Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Publikum –, aber er fing nur drei. Dann ertönte ein Schrei, gefolgt von einigen alarmierten Rufen, bevor es totenstill wurde.
Denn das vierte Messer steckte seitlich und bis zum Schaft im Hals des Königs. Die Klinge hatte ihn schräg durchbohrt, von unten nach oben, und trat zwischen seinen Lippen wieder aus. Blut strömte ihm aus dem Mund. Mit einem erstickten Röcheln fiel er auf die Knie, fasste nach dem Messer, zog es heraus, worauf eine Blutfontäne aus seiner Halsschlagader schoss.
»Schnell, einen Heiler!« Pelton packte Thilus an den Schultern und drückte die Hand auf die Wunde. Vergebens. Das Blut sprudelte unter seinen Fingern hervor und tropfte auf den weißen Stein. Längst stand er in einer roten Pfütze. »Los, Mann!«, fauchte er den nächstbesten Gardisten an. »Suchen Sie den Leibarzt des Königs!«
Der Soldat stob davon.
»Pel…«, quoll es mitsamt einem Blutschwall aus Thilus’ Mund.
»Nicht sprechen.« Pelton sah auf. »Und Sie …!«, herrschte er den Gaukler an, der vom Podium aus herabschaute und starr vor Entsetzen war. »Sie sind verhaftet! Wachen! Festnehmen!«
Zwei Gardisten sprangen auf die Bühne und packten den erschrockenen Mann links und rechts am Arm.
»Aber ich habe nichts getan!«, rief er.
»Verdammt, wo bleibt der Heiler?«, knurrte Pelton. Ein Beben übermannte den Körper an seiner Seite. Der König starb.
Schweiß stand dem Gaukler auf der Stirn, als ihn die Gardisten vom Podium zerrten. »Ich war das nicht! Ich schwöre, ich bin unschuldig!«
»Abführen!« Vorsichtig ließ Pelton König Thilus zu Boden sinken. »Sie haben den König ermordet.«
Ketten klirren. Die Luft ist feuchtkalt. Von irgendwoher tönt das Tropfen von Wasser. Krallen scharren über den Steinboden. Ratten. Die Zeit verrinnt wie zäher Nebel. Sie kann nicht sagen, wie lange sie schon hier liegt. Einen Tag? Zwei? Zehn? Eisen umfasst ihre Gelenke, dumpfer Schmerz zieht durch ihre Arme und Beine. Noch pocht Leben in ihren Adern. In seinen Adern. Noch.
Das Knarren einer Tür. Sie zerren sie hoch, schleifen sie durch die Gänge. Ein Raum, erhellt durch Fackeln. Ein brennendes Kohlebecken. Fragen. Sie antwortet nicht. Schläge. Blut in ihrem Mund. Noch mehr Fragen. Sie hört nicht hin. Sie zwingen ihren Arm auf einen Holzpflock. Ein Brandeisen, das stumpfe Ende glühend rot. Fragen. Loderndes Feuer auf ihrem Arm, der Gestank nach verbranntem Fleisch. Sie schreit. Schreit …
Ihr Schrei erstarb in lautlosem Entsetzen. Ferin klappte den Mund zu und blinzelte ins Licht. Ein kupferartiger Geschmack lag auf ihrer Zunge – Blut. Sie hatte sich in die Wange gebissen. Letzte Traumschnipsel schwirrten durch ihren Verstand, ließen sich nicht halten, nicht begreifen. Verblassten. Martu …
Stöhnend setzte sie sich auf. Ihr Körper glühte. Kein Wunder, die Sonne war gewandert und schickte ihre Strahlen unbarmherzig in die kleine Felsnische, in der sie ihr Lager aufgeschlagen hatte. Sie warf einen schnellen Blick auf Jasta, die trotz der Hitze fest schlief, und Rhys … Wo war Rhys? Der Platz neben ihr war leer, nur Matte und Wasserbeutel bestätigten ihre dumpfe Erinnerung, dass er sich neben sie gelegt hatte. Im Schattenstreifen gegenüber dösten die Pferde mit nach hinten gerichteten Ohren. Keiner der anderen war auf – sollte nicht jemand Wache halten, oder hatte sie etwas falsch verstanden?
Sie fühlte sich wie gerädert, selbst das Trinken verschaffte nur wenig Linderung. Weiter in der Sonne zu braten, erschien ihr nicht gerade verlockend, also entschied sie, sich die Beine zu vertreten. Etwas Bewegung vor der nächsten Etappe zu Pferde würde ihr guttun. Sie zwängte sich durch einen Felsspalt nahe der Quelle und verließ den Sandplatz.
Außerhalb des Steinzirkels pfiff ihr der Wind, der hinter der schützenden Barriere nur ein Lüftchen gewesen war, kräftig um die Ohren und fegte den losen Sand zu kleinen Dünen zusammen. Hügel um Hügel reihten sich aneinander, darüber trieben glitzernde Staubwolken.
Ferin blieb stehen und betrachtete das wundersame Schauspiel. Und dann sah sie es: In den vom Wind leer geräumten Senken ragten zwischen dürren Grasbüscheln und Geröll bleiche Gebeine hervor. Schädel, Rippen- und Oberschenkelknochen, Fersenbeine und Beckenknochen zeugten von einer Schlacht, die ihrem Volk den Tod gebracht hatte.
Sie wollte den Blick abwenden, doch sie brachte es nicht fertig. Wie viele mochten hier unter dem Sand begraben sein? Wie viele Namen waren in
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