Maskenball
geben.«
»Setz dich doch.« Frank machte eine einladende Handbewegung. »Wir haben hier heute ›Haus der Offenen Tür‹. Ständig steht jemand im Büro. Komm, kriegst auch einen Tee, wie ich Ecki kenne.«
»Sorry, keine Zeit. Ich muss noch zum LKA. Wir sind da einer Kinderpornobande auf der Spur. Was Größeres. Ich wollte dir nur eben die Adresse von dem Haus geben. Kannst du dir ja mal ansehen.« Lemanski zeigte schmunzelnd auf den Laufstall. »Ist das der Prototyp einer neuartigen Arrestzelle? Und ihr seid gerade im Versuchsstadium? Ist da etwas an mir vorbeigegangen?«
»Komm, Lemanski, fahr du zum LKA und spar dir deinen Spott. Wo ist dieses Haus, sagst du?« Frank tat so, als wolle er Lemanski den Hefter an den Kopf werfen.
»In Dohr. Ja, Dohr. Hinten, am Bresgespark. Tschüss.«
Frank sah auf den Hefter und den Zettel, den Lemanski zurückgelassen hatte. »Dohr, soso.«
»Was steht in dem Ordner?«
Frank blätterte durch die wenigen Seiten. »Das ist der Bericht der KTU zur Tatwaffe im Fall Verhoeven. Verhoeven wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer alten Armeepistole erschossen, steht hier. Eine P 08. Willst du noch mehr wissen?«
Ecki nickte.
»Also,« Frank überflog die erste Seite, »1908 wurde die Waffe als ›Pistole 08‹ in das kaiserliche Heer eingeführt. Dort wurden bis dato die Revolver Modell 79 und 83 benutzt. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wurden über 1,5 Millionen Stück hergestellt. Danach wurden etliche Pistolen für den Export produziert, sie wurden in die USA geliefert, in die Niederlande, nach Finnland, Lettland, Portugal, Persien, Spanien, Peru, Brasilien, Bulgarien und in die Türkei. Ab 1942 wurde die P 08 zwar offiziell als Dienstwaffe abgeschafft, sie hielt sich in den Einheiten aber bis 1945. Sie galt auf 50 Meter als treffsicher, aber wegen ihres komplizierten Mechanismus auch als anfällig für Schmutz. Ladehemmungen waren keine Seltenheit. Soll ich noch weitermachen?«
Ecki nickte ergeben.
»Im Griffstück ist ein Stangenmagazin für acht Patronen untergebracht, 9 mal 19 mm. Die Sicherung wird über einen Sicherungshebel an der linken hinteren Gehäuseseite betätigt. Hersteller waren die Firmen DWM und ab 1930 Mauser. Die P 08 ist 222 mm lang und hat ein Gewicht von 0,877 kg. Der Lauf ist 103 mm lang und hat sechs Züge. Die Mündungsgeschwindigkeit bei Verschießen der Munition 9 mm Para beträgt 320 m/s, die Mündungsenergie des Projektils wird mit 490 J angegeben.«
Ecki unterbrach seinen Kollegen. »Schon gut. Und was sagt uns das jetzt alles?«
»Na, zumindest, dass wir eine Stecknadel im Heuhaufen suchen. Wenn man bedenkt, dass alleine im 1. Weltkrieg über 1,5 Millionen Stück dieser Dinger hergestellt wurden, kannst du dir ja ungefähr vorstellen, wie viele davon auch heute noch im Umlauf sein können, fast sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Außerdem sagt uns die Art der Waffe überhaupt nichts über den Tätertyp.«
»Na, das will ich so nicht sagen. Wir könnten es im Fall Verhoeven mit einem Waffennarr zu tun haben.« Ecki langte über den Schreibtisch, zog die schmale Mappe zu sich und begann darin zu blättern.
»Ein Waffennarr? Präziser hast du es nicht, oder?«
»Nee. Leider. Kann ja auch sein, dass der Täter die Waffe irgendwo in einem Keller oder auf einem Dachboden gefunden hat.« Ecki klappte den Bericht der KTU zu und schob ihn von sich weg.
»Eben. Wo suchen wir also?«
»Gute Frage. An Verhoeven wurden keine verwertbaren Spuren gefunden, keine Fingerabdrücke oder gar DNA-Material. Auch nicht bei Breuer. Wir haben es mit einem Profi zu tun.«
»Oder mit einem Laien, der einfach nur Glück hat.« Frank trommelte mit seinen Fingern leise einen Bluesrhythmus auf die Schreibtischplatte. »Mir fällt im Moment nichts wirklich Erhellendes mehr ein. Wir haben zwei Tote, ein Gedicht, einen verschwundenen Arzt und keinen Mörder. Für heute habe ich genug. Ich fahre zur Probe.«
»Du kannst doch jetzt nicht so einfach Feierabend machen? Wir haben noch jede Menge zu tun. Übrigens, kannst du mit dem Getrommel aufhören? Du nervst.«
»Weißt du etwas Besseres? Ich meine, ermittlungsmäßig?«
Ecki blieb stumm.
»Na, siehst du. Ich bin jetzt weg. Und vergiss nicht, Bean auf CombinoMed anzusetzen. Vielleicht findet unser Maulwurf einen Hinweis.«
Frank hatte es die erste halbe Stunde nicht einfach, sich auf die Generalprobe für die anstehende Bluesnight in Niederkrüchten zu konzentrieren. Zu
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