schärften sich die Konturen, das Drehen stoppte, auch die Übelkeit ließ nach.
    Ihr Blick glitt über Martu. Er war verschwitzt und abgekämpft, Hemd und Hose waren mit Blut besudelt. Sie wollte gar nicht wissen, wie viele Merdhuger er getötet hatte.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte sie. »Du konntest nicht abreisen. Meinetwegen.«
    Martu lächelte leicht. »Das muss ein harter Schlag gewesen sein, du sprichst verwirrt.

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