Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
übrig.
Martu ballte die Hand zur Faust. »Ein Teil der Giftdrüsen ist unversehrt, aber sonst …«
»Was ist nur geschehen?«
»Ich konnte die Nita der Arsader zerstören, doch als ich Watov aus dem Kerker befreien wollte, lief ich einem Wachtrupp in die Arme. Sie nahmen mir meine Nita ab und legten mich in Ketten. Dann … folterten sie uns abwechselnd … vor den Augen des anderen, um einen von uns gefügig zu machen. Watov verriet nichts, er schwieg … bis in den Tod.«
Sie spürte, wie er um Fassung rang. Erst nach einer Weile konnte er weitersprechen. »Ich hatte mir geschworen, das Geheimnis der Nita zu bewahren. Doch als ich begriff, wie viel du mir bedeutest, änderte das alles. Zum Schein ging ich auf ihre Forderungen ein. Ich tat, als wollte ich ihnen die Funktionsweise der Kugel vorführen – dabei konnte ich fliehen. Und jetzt bin ich hier. Bei dir, meiner Adáhr.«
Ferin blieb still, drückte nur seinen Arm als Bestätigung. Düstere Vorahnungen taumelten um ihr Glück. Gespenster, die sich in einem grotesken Reigen drehten, als ahnten sie, dass sie bald Gestalt annehmen könnten. Die Garde würde den Spiegelsaal stürmen, und womöglich würden sie alle in dieser Nacht sterben.
Außerdem plagte sie der Gedanke an Rhys. Wie ein Nagel stach das Wissen um sein Leid in ihrem Kopf, spitz und hartnäckig.
Nicht allein, dass sie um sein Leben fürchtete. Wie konnte sie ihm je wieder unter die Augen treten? Wo sie ihm doch versprochen hatte …
Und ihre eigenen Gefühle? Sie liebte Martu, aber Rhys … Rhys liebte sie auch. Nicht auf dieselbe Weise. Nicht trunken vor Erfüllung, wenn sie ihm nahe war. Nicht mit dieser verzehrenden Sehnsucht, wenn sie von ihm getrennt war. Nicht mit der eigenartigen Gewissheit, dass sie einander ergänzten. Nein, die Liebe zu Rhys war anders, ihre Flamme brannte ruhiger, doch ebenso hell. Konnte man zwei Männer gleichzeitig lieben? Und würde Rhys verstehen, dass sie sich für Martu entschied?
Aber vielleicht machte sie sich unnötig Sorgen über Dinge, die der Tod für sie lösen würde.
Hoang hatte angehalten und horchte. Ein Plätschern wand sich durch den Berg, es klang ganz nah, als stünden sie direkt am Ufer eines Baches.
»Weiter«, flüsterte Sobenio. »Wir müssten jetzt auf Höhe des Maskenbeckens sein.«
Prompt machte der Gang einen scharfen Rechtsknick und erweiterte sich zu einer Höhle. Im ersten Moment schrak Ferin zurück. Der zuckende Fackelschein präsentierte ihr eine riesenhafte Spinne. Die sich beim Näherkommen als unförmiges Gebilde entpuppte, das einem umgestürzten Kronleuchter glich. Von überallher gurgelte das Wasser.
»Ein Brunnen«, vermutete Martu.
»Da gibt es Laternen«, sagte Hoang und deutete auf eine Lampe in einer Felsnische vor ihnen.
Sie entzündeten fünf Öllampen, die in der Höhle in weiteren Nischen verteilt waren, und traten an das Unding heran. Es war zur Gänze aus weißem Marmor gefertigt, in den unzählige filigrane Reliefgesichter gehauen waren. Zwei Becken ordneten sich übereinander; unten das größere, von einem Sockel in etwa drei Fuß Höhe getragen, darüber saß auf einer ebenso hohen Säule das andere, wesentlich kleinere. Aus seiner Mitte entsprossen acht Arme. Sie hingen über den Beckenrand nach unten und endeten in ovalen Schalen, die im großen Becken ruhten und Ferin verdächtig bekannt vorkamen.
Aus einem Loch in der Höhlendecke tröpfelte Wasser in das kleine Becken, suchte sich seinen Weg entlang der Arme, lief in den Schalen über und in das große Becken, wo es durch einen Abfluss in eine weitere Rinne geleitet wurde. Sie bohrte sich durch den Fels und mündete ganz offensichtlich auf der anderen Wandseite ins Maskenbecken.
»Das ist kein Brunnen«, sagte Sobenio. »Hier wachsen die Masken heran.«
Ferin beugte sich über eine der Schalen. Im Wasser schwebte ein winziges Stück Haut, kaum größer als ihr Daumennagel und durch einige hauchfeine Fäden mit den Armen verbunden. Nein, viele Fäden bildeten zusammen einen dickeren Strang – die Fäden waren die Arme!
»Sind das … Haare?«, fragte sie und berührte einen der Fäden. Die Hautschuppe in der Schale schlingerte hin und her.
»Sieht ganz danach aus«, murmelte Sobenio. »Hier sind Masken in verschiedenen Wachstumsstadien. Winzig kleine, handtellergroße, fast fertige …«
»Ja, hier auch.« Ferin schaukelte weitere Masken und umfasste dann ein ganzes Bündel Haare. Kühl und weich lag es in ihrer Hand. »Das
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