Maskenball
endest.«
»Wieso?«
»Pass auf!« Ecki stemmte beide Hände gegen das Armaturenbrett.
Frank trat mit aller Kraft auf die Bremse. Der Dienst-Mondeo kam mit quietschenden Reifen zum Stehen.
»Deshalb.« Ecki blies die aufgestaute Luft hörbar durch die Lippen. »Mensch, pass doch auf. Was ist eigentlich los mit dir in letzter Zeit? So fahrig habe ich dich lange nicht mehr erlebt. Du bringst uns noch ins Krankenhaus!«
Dicht vor ihrem Auto stand mitten auf dem Zebrastreifen eine alte Frau in einem hellen dünnen Mantel. Auf dem Kopf trug sie einen altmodischen Hut. In einer Hand hielt sie einen dunklen Krückstock, den sie jetzt bedrohlich in Richtung des Mondeos schwenkte.
Mit einem verkniffenen Lächeln winkte Frank die Seniorin vorbei. Mit hochgerecktem Kopf strebte die kleine Person in ihrem viel zu großen Mantel an dem Wagen vorbei in Richtung der anderen Straßenseite. Dabei würdigte sie Frank und Ecki keines Blickes. Für einen Augenblick dachte Frank, die Frau zu kennen, die trotz der winterlichen Temperaturen doch tatsächlich Pantoffeln trug. Er sah ihr nachdenklich nach und schüttelte dann den Kopf.
»Was ist?«
»Nichts, schon gut.« Frank fuhr langsam an.
»Mir fällt ein, wir können die Leichen von Verhoeven und Breuer zur Beerdigung freigeben. Was meinst du?« Ecki sah seinen Freund von der Seite an.
Frank seufzte. »Ich denke, dass wir im Moment keinen Grund haben, die Angehörigen länger auf die Beerdigung warten zu lassen. Nein, ich meine, ja, ich denke, wir können die Leichen zur Bestattung freigeben.« Die Vollbremsung und die seltsame Erscheinung auf dem Zebrastreifen hatten ihn etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. »Ich weiß auch nicht, was mit mir ist. Seit Wochen schon schlafe ich schlecht. Nachts gehen mir die abenteuerlichsten Sachen durch den Kopf. Letztens habe ich von Verhoeven geträumt. Ich habe gesehen, wie sein Kopf hin und her flog, als ihn die Kugel traf. Ich bin schweißnass aufgewacht und konnte lange nicht wieder einschlafen. Vielleicht bin ich dem Stress nicht mehr gewachsen. Ecki, ich werde alt.«
»Oooh, eine Runde Mitleid für den Kriminalhauptkommissar Frank Borsch. Mir kommen gleich die Tränen.«
»Ja, ja, spotte nur.«
»Ich werde bei Laumen einen Seniorenparkplatz für dich beantragen. Direkt am Eingang zum Büro. Damit du es nicht so weit zum Schreibtisch hast.«
»Apropos Laumen. Hast du die Aktion mitgekriegt, die er sich Anfang der Woche geleistet hat?« Franks Laune verbesserte sich bei dem Gedanken an den Oberbürokraten Laumen schlagartig.
»Nee. Erzähl.« Ecki musste allein schon bei dem Namen grinsen. Eine Geschichte über den pullundergelben Horst Laumen war immer spannend.
»Ich habe ihn dabei beobachtet, wie er hinter dem Hochhaus fleißig Schilder an die Bäume genagelt hat. Darauf stand in fetten Buchstaben zu lesen: »Diese Bäume nicht fällen! Die Behördenleitung«. Als ich ihn gefragt habe, was denn diese besondere Art von Objektschutz soll, hat er mir einen ellenlangen Vortrag darüber gehalten, dass dies allein zum Wohle der Natur geschehe. Denn die Bäume müssten vor den Motorsägen geschützt werden. Irgendwann nächste Woche soll ein Trupp anrücken, der mehr Platz für Hubschrauberlandungen schneiden soll. Und Laumen will unbedingt verhindern, dass die falschen Bäume fallen. Immerhin habe er ganze zwei Tage über die richtige Formulierung nachgedacht und in einschlägigen Veröffentlichungen nach Präzedenzfällen gesucht. Schließlich habe er sich zu diesen Schildern und diesen Sätzen entschlossen.« Frank tippte sich grinsend an die Stirn. »Das muss man sich mal vorstellen. Das ist doch krank, oder?«
»So isser, unser Laumen. Hauptsache die richtigen Schilder und die richtigen Paragrafen. Sonst hat der keine ruhige Minute in seinem Büro.«
»Es geht aber noch weiter.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Ihm sei zu Ohren gekommen, dass wir einen DVD-Player in unseren Dienstwagen einbauen wollen. Das verstoße eindeutig gegen die Vorschrift blablablabla. Wenn wir das tatsächlich tun sollten, will er beim Innenminister ein Disziplinarverfahren gegen uns anstrengen. Blablabla. Ich habe dann nicht weiter zugehört. Der Aktenstaub verklebt dem langsam noch die letzten freien Gehirnzellen. Ich habe Laumen gesagt, dass er sich in seiner dienstfreien Zeit gerne zu uns ins Auto setzen und mitgucken kann. Da wäre er mir fast ins Gesicht gesprungen.«
»Übertreibs nicht. Mit Laumen ist nicht zu spaßen. Bürokraten sind zu
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