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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Zukunft. Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Herr Borsch.« Er ergriff Franks Hand, die er herzlich schüttelte. »Ich hoffe, ich mache Ihnen nicht zu viele Umstände. Ich meine, ich könnte auch in eine Pension ziehen. Das macht mir keine Mühe.«
    »Ich bitte Sie, Herr Krüger, Sie machen uns keine Umstände. Sie können über Lisas Gästezimmer frei verfügen. Ich habe zudem noch meine Wohnung in Eicken.« Frank zwinkerte Lisa vergnügt zu. »Um die muss ich mich ja auch mal kümmern. Nein, nein, Herr Krüger, Sie bleiben hier. Bitte, lassen Sie uns doch ins Wohnzimmer gehen, dort ist es gemütlicher.«
    Lisa war schon auf dem Weg in die Küche. »Möchten Sie einen Kaffee, Herr Krüger? Sie müssen doch müde sein, von der langen Reise?«
    »Hätten Sie vielleicht einen Tee? Kaffee in meinem Alter, müssen Sie wissen, mein Arzt …« Heinrich Krüger lächelte entschuldigend.
    »Kein Problem, ich darf derzeit ja auch keinen Kaffee trinken. Ich mache uns einen Kräutertee. Und du, Frank?«
    »Nee, lass man, ich trinke lieber ein Glas Mineralwasser.«
    »Ein Wasser, zwei Tee. Kommt sofort, meine Herren.« Lisa verschwand in der Küche.
    »Eine äußerst liebenswerte Person, Ihre Lisa.« Heinrich Krüger setzte sich vorsichtig in einen Sessel, der nahe beim Fenster stand. Dabei musterte er interessiert das großformatige, gerahmte Bühnenfoto, das bei einem der STIXS-Konzerte aufgenommen worden war und über dem Sessel an der Wand hing. »Oh, Sie machen Musik, sehe ich. Das ist schön. Musik öffnet die Herzen der Menschen.« Krüger trat näher an das Bild heran und las die Signatur. »Detlef Ilgner, aha.«
    »Ja, ein befreundeter Fotograf. Ich spiele Mundharmonika in einer Bluesband. Und es stimmt, ich bin sehr glücklich mit Lisa. Und ich freue mich sehr auf unser Kind.« Frank setzte sich Krüger gegenüber auf das Sofa. »Und Sie? Sie kommen jetzt direkt aus England? Ich finde das ganz toll, dass Sie sich den weiten Weg gemacht haben, um in der Schule sozusagen Geschichte zum Anfassen zu bieten.«
    »Ja, ich lebe schon seit vielen Jahren in einem winzigen Städtchen in den Cotswolds, das liegt knapp zwei Stunden westlich von London. Ein wunderbares Fleckchen Erde. Besonders schön im Sommer, wenn überall die Blumen blühen. Wir haben eine Menge Pubs in England. Dort gibt es oft Musik zu hören. Auch Blues, wenn ich mich recht erinnere. Ich weiß das nicht so genau, denn ich gehe nicht oft aus. England ist mit den Jahren meine zweite Heimat geworden. Wissen Sie, ich bin seit einer kleinen Erbschaft finanziell unabhängig, außerdem brauche ich zum Leben nicht viel. Ich fühle mich sehr wohl in dieser Landschaft. Und doch, bei aller Liebe zu England, ich muss oft an den Niederrhein denken, besonders an meine alte Heimat Breyell. Vor allem jetzt, wo ich alt bin. Seine Wurzeln vergisst man nie, denke ich.« Heinrich Krüger schlug ein Bein über das andere und legte seine Arme entspannt auf die Lehnen des Sessels. »Ja, und ich finde es sehr wichtig, den jungen Leuten ihre eigene Geschichte näher zu bringen, wenigsten ein bisschen. Wenn ich dazu beitragen kann, dass sie über ihr Leben nachdenken, darüber, was ihre Eltern und Großeltern geprägt hat, in welcher Tradition sie als junge Leute heute leben, dann tue ich das sehr, sehr gerne. Das hat auch etwas, wenn Sie so wollen, mit Alter und Lebenserfahrung zu tun.« Krüger schmunzelte. Dabei legte sich sein ohnehin schon faltiges Gesicht noch mehr in Falten.
    Ein sympathischer alter Herr, dachte Frank. »Breyell? Das nenne ich einen Zufall. Davon hat Lisa mir nichts erzählt. Dann müssen Sie meinen Vater kennen. Wir müssen uns unbedingt über unsere gemeinsame Heimat unterhalten.«
    Lisa brachte den Tee und das Mineralwasser und setzte sich neben Frank. Dabei legte sie ihre Hand in seine. »Später, Frank, Herr Krüger wird müde sein von der langen Reise.«
    »Stimmt, Schatz. Nur ganz kurz: Wenn ich Lisa richtig verstanden habe, dann sind Sie damals unmittelbar vor Kriegsende an die Front gerufen worden?« Frank unterbrach sich. »Ich denke, wir sollten Sie wirklich erst einmal zur Ruhe kommen lassen, bevor wir Sie hier mit Fragen bombardieren.«
    »Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Ich fühle mich fit. Ich habe ja im Zug genug Ruhe und Schlaf gefunden. Ich habe immer schon gut auf Reisen schlafen können. Eigentlich von Kindesbeinen an.« Krüger seufzte. »Wobei, viel reisen konnten wir damals nicht. Es war ja Krieg.« Krügers Gesicht wurde ernst.

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