Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
ich?« Miloh streckte die Hand aus. Sobenio zog das Lederband über seinen Kopf und reichte den Stein weiter. Der Alte drückte ihn an die Stirn, an seine Lippen und zuletzt auf sein Brustbein. Dann schloss er ihn in seinen Handflächen ein. Als er ihn wieder freigab, leuchtete er tiefblau.
»Na bitte, sag ich doch. Er kann weit mehr. Schätze, es liegt an dir.« Er gab Sobenio den Stein zurück, und der drehte ihn ungläubig zwischen den Fingern. Das Blau wandelte sich, verblasste, bis er wieder kalt und hellgrün glühte.
»Das … ist …«, stammelte Sobenio. »Was mache ich falsch?«
»Gar nichts. Dein Glaube ist zu schwach. Ein wenig mehr Vertrauen in dich und deine Fähigkeiten würde schon helfen. Oder auch nur Wille. Wärst du mein Schüler, könnten wir daran üben. Ich fürchte nur, du bist auch zu schwach, die Masken zu erschaffen. Von den fehlenden Haaren einmal abgesehen. Aber gut, im Notfall täte es auch der Bart. Allerdings ist er viel zu kurz. Interessanter Schmuck übrigens – trägt man das heute so, oder willst du heiraten?«
Miloh holte eine Haarnadel aus den Tiefen seiner Robe, drehte sein Haar im Nacken zu einem dicken Knoten und steckte ihn fest. »Was denkt er sich bloß?«, murmelte er dabei. »Ich lebe auch nicht ewig, wer soll danach die Masken herstellen?«
»Niemand wird mehr Masken herstellen«, entgegnete Ferin. »Wir sind gekommen, um sie zu zerstören.«
Der Alte lachte schnarrend. »Zerstören! Du weißt nicht, was du sagst, Mädchen. Die Masken bringen unserem Volk den Frieden. Seit mehr als zwei Jahrhunderten schon. Sie dürfen nicht zerstört werden.« Er nickte zu Sobenio. »Geschweige denn, dass er dazu fähig wäre.«
Ferin hörte Sobenios verärgertes Zähneknirschen. Die wenig feinfühlige Art Milohs stieß auch sie zunehmend ab. Er schlug den alten Sobenio um Längen, was Grobheit und Arroganz betraf. Waren alle Magier so? Oder hatte er hier in der Einsamkeit der Höhlen höfliche Umgangsformen verlernt? Wenn er bei Sobenio weiterhin so gezielt die eben vernarbten Wunden aufriss, würde dieser wieder bei null anfangen müssen. So weit durfte sie es nicht kommen lassen.
»Er ist sehr wohl dazu fähig«, widersprach sie in gewollt patzigem Ton. »Er hat bereits einen Haarstrang vernichtet, und er wird es bei den anderen auch schaffen.«
Martu gesellte sich zu ihnen. »Die Masken bringen den Pheytanern keinen Frieden. Nur Unterdrückung und Leid.«
Dankbar für seine Unterstützung strich Ferin ihm über die Hand, nur kurz, obwohl sie sich nach so viel mehr sehnte, und wandte sich mit einem beschwörenden Blick an Miloh: »Sie unterbinden unsere Kräfte …«
Er fiel ihr ins Wort. »Das war die Bedingung von König Arbhidus bei der Unterzeichnung der Konvention. Kein Einsatz magischer Fähigkeiten mehr, dafür Freiheit, Gleichberechtigung und Frieden für alle Pheytaner.«
»Frieden – mag sein, dass die Masken zu diesem Zweck geschaffen wurden. Doch Freiheit und Gleichberechtigung wird nur Maskierten gewährt.«
Miloh neigte zustimmend den Kopf. »So gebietet es die Konvention. Wir verloren einen Krieg und mussten uns den Vorgaben der Merdhuger fügen.«
»Gebietet die Konvention auch, Unmaskierte zu demütigen und zu quälen?« Der Alte horchte auf, und in Ferin keimte die Hoffnung, dass er womöglich doch nicht so unzugänglich war, wie sie dachte. Schnell sprach sie weiter, jetzt galt es, ihn zu überzeugen. »Unmaskierte müssen die Kleiderordnung befolgen, den Blick gesenkt halten, die Arme vor den Körper schlagen, dürfen nur mit Erlaubnis sprechen.«
»Diese Regelung kenne ich nicht. Wurde die Konvention geändert? Wer hat das veranlasst?«
»Das weiß ich nicht, aber so geht es schon seit vielen Jahren. Jeder Verstoß gegen das Gesetz wird geahndet. Unschuldige werden festgenommen, gefoltert und in Straflager gesperrt, drei gibt es mittlerweile bereits. Dort müssen sie für die Merdhuger schuften. Sie werden zu Hunderten in Baracken gepfercht wie Tiere, arbeiten in glühender Hitze unter der Knute, bekommen kaum zu essen oder zu trinken. Sie sind Sklaven, nichts anderes.«
Miloh schwieg.
Sobenio hatte sich ein wenig gefangen. »Bei vielen Pheytanern wirken die Masken nicht, wie sie sollten. Sie machen krank: Erschöpfungszustände, körperliche Schwäche bis hin zum Tod. Oft entwickeln sich die magischen Fähigkeiten trotz Maskierung und stürzen den Träger in geistige Verwirrung, weil er damit nichts anzufangen weiß. Manche können ein
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