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Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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Oberkörper pendelte im Rhythmus seiner Atmung vor und zurück. Die abendlichen Schatten umwoben die beiden, und ihre Körper verschmolzen zu einem einzigen Wesen. Eine ganz eigene Ruhe ging von ihnen aus, die auf Ferin übergriff und offenbar auch Ziagál erfasste, denn er streckte sich der Länge nach vor ihr aus, plazierte seinen Kopf geradewegs auf ihren Oberschenkeln und gab, unschuldig blinzelnd, ein tiefes Seufzen von sich.
    Das schwere Tigerhaupt auf ihrem Schoß machte es Ferin unmöglich aufzustehen. Doch nach einigen Sekunden merkte sie, dass sie das auch gar nicht mehr wollte. Eine starke Macht band sie an Ziagál. Ihre Hände waren an seinem Fell, an seinem warmen Körper, an seinem Herzschlag. Ihre Heilströme entfalteten sich ganz von allein, und vor ihren geschlossenen Lidern flossen Fäden aus glimmendem Licht. Fäden, die sie untrennbar aneinanderketteten. In dieser Nacht war sie nicht der Mensch neben ihm, sondern vielmehr Teil von ihm. Teil seiner Seele.

    Ferin hatte viel zu wenig Schlaf abbekommen. Die paar Stunden, die sie, eng an Ziagáls warmen Leib gekuschelt, gedöst hatte, reichten nicht aus, um sich den Anforderungen des Tages gewachsen zu fühlen. Die beiden Tiger hatten das Dorf erst im Morgengrauen verlassen. Aufgescheucht durch ein paar kecke Vogelstimmen waren sie ihrer Wege getrottet, ohne sich noch einmal nach ihren Gefährten umzudrehen. Tamir, der wohl die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, war direkt auf dem Feuerplatz eingeschlafen, hingestreckt, als wäre er mit einem Knüppel niedergeschlagen worden, während Ferin zum Teich geschlurft war, in der Hoffnung, dass das Wasser ihre Lebensgeister wecken würde.
    Schlechte Entscheidung, dachte sie, als sie aus dem türkisblauen Nass schoss und keuchend Luft holte. Ganz schlechte Entscheidung. In ihren Lungen tobte der Schmerz. Dreieinhalb Längen hatte es gebraucht, um den anderen Schmerz zu überlagern. Dummerweise hielt das nicht an.
    Zu sehr erinnerte sie das Schwimmen an ihr Bad mit Martu. An seine Stimme, seine Berührungen, seine Küsse. Fest entschlossen, ihren Kummer abzuschütteln, pflügte sie wie eine Besessene durchs Wasser, Runde um Runde, so schnell sie nur konnte. Sie traktierte ihren Körper, bis ihre Muskeln wie Feuer brannten. Ohne Erfolg.
    Sie schluchzte auf. Weinte und schwor sich gleichzeitig, es nie wieder zu tun. Sich nie wieder so gehenzulassen. Nie wieder mit dieser Verzweiflung an ihn zu denken. Schöne Bilder wollte sie im Gedächtnis behalten, die gab es zur Genüge. Martu hatte ihr so vieles gegeben und gezeigt, lauter Dinge, die kostbar und für sie von größter Bedeutung waren.
    Durch ihn hatte sie endlich Zugang zu ihren Kräften gefunden. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, nicht hässlich zu sein, sondern einzigartig, etwas Besonderes. Er hatte sie gerettet, hatte für sie sein Leben im Kampf mit dem Gardisten riskiert und sie aus dem brennenden Wald getragen. Er hatte ihr den ersten Kuss geschenkt und sie spüren lassen, was Liebe ist. Wie einen Schatz musste sie diese Erinnerungen hüten, vielleicht konnten sie ihr Herz irgendwann heilen.
    Als sie aus dem Teich stieg, umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Locker und entspannt wie sonst nach einem Bad fühlte sie sich trotzdem nicht. Es würde noch lange dauern, den Schmerz zu verarbeiten, doch sie hatte den ersten notwendigen Schritt hinter sich gebracht.
    Ferin schlüpfte in ihre Kleidung, registrierte erstaunt, dass es sie nicht mehr berührte, einen grauen Kittel tragen zu müssen, und machte sich auf den Weg zurück ins Dorf, wo die Rebellen letzte Vorbereitungen für den Aufbruch trafen.
    Am Abend war es dann so weit. Rund um den Feuerplatz waren die Pferde mit Stricken an den Bäumen festgebunden. Die Männer hatten den ganzen Vormittag damit zugebracht, sie einzufangen und für den Ritt auszurüsten, und nun warteten sie stampfend und schnaubend darauf, dass es endlich losging. Sie schienen nicht weniger nervös zu sein als die Menschen.
    Der Abschied von den anderen fiel kurz aus, flüchtige Umarmungen und Küsse, dann saßen sie auf. Ferins Pferd war sandfarben, klein und stämmig und machte einen sanftmütigen Eindruck. Vorsichtshalber tätschelte sie in regelmäßigen Abständen seinen Hals, um es milde zu stimmen.
    Als sie den Dschungel hinter sich ließen, senkte sich die Dämmerung herab. Am Horizont zeugte ein flammend roter Streifen vom Sonnenuntergang, darüber türmten sich die Wolken wie silbergraue Samtquaddeln, die

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