Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
war eine Tribüne aufgebaut, von der aus dem Herrscherpaar der bestmögliche Ausblick geboten wurde. König Thilus lieferte seine Gemahlin dort ab und wollte sich daranmachen, sein Bad in der Menge zu nehmen. Er liebte es, sich unter das Volk zu mischen, und brachte damit seine persönliche Leibwache regelmäßig an den Rand des Nervenzusammenbruchs.
Diesmal kam Pelton ihm zuvor. Die Erleichterung war den Gardisten anzumerken, als er ihnen durch einen Wink zu verstehen gab, ein wenig zurückzubleiben. »Majestät, mit Verlaub, darf ich Euch für einen Augenblick entführen?«, bat er mit einer kleinen Verbeugung.
Ohne die Antwort abzuwarten, ging er gemessenen Schrittes voraus. Thilus würde ihm folgen, das wusste er. Das Publikum wich zur Seite. Wem es mehr Respekt zollte, lag auf der Hand: Niemand wagte es, sich ihm, dem Gán, in den Weg zu stellen, der König hingegen war nur eine Barke im Kielwasser des Kriegsschiffes.
»Pelton«, jammerte Thilus, »muss das sein?«
Pelton winkte einen Diener heran. »Ein Konfekt, Euer Majestät?«
König Thilus kreuzte die Arme vor der Brust. »Nein. Ich werde mir von Euch nicht den Nachmittag verderben lassen. Die Regierungsgeschäfte können warten, das ist mein Fest, ich will mich hier vergnügen.«
»Gewiss, Hoheit.« Pelton reichte Thilus ein Glas Wein. »Aber einen Schluck Wein werdet Ihr doch mit mir trinken. Es gilt, auf einen Erfolg anzustoßen.«
»Ihr trinkt doch gar keinen Wein.«
»Euch zu Ehren will ich eine Ausnahme machen.«
Pelton wählte Kumys. Er hasste Alkohol; den herben, mandelartigen Geschmack der vergorenen Stutenmilch konnte er gerade noch ertragen.
König Thilus fügte sich mit einem kläglichen Seufzen. »Schön, also, was gibt es?«
Pelton erhob das Glas. »Auf Euch, mein König!«
Die Gläser klirrten aneinander, und die umstehenden Gäste ließen es sich nicht nehmen, ebenfalls auf das Wohl des Königs anzustoßen.
»Auf König Thilus!«, rief Pelton. »Lang lebe Seine Majestät!«
Hochrufe brandeten durch die Menge, selbst in den hintersten Reihen erschallte der Jubel. Thilus setzte ein einfältiges Lächeln auf und stürzte den Wein hinunter. Es würde nicht bei dem einen Glas bleiben.
Sehr darauf bedacht, dem König nicht von der Seite zu weichen, lenkte Pelton seine Schritte zu einem Podium, auf dem ein Gaukler mit seiner Jongliervorführung die Schwerkraft ad absurdum führte. Fünf Messer waren in stetiger Bewegung, und das Publikum wartete mit angehaltenem Atem auf einen winzigen Fehler, der das Bravourstück zum Einstürzen bringen musste.
Dicht vor der Bühne blieb Pelton stehen. »Ich kann Euch von einem ersten Sieg gegen die Rebellen berichten.« Die Lüge kam ihm leicht über die Lippen, Laquor gegenüber hatte er weniger schmeichelhafte Worte benutzt: Sie Narr! Den Dschungel in Brand zu stecken ist nicht das, was ich mir unter einem Vernichtungsschlag vorstelle! Oder darf ich davon ausgehen, dass der Wald immer noch in Flammen steht? Nein? Lassen Sie mich raten! Ein Unwetter? Na fein. Und Sie brauchen mir nichts von widrigen Umständen während des Kampfes zu erzählen. Auch nichts von Tigern oder Gift. Sie sind für die Moral der Truppe verantwortlich, es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Soldaten nicht wie Memmen davonrennen, nur weil ein paar Tiger brüllen! In zehn Tagen ziehen Sie erneut gegen Pheytan, und diesmal will ich die Köpfe der Rebellen als Beweis für Ihren Triumph.
»Ein Sieg, wie schön«, sagte der König wenig interessiert.
»Ja, Euer Majestät, und der nächste Vorstoß wird uns die Rebellen ein für alle Mal vom Hals schaffen. Dann wird wieder Ruhe im Land einkehren.« Pelton beugte sich zum Ohr des Monarchen hinunter. »Und wir können uns an die Ausweitung unserer Grenzen im Westen machen. Welch unermessliche Schätze mögen dort wohl auf uns warten?«
»Aber Pelton, noch nie wurde die Wüste durchritten. Denkt nur an die barbarischen Nomadenstämme. Meint Ihr nicht, dass es ein wenig vermessen ist, zu glauben …«
»Oder die Meere im Osten. Wir könnten den Schiffsbau vorantreiben und neue Länder erobern. Es wird Zeit, Merdhug aus seiner Isolation zu holen.«
»Wozu denn? Alles, was wir wollen, ist hier.«
Pelton fixierte den Gaukler. Jetzt … »Alles, was Ihr wollt, Euer Majestät.«
Eines der Messer entglitt dem Gaukler und schlug mit der Spitze voran in das Holzpodium. Indessen streckte der Mann die Hände nach den anderen vier Messern aus – ein Raunen ging durch das
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