MASKENBALL UM MITTERNACHT
niemanden gibt, der mir hilfreicher zur Seite stehen könnte als du. Meine Großmutter kennt alle heiratsfähigen Männer, gewiss, und sie bemüht sich, mir jeden einzelnen vorzustellen. Aber ihre Ansichten decken sich nicht im Geringsten mit den meinen. Für sie zählt nur Reichtum, Familienhintergrund und Adelstitel, ohne Aussehen, Charakter oder Temperament in Betracht zu ziehen. Ich bezweifle, dass sie einen Gedanken daran verschwendet, ob ein Ehekandidat auch Humor besitzt. Aber du kennst alle Herren persönlich, nicht nur den Rang, den sie in der Gesellschaft einnehmen. Du wusstest zum Beispiel genau, wie gut Gideon und Irene zusammenpassen – lange bevor die beiden es selber wussten.“
„Nun ja, zumindest weigerte ich mich nicht, es nicht zu sehen, wie Irene sich versteift bemühte“, entgegnete Francesca.
„Dann verstehst du also, was ich sagen will, nicht wahr?“
Francesca nickte. „Ja. Du willst einen Ehemann finden, der deinen Wünschen entspricht und nicht den Vorstellungen deiner Großmutter.“
„Genau. Weder den Vorstellungen meiner Großmutter oder meines Bruder noch denen der Londoner Gesellschaft. Er muss mir gefallen.“
„Hoffentlich setzt du keine allzu großen Hoffnungen in meine Fähigkeiten“, warnte Francesca. „Aber ich werde dir selbstverständlich helfen, so gut ich kann.“
„Gut.“ Callie lächelte zufrieden. „Ich freue mich, dass du das sagst.“ Und dann druckste sie herum: „Ich … ich habe nämlich noch eine … sogar größere … Bitte an dich.“
Francesca zog fragend die Brauen hoch. „Nur heraus mit der Sprache. Was ist es?“
„Es klingt unverschämt, ich weiß, aber ich … es wäre wahnsinnig nett, wenn wir unsere Suche bald beginnen könnten. Und ich möchte … das heißt, wärst du so lieb und … gestattest mir … darf ich bei dir wohnen?“ Auf Callies Wangen hatten sich zwei rote Flecken gebildet, und bevor Francesca etwas sagen konnte, fuhr sie hastig fort: „Sinclair will wieder aufs Land, sobald er seine Geschäfte in London erledigt hat. Und ohne Anstandsdame darf ich natürlich nicht in Lilles House wohnen. Ich könnte zwar meine Großmutter dazu überreden, in London zu bleiben, aber … das will ich ehrlich gestanden vermeiden. Ich bin es leid, dass sie mir ständig über die Schulter schaut, mich auf Schritt und Tritt verfolgt und mir diesen oder jenen Heiratskandidaten ans Herz legt. Genauso wenig will ich mich auf Marcastle vergraben und mir ihre endlosen Vorträge über Pflichtbewusstsein und Verantwortung anhören.“
„Dafür habe ich vollstes Verständnis“, stimmte Francesca ihr zu. „Du kannst gerne bei mir wohnen! Wir werden großen Spaß haben, Pläne für unser Vorhaben schmieden und nach Herzenslust einkaufen. Wir machen eine Liste aller infrage kommenden Kandidaten. Es bleibt uns genügend Zeit, um zu Beginn der Saison gut vorbereitet zu sein. Aber wird Rochford damit einverstanden sein?“
„Wieso sollte er nicht?“ Callie machte ein erstauntes Gesicht. „Sinclair ist momentan nicht gut auf mich zu sprechen, aber ich glaube kaum, dass er so weit gehen würde, mir einen Aufenthalt bei dir zu verbieten. Ich bin sicher, er schätzt dich als meine Gesellschafterin. Und was könnte meine Großmutter dagegen einzuwenden haben, nachdem sie kürzlich ein Loblied auf dich gesungen hat?“
„Gut! Ich werde der Dowager Duchess gleich morgen meine Aufwartung machen und meine Einladung bestätigen.“
„Vielen Dank!“, rief Callie begeistert. „Du bist wunderbar.“
„Unsinn. Ich freue mich, dich bei mir zu haben! Die Zeit vor Beginn der Saison ist ziemlich eintönig, und du bringst Abwechslung und Freude in mein Leben. Außerdem haben wir ein Projekt vorzubereiten!“ Francesca lächelte versonnen. Und dann erhob sie sich und sagte mit Bestimmtheit: „Aber jetzt ist es höchste Zeit, zu Bett zu gehen. Wir brauchen ein paar Stunden Schlaf. Willst du über Nacht bleiben? Ich lasse der Duchess eine Botschaft zukommen, dass du die Nacht bei mir verbringst und wohlauf bist.“
„Ich habe eine kurze Nachricht für Sinclair auf meinem Kopfkissen hinterlassen, damit er sich keine Sorgen macht, wenn er morgen feststellt, dass ich das Haus verlassen habe.“ Callie lächelte schuldbewusst. „Aber die beiden werden sich trotzdem Sorgen machen. Ich hätte nicht so überstürzt aus dem Haus laufen dürfen. Aber mir war, als müsse ich jeden Moment platzen, würde ich noch eine Minute länger bleiben.“
„Ich kann
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