Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Baumstümpfe des abgebrannten Waldes bewachten ihr Schweigen.
Nach dem Essen rückte Tamir in die Mitte, und sie erwarteten seine Rede.
»Meine Freunde«, begann er. »Die letzten Tage waren hart für uns. Wir haben gekämpft und gelitten, wir haben drei liebe Menschen und ein Stück Freiheit verloren, und stattdessen sind Angst und Mutlosigkeit in unsere Herzen getreten. Ich will euch nichts vormachen – die kommenden Tage werden härter.« Er musterte ein Gesicht nach dem anderen. »Wenn ich euch so ansehe, dann lese ich die gleichen Zweifel in euren Augen, die auch mich plagen. Ich habe mich heute oft genug gefragt, ob unsere Entscheidung richtig ist. Ist es sinnvoll, alles aufs Spiel zu setzen für ein Vorhaben, das uns ins Verderben stürzen kann? Mein Verstand sagt: Nein, das Risiko ist zu hoch. Doch mein Herz und mein Gefühl sagen ja, denn es gibt keine Alternative. Ob unsere Reise ein gutes oder schlechtes Ende nehmen wird, ist nicht absehbar. Ich kann euch diesmal nicht anbieten, im Dschungel zu bleiben, denn die Durchführung unseres Plans erfordert eine gewisse Anzahl von Leuten. Wenn wir also morgen Abend Pheytan verlassen, dann alle – oder keiner.«
»Was willst du damit sagen, Tamir?«, rief Rhys stirnrunzelnd. »Die Entscheidung ist längst gefallen.«
»Ja«, stimmte Akur zu. »Wir sind bereit. Es gibt kein Oder mehr.« Er wandte sich an den Rest der Gruppe. »Ist jemand anderer Meinung?«
Niemand meldete sich.
»Eben.« Akur nickte. »Wir stehen alle hinter dir, Tamir. Wir ziehen das gemeinsam durch.«
»Gut«, sagte Tamir. »Es ist wichtig, dass ihr auch an das glaubt, was wir vorhaben. Ihr müsst mit dem Herzen dabei sein. Nur dann werden wir stark genug sein …« Weiter kam er nicht. Knacken und Patschen drang aus der Dämmerung. Jemand streifte zwischen den Baumleichen im Morast umher – sie hatten es alle gehört. Elmó, Akur und Jasta standen auf und griffen zu den Degen.
»Das ist kein Mensch«, flüsterte Sobenio, als sich die Geräusche näherten.
»Tiger«, raunte Tamir.
Ferin sah zwei gelbe Augenpaare blinken, eines zu ihrer Rechten, das andere genau gegenüber. Schon tauchten die Tiger am Rand des Dorfplatzes auf. Für einen Moment starrten sie sich an, unterschwelliges Grollen in der Kehle, dann sprangen sie aufeinander zu. Sie verkeilten sich zu einem Bündel aus Fell und Pranken, Keifen und Knurren erfüllte die Luft. So schnell der Kampf begonnen hatte, so schnell war er wieder vorbei. Einer der Tiger jaulte auf und unterwarf sich. Der andere ließ von ihm ab, verdeutlichte aber fauchend und mit angelegten Ohren und peitschendem Schwanz seine Überlegenheit.
»Rokin«, sagte Tamir. Der Tiger hob den Kopf und blickte ihn aufmerksam an.
Der zweite Tiger rollte herum und sprang auf, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt. Geduckt wich er zurück, dann lief er in großem Bogen um die Pheytaner herum, geradewegs auf Ferin zu, wo er stehen blieb und ihr seinen Atem ins Gesicht pustete.
»Ziagál«, murmelte sie, erfreut, ihn wiederzusehen. »Wo hast du gesteckt?« Ob ihr Gefährte auch nur ahnte, dass sie ihn gerade jetzt bitter nötig hatte?
Er ließ sich vor ihr auf den Boden plumpsen. Sie versenkte ihre Finger in seinem Fell, vorsichtig, zögernd, immer noch unsicher, ob seine friedliche Stimmung nicht womöglich umschlagen könnte. Ein Biss – und sie hätte eine Hand weniger gehabt. Schließlich hatte er gerade mit Rokin gekämpft. Oder war es nur ein kleiner Meinungsaustausch gewesen?
Ziagál schien die Berührung zu genießen, sein Ausatmen wurde von einem grollenden Schnurren begleitet, und Ferin wagte es, ihn am Bauch zu kraulen. Wie weich er war! Er rollte sich bereitwillig auf den Rücken und öffnete den Rachen zu einem herzhaften Gähnen.
Sie schmunzelte und erhaschte im Aufsehen einen Blick von Rhys, der neben ihr saß. Er lächelte nicht, schaute sie einfach nur an. Goldener Feuerschein flackerte über seine Gesichtszüge und brachte die Male zum Tanzen, wie damals, an ihrem ersten Abend im Kreis der Rebellen. Ferin konnte nicht sagen, was in seinen Augen lag, aber es verstörte sie, und sie wandte sich ab.
Rokin hatte sich neben Tamir niedergelassen; dessen Hand lag auf dem Kopf des Tigers, und wie schon einmal schienen sie ihre Gedanken zu vereinigen.
Nach und nach verließen die Pheytaner den Feuerplatz, nur Tamir, Ferin und die beiden Tiger blieben zurück.
Tamir war in eine Art Trance gefallen, seine Lippen bewegten sich, und sein
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