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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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ja, ich weiß schon: Weniger Stress, ein entschlackter Körper, bringt Ruhe in die Seele und ein langes Leben. Aber ich habe nun mal keine Ruhe. Vor allem nicht, wenn ich bis über den Kopf in Ermittlungen stecke. Aber das kennst du doch auch. Du kannst mir nicht weismachen, dass du keinen Stress mehr hast, seit du grünen Tee trinkst.
    Ecki winkte bloß ab und ließ seinen PC hochfahren. »Mann, verschone mich mit dem Quatsch. Die Vorstellung eben beim Alten hat mir gereicht.«
    »Na ja, immerhin merkt er noch, dass wir arbeiten.«
    »Ich glaubs ja nicht!« Ecki schlug vor Überraschung mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Hier ist die Kopie einer Mail der englischen Kollegen. Das haut mich glatt um.«
    »Was ist los?«
    »Bist du schon im Mail-Programm?«
    »Mache es gerade auf. Moment.« Frank erkannte sofort die Mail aus Whitby und klickte sie an. Was er las, verschlug ihm die Sprache. Stumm und ungläubig las er die wenigen Zeilen wieder und wieder. Schließlich öffnete er den Anhang. »Das gibts doch nicht.«
    »Sag, dass das nicht sein kann.« Ecki schob seinen Becher weg. Jetzt war keine Zeit mehr für Grünen Tee.
    »Kein Zweifel, die Kollegen haben den Mörder von Verhoeven, Hecker und Breuer gefunden. Ich fasse es nicht. Ecki, wir haben es geschafft. Wir werden ihn festnehmen. Wir sind am Ziel. Ruf die Kaumanns. Ruf alle zusammen, wir müssen uns beeilen.«
    Mit einem schnellen Griff zog Ecki seine Dienstwaffe aus der Schreibtischschublade und riss seine Jacke vom Haken.

XXVIII.
    Ich muss zurück. Ich muss ihm sagen, dass er nicht schuldig ist. Das kann er von mir erwarten. Ich muss mich entschuldigen. Ich habe nur noch wenig Zeit. Er wartet bestimmt schon auf mich. Ganz bestimmt. Gott, hilf mir! Endlich Sühne für das eine Unrecht! Jetzt nur nicht ein neues Unheil anrichten. Nicht nach der langen Zeit. Sonst war meine Mission vergeblich. All die Jahre der Vorbereitung unnütz verschleudert. Ich muss ihn sprechen, sonst kommt meine Seele nie zur Ruhe.
    Wo finde ich ihn nur? Langsam, langsam, ich muss mich konzentrieren. Ich habe Schmerzen, mein Herz. Mein Herz. Bitte, halte durch. Du darfst nicht versagen! Es ist deine Pflicht, mir zu gehorchen. Nur noch eine kleine Weile. Bitte! Dann fallen auch für mich die Blätter. Endlich. Endlich.
    Mit seinen Händen fuhr er über die Rinde der alten Buche. Wie glatt und kalt sie sich anfühlte. Er würde endlich Ruhe finden. Ruhe und die Gelassenheit, die er für sein Ende brauchte. Er wollte nicht unverrichteter Dinge gehen. Er konnte es nicht und er durfte es nicht! Immer wieder hatte er im Traum Friedrich befragt, den kleinen unschuldigen Friedrich. Der doch nur Angst gehabt hatte, Angst wie sie alle. Angst vor dem Krieg, vor Schmerzen, vor dem plötzlichen Tod, vor der Zukunft.
    Friedrich hatte nicht in den Krieg gewollt, so wenig wie Hans, Edgard, Wilhelm und die anderen. Diese verfluchte Zeit, in der sie leben mussten. Warum ausgerechnet sie? Diese Frage hatte ihn niemals losgelassen. Was wäre geworden, wenn sie nicht der braunen Brut ausgeliefert gewesen wären? Aber hätten sie sich nicht auch so wehren können, ja, wehren müssen? Es wäre ihre Pflicht gewesen. Wo war ihre Courage geblieben, der Mut zum Widerstand, der Mut zum Nein? Er kannte die Antwort nicht. Als ob je jemand darauf eine Antwort würde geben können.
    Nein, sie waren Gefangene ihrer Zeit gewesen. Kein Entrinnen, kein Ausscheren, aus welcher Zeit auch immer. Das war das Drama: Jede Zeit hielt ihre Menschen fest, mit eiserner Kraft fest umkrallt, und gab nur die Toten frei. Es gab keinen Ausweg aus den Zwängen der Geschichte. Jede Generation war verdammt zu ihrem eigenen Schicksal.
    Nur, diese Erkenntnis half ihm nicht ein Jota. Dieses Wissen um die Endlichkeit menschlichen Vermögens brachte ihn eher um den Verstand denn zum inneren Frieden. Er hatte immer nur eine Chance gehabt, diese eine Hoffnung auf ein wenig Gerechtigkeit, auf den Versuch, den Lauf der Geschichte wenigstens einen Hauch verändern zu können. Zum eigenen Seelenfrieden.
    Er hatte tun müssen, was er getan hatte. Er hatte es nicht gerne getan, weiß Gott nicht, aber er hatte seine Aufgabe schon früh erkannt und sich seiner Verantwortung schließlich dann doch gestellt. Es war ein weiter Weg bis zu dieser Erkenntnis gewesen. Und sie war grausam und schmerzhaft. Aber er hatte gleichzeitig gewusst, dass ihm keine Wahl gelassen wurde. Jetzt fühlte er auch so etwas wie Genugtuung und Stolz.
    Jede Zeit hatte

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