Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Höhe. Sie schwankte, und Martu griff ihr unter die Arme. »Vielleicht solltest du noch sitzen bleiben«, meinte er.
»Nein, es geht schon.« Es musste sein, sie konnte nicht untätig herumsitzen, wenn die anderen ihre Hilfe brauchten. »Sobenio? War er das auf meiner Brust?«
»Ja. Er hat dich zurückgeholt.«
Sie sah sich um, überprüfte ein Gesicht nach dem anderen: Jasta, Laiko, Pasim, Syla, Taban, Niva, Saron … »Wo ist er?«
Die Pheytaner traten auseinander, und Ferin konnte sehen, was sich dahinter abspielte. Vor ihr ragte eine Flammenwand auf, leuchtend, heiß und tödlich. Es war nicht bloß der Dschungel, der hier brannte. Das Feuer wälzte sich durch die Savanne, vertilgte Gras, Buschwerk und Bäume, gewann an Boden und fachte die Brandherde im Wald an. Beiderseits trotzte das ewige Grün der Macht des Feuers, doch wie lange noch? Über dem Inferno wogte beißender Rauch, er überflutete den Himmel, verdunkelte die Sonne. Die Luft waberte. Die Hitze gab ihr Gestalt, ein zerfleddertes Gefüge.
Bestürzt erkannte Ferin, dass auch der Palisadenzaun in Flammen stand. Überall Feuer. Das Feuer, das sie so liebte. Das den Abend begleitete. Dessen heimeliges Knacken das Reden und Lachen, das Wispern und Tuscheln untermalte. Das Raum gab für Erzählungen des Tages und Geschichten aus der Vergangenheit. Das Fleisch briet, Wärme und Licht spendete. Dieses Feuer brachte ihnen jetzt den Tod.
Nur ein paar Schritte entfernt redete Tamir auf Sobenio ein, eine Hand auf der Schulter des Magiers, die andere gestikulierend.
Jasta stellte sich neben Ferin. »Tamir bittet ihn um Hilfe«, erklärte sie ungefragt. Es war ihr anzuhören, wie sehr sie an der Sinnhaftigkeit dieses Unternehmens zweifelte.
»Was sollte er denn tun?«, entgegnete Ferin.
»Er ist ein Magier!« Jasta deutete zum Himmel. »Regen wäre brauchbar, und zwar sofort, nicht erst zur Regenzeit.«
Regen … Sobenios Worte waren Ferin nicht entfallen: Ich bin kein großer Magier, ich bin nur ein Zauberschüler, der seine Ausbildung nicht abgeschlossen hat. Sie schluckte.
»Beruhigend«, murmelte Jasta. »Du denkst wie ich.«
Ferin atmete durch und drehte sich zu den anderen um. Niemand wusste etwas zu sagen. Das erste Mal, seit sie im Dschungel lebte, einte sie nicht Freundschaft, sondern Hoffnungslosigkeit.
Hoang saß auf dem Boden, das Gesicht schmerzverzerrt, die Finger um seinen Oberarm gekrallt. Blut quoll hervor und tröpfelte ins Gras.
Ferin entsann sich ihrer Aufgabe und hockte sich neben ihn. »Lass sehen.« Eine Klinge hatte ihm den Arm bis auf den Knochen aufgeschlitzt. Keine Kleinigkeit. »Ziemlich tief«, murmelte sie. »Gehört gereinigt, aber ohne Wasser …« Sie vertrieb den Gedanken an den Durst – allen musste es so ergehen. »Ich werde die Blutung stoppen und deinen Schmerz lindern, mehr kann ich vorerst nicht tun.«
Hoang nickte.
»Ferin, bist du schon kräftig genug dafür?«, warf Martu ein.
»Ja«, sagte sie, »es geht mir schon besser.«
Wieder einmal wunderte sie sich über die Eigenheit ihres Körpers, sich im Nu zu regenerieren. Die anfängliche Schwäche nach dem Erwachen war gewichen, und so machte sie sich an die Arbeit. Ihre Heilströme waren nicht länger das geheimnisvolle Rätsel in ihrem Körper, nach dessen Lösung sie ständig gesucht hatte. Sie waren ein Teil von ihr. Sie konnte darauf zugreifen, konnte sie benutzen wie einen Arm oder ein Bein. Ein Befehl ihres Gehirns genügte, sie zu entfalten und an Hoang weiterzugeben.
Wenig später war die Wunde versorgt. Sie streifte den Schmerz an den Savannenboden ab und stellte erstaunt fest, dass sie sich gelöst und sogar ein wenig gestärkt fühlte.
»Danke, Ferin«, seufzte Hoang.
»Gern.« Sie stand auf. »Sonst noch etwas Dringendes?«
»Rhys ist verletzt, aber zum Glück nicht schlimm«, sagte Jasta. »Er ist losgelaufen, um die Pferde zu befreien.«
»Und Akur?«
»Er ist mit Dawid unterwegs nach Rhivar. Nolina und Kesía holen, bevor das Feuer sie einschließt.«
Nolina und Kesía! Jesh? War er nicht mit Sobenio unterwegs? »Wo ist Jesh?«
Bedrücktes Schweigen.
»Was? Wo ist er?«
Saron wies vage in Richtung Dschungel. »Er ist tot.«
»Tot?« Das bisschen Erleichterung, das Ferin eben noch durchströmt hatte, schwand.
»Schlimme Sache. Erstickt. Sein Bein machte nicht mit, er konnte dem Qualm einfach nicht schnell genug entkommen. Sobenio musste ihn zurücklassen. Auch die anderen konnten wir nicht mitnehmen, sie sind immer noch da
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