MASKENBALL UM MITTERNACHT
würde nie im Leben etwas über mich in Umlauf bringen, was mir schaden könnte. Ich vertraue ihr blind.“
„Wenn Sie sich nicht im Dorf zeigen, wird niemand erfahren, dass Sie hier waren“, erklärte Bromwell. „Die beste Lösung wäre, wenn Sie die Nacht in diesem Haus verbringen.“
16. KAPITEL
„Hier?“, entfuhr es Callie bestürzt. „Das wäre mein absoluter Ruin!“
„Aber wer sollte davon erfahren, wenn wir beide es für uns behalten? Mrs. Farmington wird gewiss Schweigen darüber bewahren, schon aus Angst, ihre Stellung zu verlieren. Morgen reite ich ins Dorf und miete eine Droschke für Sie. Sie kehren nach London zurück, und niemand erfährt etwas von Ihrem Ausflug. Es sei denn …“, er machte ein besorgtes Gesicht, „… Francesca würde verbreiten, der Duke habe einen Unfall gehabt, von dem er sich in Blackfriars Cope erholt.“
„Das halte ich für ausgeschlossen“, widersprach Callie. „Francesca ist keine Klatschbase. Und nach dem anstrengenden Tag mit Tante Odelia stand ihr gewiss nicht der Sinn danach, noch auszugehen oder Gäste zu empfangen. Im Übrigen wird sie auf Nachricht von mir über Sinclairs Gesundheitszustand warten.“
„Gut. Dann weiß also niemand etwas von Ihrer Reise“, sagte er.
Callie nickte langsam. Das alles änderte freilich nichts an der Tatsache, dass sie mit Brom alleine in diesem Haus war. Deutlich sah sie das Bild vor sich, wie er halb nackt vor dem Kamin saß, wie die sanften Wölbungen seiner Muskulatur im Feuerschein golden schimmerten.
„Ich werde Ihnen nicht zu nahe kommen“, erklärte er mit leiser Stimme. „Und wenn Sie wünschen, schlafe ich in der Scheune, damit Sie ungestört sind. Mrs. Farmington ist offenbar bereits zurück ins Dorf gegangen. Und Sie können Fenster und Türen verschließen.“
„Nein, das wird nicht nötig sein.“ Callie verschwieg wohlweislich, dass sie sich mittlerweile größere Sorgen darum machte, ob sie so viel Willenskraft besaß, seiner magnetischen Anziehung zu widerstehen. „Ich glaube Ihnen.“
„Danke“, sagte er schlicht.
Ihre Blicke begegneten einander, bevor beide verlegen die Augen niederschlugen. Bromwell räusperte sich und schaute sich suchend im Zimmer um, als könne er irgendeine Antwort finden.
„Ich nehme an, Sie sind müde“, sagte er dann. „Darf ich Ihnen Ihr Zimmer zeigen?“
„Ja, bitte.“
„Ich … ehm … vielleicht finde ich etwas von mir, das Sie zum Schlafen anziehen können“, fuhr er fort, während sie den Raum verließen. An seinen hohen Wangenknochen hatten sich zwei rote Flecke gebildet. „Ein Hemd oder …“ Seine Stimme verlor sich.
Der Gedanke, in einem Hemd von Brom zu schlafen, übte einen verbotenen Reiz auf Callie aus, erschien ihr sehr intim, beinahe, als würde er bei ihr sein. Ob seiner Wäsche ein Hauch seines Duftes anhaftete?
Sie begaben sich den Flur entlang zur Stiege. Callie entdeckte ihre Reisetasche neben der Haustür, die sie vorhin, als sie in Panik geflohen war, gar nicht bemerkt hatte.
„Ah, mein Gepäck.“ Sie bückte sich danach, doch Brom kam ihr zuvor. „Der Kutscher hat sie wohl hier abgestellt.“
„Gut. Dann haben Sie etwas zum Anziehen für die Nacht.“ Brom blickte unstet zur Seite. Beide waren plötzlich sehr verlegen, und Callie fragte sich, ob auch ihm deutlich bewusst war, dass sie allein im Haus waren. Ohne Aufsichtsperson, ohne Zeugen, die etwas sehen oder hören könnten. Niemand würde je wissen, was in dieser Nacht geschehen würde, nur Brom und sie.
Er führte sie die Stiege hinauf und einen Flur entlang bis zur letzten Tür. „Hier ist Ihr Zimmer. Ich fürchte, es ist ziemlich kalt. Wenn Sie erlauben, mache ich rasch Feuer. Bitte entschuldigen Sie mich ein paar Minuten.“
Es war wirklich kalt in diesem Raum, der offenbar seit Längerem nicht benutzt worden war. Bromwell stellte Callies Tasche ab, entzündete die Lampe auf dem Nachttisch und ging. Kurz darauf erschien er wieder mit einem Arm voll Brennholz. Er hatte sich auch Zeit genommen, ein Hemd anzuziehen, es aber nicht in die Hose gesteckt.
Brom kniete sich vor den Kamin, schichtete die Scheite übereinander und entzündete einen Kienspan. Es dauerte nicht lange, und die Flammen züngelten hoch und verbreiteten eine wohlige Wärme. Callie hatte sich die Decke enger um die Schultern gezogen und war neben Bromwell getreten.
Er richtete sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf und lächelte. „Hoffentlich haben Sie sich nicht erkältet.“ Er hob die
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