Maskenball
abwägen, ob sich der medizinische Aufwand noch lohnt. Machen wir uns doch nichts vor.« Ecki klopfte mit der flachen Hand auf die Zeitung. »Ich weiß nur nicht, was der Fall in Dinslaken mit unseren Fällen zu tun haben soll.«
»Ist doch merkwürdig, oder? Köhler, ein Oberarzt, verschwindet, und seine Frau markiert einen Artikel über einen anstehenden Prozess.«
»Wieso? Vielleicht will sie den Artikel noch ausschneiden und ihrem Mann zeigen. Schließlich geht es um einen Mediziner. Um einen Chirurgen, um genau zu sein. Und, soviel ich weiß, wird in unserer Hardterwald-Klinik nicht operiert.«
»Das ist schon richtig. Aber mir geht es nicht so sehr um die Operation, als vielmehr um die Tatsache, dass der hier betroffene Patient schwer herzkrank war. Und Köhler beschäftigt sich mit Kardiologie. Natürlich kann seine Frau den Artikel nur aus reinem Interesse markiert haben. Oder aber, sie wollte ihren Mann auf etwas Bestimmtes aufmerksam machen: Auf die Folgen von Behandlungen herzkranker Patienten.«
»Du meinst doch nicht die merkwürdigen Auswertungen in Köhlers Büro?« Ecki zog zweifelnd die Stirn kraus.
»Ist doch möglich.« Frank wurde langsam ungeduldig und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte einen Bluesrhythmus. »Mir wird die Sache langsam zu bunt.«
Das Weinen kam näher. Astrid Köhler hatte ihren Sohn auf dem Arm, als sie die Küche betrat. »Es hat keinen Zweck. Leon will sich nicht beruhigen. Die ganze Zeit ruft er nach seinem Vater.« Sie setzte sich ebenfalls an den Küchentisch und räumte dabei mit einer Hand die Zeitungen zusammen. »Bitte verzeihen Sie die Unordnung, aber ich komme im Moment zu nichts. Leon wird seine Erkältung nicht los. Und ich bin wie erschlagen, seit mein Mann verschwunden ist.«
»Ihr Mann hat sich immer noch nicht gemeldet?« Ecki lächelte Leon an, der aber an der Schulter seiner Mutter weiterschluchzte.
»Nein. Ich habe keine Ahnung, wo er ist. Herr Kommissar, ich mache mir solche Sorgen. Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Er hat sich sonst immer gemeldet, wenn er unterwegs war. Ich habe schon in den Hotels und Pensionen angerufen, in denen er sonst immer ist, oder in denen wir zusammen Urlaub gemacht haben, aber nirgendwo hat er eingecheckt. Ich habe Angst um meinen Mann.«
»Das kann ich gut verstehen, Frau Köhler. Wir werden alles tun, um Ihren Mann zu finden.« Frank machte eine Pause. »Weil wir eine Menge Fragen an Ihren Mann haben.«
»Wie meinen Sie das, Herr, äh, Borsch?« Astrid Köhler strich mit einer Hand stetig über den Kopf und Rücken ihres Sohnes, der sich langsam beruhigte.
»Hat Ihr Mann oft zu Hause an Krankenakten gearbeitet?« Ecki sah von Frank zu Astrid Köhler.
»Nun ja, sicher. An den Wochenenden verbringt er immer ein paar Stunden in seinem Arbeitszimmer. In der Klinik kommt er unter der Woche selten zu intensiven Aktenstudien oder zum Schreiben von Berichten oder Gutachten. Ein Arzt hat selten ein freies Wochenende. Das gilt sicher auch für Sie, oder?«
»Das kommt vor, ja. Mich interessiert, wo bewahrt er seine Unterlagen in der Regel auf?« Frank nickte der Frau aufmunternd zu.
»In seinem Arbeitszimmer, in einem schwarzen Lederkoffer, den er sich extra für den Transport der Akten gekauft hat.«
»Steht er jetzt auch dort?«
»Warum fragen Sie?« Astrid Köhler stutzte. »Nein, jetzt wo Sie mich fragen, nein, der Koffer ist nicht da.«
»Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher. Aber warum fragen Sie mich das? Hat das etwas mit diesem Mord zu tun? Meinen Sie wirklich, mein Mann ist in den Fall verwickelt?« Astrid Köhler vergaß für einen Augenblick, ihren Sohn zu streicheln. »Mein Mann ist kein Mörder. Verdächtigen Sie etwa meinen Mann? Das ist absurd, völlig absurd, Herr Kommissar. Mein Mann ist Arzt, er bringt niemanden um. Ich verstehe das alles nicht. Sie haben schon beim letzten Besuch solche Andeutungen gemacht.«
»Beruhigen Sie sich, Frau Köhler, erstens haben wir bestimmt keine Andeutungen gemacht. Und zweitens haben wir im Moment lediglich eine Menge Fragen an Ihren Mann, mehr nicht.« Frank versuchte, möglichst neutral auf die aufgebrachte Frau zu wirken.
»Sagen Sie, Frau Köhler, hat Ihr Mann mit Medikamenten experimentiert? Wissen Sie etwas davon?« Ecki beugte sich vor.
Astrid Köhler sah die beiden Beamten stumm an, so als würde sie ihre Sprache nicht verstehen.
»Haben Sie mich nicht verstanden, Frau Köhler? Experimentiert Ihr Mann mit Medikamenten? Ist etwas schief gelaufen
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