Maskenball
»Hat Köhler eigentlich auch hier in der Klinik fotografiert?«
»Hören Sie, diese unterschwelligen Angriffe lasse ich nicht auf mir sitzen. Sie können so nicht mit mir umgehen. Ich werde mich über Sie beschweren. Ich kenne Ihren Polizeipräsidenten sehr gut. Und, nein, Köhler hat hier nicht fotografiert. Jedenfalls nicht auf den Stationen, und schon gar nicht Patienten, wenn Sie das meinen. Höchstens einmal das Gebäude und den Park. Aber das ist bei der Anlage hier ja auch kein Wunder.«
Frank hatte genug. »Jetzt hören Sie mal gut zu. Wir machen nur unsere Arbeit. Wir haben zwei Morde aufzuklären. Und beide Opfer haben eins gemeinsam, sie waren Patienten in Ihrer Klinik. Möglicherweise waren beide bei Dr. Köhler in Behandlung. Und Köhler ist verschwunden. Selbst seine Frau weiß nicht, wo ihr Mann und Vater ihres Kindes ist. Hier kommen einige Dinge zusammen, die sehr deutlich machen, dass eine Schlüsselfigur in unseren Ermittlungen Ihr Kollege Köhler ist. Und wir werden diesen Fall aufklären. Mit oder ohne Ihre Hilfe. Aber ich kann Ihnen nur gut raten, mit uns zusammenzuarbeiten. Sonst kann das Ganze sehr unangenehm für Sie werden. So, und jetzt können Sie meinetwegen den Polizeipräsidenten anrufen.«
Frank sah Hübgens aus funkelnden Augen an. Bei jedem seiner Worte war der Mediziner ein Stückchen kleiner geworden. Wie ein geprügelter Hund stand er jetzt vor ihnen.
»Aber meine Herren, ich bitte Sie. Ich will doch mit Ihnen zusammenarbeiten.« Hübgens hielt sich an der Tischkante fest. »Es ist nur so, meine Klinik kann keine negativen Schlagzeilen brauchen. Was meinen Sie, was passiert, wenn bekannt wird, dass unser Haus in einen oder mehrere Mordfälle verwickelt sein könnte? Ich könnte meinen Laden zumachen. Kein Patient würde sich mehr hier behandeln lassen. Und dabei spielt es dann keine Rolle mehr, dass wir die Ersten in Deutschland waren, die sich systematisch um die Behandlung von altersspezifischen Krankheiten gekümmert haben und dabei beachtliche Erfolge aufweisen können. Was denken Sie, wie die Krankenhauslandschaft im Moment aussieht? Der Druck auf die Kliniken war noch nie so groß wie heute. Die Konkurrenz schläft nicht. Für die wäre ein Haus, das negativ in die Schlagzeilen geraten ist, ein gefundenes Fressen. Wir wären ruckzuck ein Übernahmekandidat. So sieht das aus, meine Herren. Ich versuche nur, den guten Ruf meines Hauses zu bewahren. Und dabei ist mir jedes Mittel recht. Das können Sie mir glauben.«
»Und wir haben zwei Morde aufzuklären.« Frank schlug einen versöhnlicheren Ton an. »Wir werden, so gut es geht, auf Ihre Belange Rücksicht nehmen. Wie gesagt, so gut es eben geht.«
Hübgens nahm seine Brille ab und rieb sich mit einer Hand über die Augen. »Ich kann nur hoffen, dass Sie Ihr Versprechen einhalten.«
»Als Erstes müssen wir Breuers Akte finden. Außerdem sollten Sie klären, ob Köhler auch Verhoeven behandelt hat.« Frank wandte sich an Ecki. »Und wir müssen Köhler finden. Er muss doch Spuren hinterlassen. Irgendwann wird er sein Mobiltelefon einschalten oder Geld abheben. Und dann sind wir dabei.«
»Ich lasse morgen die Akte suchen. Sie kann ja nicht weg sein. Es sei denn, Köhler hat sie mitgenommen.« Hübgens hatte sich etwas von der unerwartet schroffen Art der Ermittler ihm gegenüber erholt. »Meine Mitarbeiter werden sich morgen um nichts anderes kümmern. Das verspreche ich Ihnen.« Hübgens ging zu Köhlers Schreibtisch, nahm den Telefonhörer auf und wählte eine Nummer. Ungeduldig klopfte er mit seinen Fingern auf der Tischplatte einen immer wiederkehrenden Rhythmus. Es klang fast wie Morsezeichen. »Tut mir leid. Meine Sekretärin ist nicht mehr im Büro. Aber ich kann auch an meinem PC nachsehen, ob Köhler und Verhoeven Kontakt hatten.«
»Und wir müssen dringend mit Köhlers Frau reden. Nun geht es nicht mehr nur alleine darum, einen verschwundenen Ehemann zu suchen.« Ecki steckte sein Notizbuch weg.
Es war schon dunkel, als Frank den Mondeo vor Köhlers Haus lenkte. In den vergangenen Tagen war der Schnee ganz weggetaut und hatte die im vergangenen Herbst aufgebrochenen Äcker wieder freigegeben. Die nassen, fast schwarzen Schollen, die nackten Kopfweiden und die Dunkelheit ließen das Anwesen des Klinikarztes abweisend und kalt erscheinen. In den vorderen Räumen des ehemaligen Bauernhauses brannte kein Licht.
Hoffentlich ist sie überhaupt zu Hause, dachte Frank, als er klingelte. Es dauerte eine ganze
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