Maskenball
unbedingt einen Durchsuchungsbeschluss. Es kann doch sein, dass auch Verhoeven von dem Mord an Flusen erfahren hat, und dass sein Vater an der Sache damals beteiligt war. Möglicherweise wollte Verhoeven das Opfer aus übersteigertem Gerechtigkeitssinn rächen. Wer weiß, er könnte doch in Flusen einen Seelenverwandten zu erkennen geglaubt haben. Es kann ja auch sein, dass Verhoevens Sohn von dem, ich sage mal, Schatz, erfahren hat.«
»Weiß ich, was in dem Kopf eines Psychopathen vorgeht? Welche frühkindlichen Erfahrungen zu einer Zeitbombe werden und schließlich einen Serientäter in Gang setzen? Okay, wie auch immer, dann versuche ich Böllmann aufzutreiben. Und du sprichst am besten mit Lisa. Sie soll Krüger vorwarnen.«
Frank sah Ecki erstaunt an. So viel Tatendrang hätte er an einem Tag wie diesem von seinem Freund nicht erwartet. »Was machen deine Kopfschmerzen?«
»Kopfschmerzen? Welche Kopfschmerzen? Ich könnte schon wieder ein bisschen Musik vertragen. Sollen wir uns nicht einen CD-Player ins Büro stellen?«
»Nee, davon kriege ich dann Kopfschmerzen. Roy Black im Auto reicht mir völlig.«
Krüger war nicht da.
»Er ist in die Stadt gegangen. Er will in Rheydt ein paar Besorgungen machen, noch irgendetwas für die Rückreise. Keine Ahnung, am Abend will er wieder zurück sein.« Lisa klang besorgt.
»Reg dich bitte nicht auf, wir haben die Sache im Griff. Krüger wird schon nichts passieren. Wir haben heute wieder genug Kollegen auf der Straße. Sie werden ein waches Auge auf die Innenstadt haben.«
»Ist es so schlimm? Ich fürchte mich.«
»Nein, es ist nicht schlimm. Ich glaube nicht, das Krüger auf der Straße etwas passiert. Bisher hat der Täter immer aus dem Verborgenen heraus gehandelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ohne Not seine Deckung aufgibt. Außerdem bleibe ich die nächste Zeit besser bei dir. Dann kann ich direkt auf Krüger aufpassen. Und ich werde die englischen Kollegen bitten, auf Krüger Acht zu geben.«
»Bitte, Frank, pass auf den alten Mann auf. Es wäre schrecklich, wenn ihm etwas passieren würde,«
»Keine Sorge, Schatz, wir passen auf ihn auf. Schließlich ist er jetzt einer unserer wichtigsten Zeugen.« Frank lächelte in den Telefonhörer hinein. »Außerdem mag ich den alten Breyeller selbst viel zu sehr.«
»Frank? Ich habe Angst.«
»Das ist wirklich nicht nötig. Ich bin doch bei dir.«
»Na gut.«
»Bitte, Frau Claassen, machen Sie uns und Ihnen nicht unnötig Schwierigkeiten.« Frank hielt ihr das rote Schreiben hin. Gleichzeitig drängte sich Ecki mit zwei Kollegen an ihnen vorbei.
Während die Ermittler das Reihenhaus durchsuchten, wartete Frank mit Hiltrud Claassen in der Küche. Verhoevens Tochter sah Frank abweisend an und dann aus dem Fenster hinaus zu einem imaginären Punkt auf der gegenüberliegenden Hauswand.
Frank versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen. Er hörte, wie oben Türen und Schränke geöffnet wurden. »Wir sind davon überzeugt, dass Ihr Bruder in Deutschland ist. Dass er bei Ihnen wohnt. Wir müssen ihn dringend sprechen, Frau Claassen. Wir haben einen furchtbaren Verdacht.«
»Sie sind doch krank, mein Bruder ist nicht hier. Und er hat auch niemanden umgebracht. Schon gar nicht seinen Vater.« Hiltrud Claassen machte nicht den Eindruck, als würde ihr etwas an der Unterhaltung liegen. Stattdessen schien sie den Geräuschen in der Etage über ihr zu lauschen.
Frank schwieg. Er hatte den Eindruck, dass er in den vergangenen Stunden der Lösung der Fälle ein großes Stück näher gekommen war. Die Dinge entwickelten sich. So oder so. Er stand vor den Abgründen einer kranken Psyche, und er wartete auf neue, überraschende und entsetzliche Einblicke in das Wesen eines Menschen. Was würde Herbert Verhoeven liefern? Frank war davon überzeugt, dass er Verhoeven ganz nahe war, und dass er endlich Gewissheit haben würde.
»Wir können die Prozedur abkürzen, Frau Claassen. Sagen Sie uns, wo Ihr Bruder sich aufhält, und wir sind sofort wieder weg.« Er versuchte, sie aus der Reserve locken. »Ihre Nachbarn sind sicher neugierig, warum vor Ihrer Haustür Polizeifahrzeuge stehen.«
Sie schwieg.
»Wo ist eigentlich Ihr Mann? Ich würde gerne wissen, wie er zu seinem Schwager steht.«
Schweigen.
»Wir werden uns auch mit ihm unterhalten. Wenn es sein muss, auch an seinem Arbeitsplatz. Das wird er sicher nicht gerne mögen.«
Keine Reaktion. Hiltrud Claassen starrte weiter regungslos aus dem
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