MASKENBALL UM MITTERNACHT
erst als verheiratete Frau ein gewisses Maß an Freiheit. Stell dir vor, ich wünsche mir sehnlichst ein grünes Ballkleid oder eine königsblaue Robe. Irgendeine leuchtende Farbe. Diese ewigen langweiligen Weiß- und Cremetöne habe ich gründlich satt!“
Francesca begann zu lachen. „Das Gefühl kenne ich. Aber du kannst doch nicht heiraten, nur weil du den Wunsch hast, ein grünes oder blaues Ballkleid zu tragen.“
„Manchmal finde ich den Gedanken sehr verlockend, muss ich gestehen“, entgegnete Callie seufzend. „Aber das ist es natürlich nicht allein. Ich sehne mich danach, verheiratet zu sein. Zuweilen komme ich mir so überflüssig vor, so nutzlos. Ich warte nur darauf, dass mein Leben endlich beginnt. Aber ich will nicht länger warten!“
Francesca war wieder ernst geworden. „Aber meine Liebe, du hast doch eine Menge Verehrer. Du musst nur mit dem Finger schnippen, und die Herren rennen dir das Haus ein und bitten Rochford um deine Hand.“
„An Verehrern mangelt es mir nicht“, gestand Callie. „Bedauerlicherweise handelt es sich allzu oft um Glücksritter, die es auf mein Vermögen abgesehen haben. Es gibt vermutlich auch andere, die sich scheuen, mir einen Antrag zu machen, weil sie fürchten, als Opportunisten zu gelten, oder die denken, ich würde sie nicht in Betracht ziehen, weil sie weniger vermögend sind oder keine ellenlange Ahnenreihe vorzuweisen haben. Viele Menschen halten mich, ohne mich zu kennen, für hochnäsig und arrogant. Aber das bin ich doch nicht, wie du weißt.“
„Nein, das bist du weiß Gott nicht.“
„Und wieder andere werden von Rochford verscheucht. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, wenn es sich um Männer handelt, die ich nicht ausstehen kann. Aber Sinclair schreckt jeden ab und schüchtert auch sympathische Männer ein, bis sie die Flucht ergreifen.“
„Zugegeben, der Duke ist gelegentlich abweisend und schroff“, bestätigte Francesca trocken.
„Pah! Sehr milde ausgedrückt. Und wenn ich ihn deshalb zur Rede stelle, setzt er seine Aristokratenmiene auf …“, Callie schürzte die Lippen und verzog das Gesicht zu einer hochnäsigen Grimasse, „… und erklärt mir, er handle lediglich in meinem Interesse.“
Francesca lachte. „Oh ja, dieses Gesicht kenne ich nur zu gut. Diese Miene setzt er jedes Mal auf, wenn er keine lästigen Fragen beantworten will.“
„Richtig.“
„Hast du … vielleicht … einen bestimmten Verehrer im Auge?“, fragte Francesca behutsam.
„Nein, nein“, beeilte Callie sich zu antworten, wobei ihr ungebeten der Name Bromwell durch den Sinn schoss. Könnte sie sich ihn als Ehemann vorstellen?
Der Mann strahlte etwas Faszinierendes aus, etwas, das anziehender war als sein gutes Aussehen und sein gewinnendes Lächeln. Bereits bei der ersten Begegnung mit ihm hatte sie eine Veränderung in sich wahrgenommen – sie hatte sich glücklicher, sprühender gefühlt, ihr war, als leuchte sie von innen. Aber es war völlig absurd, an eine Heirat mit ihm zu denken. Zum einen kannte sie ihn kaum, und außerdem hatte ihr Bruder eine eindeutige Abneigung gegen ihn.
Callie schüttelte heftig den Kopf.
Francesca warf ihr einen argwöhnischen Blick zu, sagte aber nichts. Als Callie gleichfalls schwieg, ergriff Francesca wieder das Wort. „Meinst du nicht, du solltest noch eine Weile warten? Immerhin bist du noch längst nicht über das heiratsfähige Alter hinaus. Nimm dir ein Beispiel an Irene und Constance; beide waren bei ihrer Hochzeit älter als fünfundzwanzig, und du bist grade mal dreiundzwanzig geworden. Ich rate dir, nichts zu überstürzen. Der richtige Mann wird dir noch begegnen.“
Callie schmunzelte verschmitzt. „Du meinst, ich könnte mich doch noch verlieben … bis über beide Ohren in einen gut aussehenden Fremden?“ Schon wieder flogen ihre Gedanken unabsichtlich zu dem Fremden, den sie heute Nacht kennengelernt hatte, aber sie verdrängte sie hastig. In diesem Gespräch geht es nicht um ihn, schalt sie sich. Nicht im Geringsten.
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Früher habe ich mir das gewünscht. Als ich siebzehn oder achtzehn war, vor meiner ersten Saison.“ Sie zuckte die Achseln. „Aber diese Träume sind ausgeträumt. Seit ich in den Kreisen des ton verkehre, ist mir klar, wie unwahrscheinlich so etwas ist. Ich habe viele Herren kennengelernt, aber kein einziger ließ mein Herz höher schlagen. Zugegeben, für den einen oder anderen schwärmte ich eine Weile, kokettierte und tanzte mit
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