MASKENBALL UM MITTERNACHT
klopfendes Herz zu beruhigen und bediente den Türklopfer.
Im Haus blieb es still, und erst jetzt kam ihr der Gedanke, Francesca könne sich noch immer auf Lady Odelias Ball vergnügen oder alle Bewohner bereits im Tiefschlaf liegen. Bangen Herzens klopfte sie erneut, irgendwer musste sie hören. Der Butler würde Callie erkennen und sie einlassen, mochte ihm ihr nächtlicher Besuch noch so befremdlich erscheinen.
Zu ihrer großen Erleichterung wurde die Haustür nach einer Weile von einem verschlafenen und zerzausten Diener einen Spalt geöffnet. Beim Anblick der jungen Frau zog er die Brauen überrascht hoch und öffnete die Tür noch einen Spalt.
„Miss?“, fragte er verwirrt.
„Ich bin Lady Calandra Lilles“, gab Callie sich zu erkennen und bemühte sich um ein würdevolles Auftreten.
Der Diener machte ein skeptisches Gesicht, doch dann tauchte Francescas Butler in Schlafmütze und Morgenrock hinter ihm auf. „Mylady!“, rief er erschrocken, dann wies er den Diener barsch zurecht. „Machen Sie die Tür frei, Cooper, und bitten Sie Ihre Ladyschaft herein.“
„Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Fenton, Sie zu dieser späten Stunde aus dem Bett zu holen“, stammelte Callie verlegen beim Betreten der Halle.
„Nicht der Rede wert, Mylady“, antwortete Fenton beflissen. „Sie sind uns stets willkommen. Cooper führt Sie in den gelben Salon, während ich Lady Haughston Ihren Besuch melde.“
Nach einer förmlichen Verneigung eilte der Butler die Treppe hinauf. Callie folgte dem Diener den Flur entlang in ein kleines Kabinett, in dem Francesca sich gerne aufhielt, wie Callie wusste. Die Fenster nach Osten wiesen auf einen Garten und ließen die Morgensonne ein. Das lauschige Zimmer war noch warm, obwohl das Feuer im Kamin schon gelöscht war.
Callie wärmte sich die Hände an der schwelenden Glut. Es dauerte nicht lange, bis Francesca erschien und im Gehen den Gürtel ihres seidenen Hausmantels band. Langes blondes Haar wallte ihr lockig über den Rücken, ihr fein geschnittenes schönes Gesicht war sorgenvoll umwölkt.
„Callie? Was ist geschehen?“, fragte sie und eilte ihr mit ausgestreckten Händen entgegen. „Ist etwas passiert?“
„Nein, nein!“, antwortete Callie verlegen. „Es tut mir schrecklich leid … ich war unbedacht. Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen. Es ist alles in bester Ordnung.“
Francescas Gesichtszüge entspannten sich. „Gottlob! Ich dachte schon … nun ja, ich weiß gar nicht, was ich dachte.“ Ein rosiger Hauch überflog ihre Wangen, dann lachte sie verlegen. „Tut mir leid. Du musst mich für töricht halten.“
„Gott bewahre“, beeilte Callie sich, ihr zu versichern. „Ich bin doch diejenige, die sich töricht verhält. Ich hätte dich nicht zu dieser späten Stunde aufsuchen dürfen. Selbstverständlich musstest du befürchten, es sei ein Unglück geschehen. Entschuldige bitte vielmals, dass ich dir einen Schreck eingejagt habe.“
Francesca tat ihre Entschuldigung mit einer vagen Geste ab. „Komm, setzen wir uns. Möchtest du eine Tasse Tee?“
„Nein, ich habe deinen Haushalt schon genug durcheinandergebracht“, lehnte Callie dankend ab. „Mir geht es gut.“
Sie setzte sich auf die Kante eines Stuhles, während Francesca auf einem kleinen Sofa Platz nahm und sie mit besorgter Miene musterte.
„Stimmt das auch?“, fragte Francesca argwöhnisch. „Du sagst zwar, es handelt sich nicht um einen Notfall, aber …“ Sie ließ den Blick unstet durchs Zimmer schweifen. „Bist du etwa ohne Begleitung?“
Callie nickte. „Ja. Ich weiß, das war leichtsinnig von mir, aber ich … ich konnte einfach keine Minute länger mehr in diesem Haus bleiben!“
Francesca stutzte. „Sprichst du von Lilles House?“
Callie nickte erneut. „Entschuldige bitte, dass ich mitten in der Nacht bei dir hereinplatze. Du wirst mich zur Hölle schicken, aber ich wusste einfach nicht, wohin ich mich wenden soll.“
„Aber du kannst jederzeit zu mir kommen“, versicherte Francesca und nahm sie bei der Hand. „Und mach dir keine Sorgen wegen der nächtlichen Stunde. Ich lag noch wach und habe gelesen. Im Übrigen gibt es nichts, was Fenton mehr liebt als ein wenig Aufregung. Ich würde mich nicht wundern, wenn er uns in ein paar Minuten Tee und Kekse bringt.“
„Du bist zu gütig.“ Callie lächelte dankbar und fügte ein wenig scheu hinzu: „Weißt du, für mich warst du schon immer so etwas wie eine Schwester.“
Francesca drückte ihr liebevoll
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