Maskenspiel
Platz. Ich schaue mich erneut um. Alle Frauen tragen teuer aussehende Kleider, alle Männer teuer aussehende Anzüge. Da ist meine Fantasie aber gehörig mit mir durchgegangen. »Christopher, was sind das eigentlich für Leute?«
»Einige Unternehmer, ein paar Adelige, ein oder zwei Schauspieler, viele Banker. Die verdienen weiterhin unglaublich gut, indem sie versuchen, das System auszutricksen und Kontrollen zu umgehen.«
»Ist das nicht illegal?«
»Sie nutzen eine Grauzone aus, solange die Gesetze und Kontrollmechanismen noch nicht implementiert sind. Aber heute Abend spricht man nicht übers Geschäft, Emily. Es ist nur manchmal gut, Präsenz zu zeigen.«
Natürlich spricht man an solchen Abenden nicht übers Geschäft. Verstohlen mustere ich ein paar der Männer.
»Hast du schon jemanden gesehen, der dir gefällt?«
Was meint er damit? Unsicher schüttele ich den Kopf. Schließlich habe ich den bestaussehenden Mann im Raum an meiner Seite, in den ich zufälligerweise rettungslos verliebt bin. Wieso sollte mir da jemand anderes gefallen?
Langsam wird es voller. Zwei oder drei Paare kommen auf uns zu, verwickeln uns kurz in Small Talk, gehen wieder. Ich fange fast an, mich zu langweilen.
Als hätte er meine Gedanken erraten, steht Christopher plötzlich auf, ergreift meine Hand und zieht mich hoch. »Lass uns spielen gehen, Emily«, flüstert er mir ins Ohr.
Wie in Trance folge ich ihm die Treppe hinunter ins Untergeschoss. Hier hat jemand offensichtlich seinen persönlichen Sauna- und Fitnesstraum verwirklicht: Im ersten Raum stehen jede Menge Geräte, die mich an mein Fitnesscenter in Berlin erinnern, im nächsten ist ein schmales, aber sicher zehn Meter langes Schwimmbad und ein Whirlpool. Darin sitzt ein Mann mit zwei barbusigen Blondinen, die ihm mit ihren dunkelrot lackierten Fingernägeln über die Brust streicheln. Am Rand stehen drei halbvolle Champagnergläser. Was unter der blubbernden Wasseroberfläche vor sich geht, kann ich nur erahnen.
»Dies wäre zum Beispiel etwas, was ich dir nicht erlauben würde, Emily.«
Ich schaue ihn verwirrt an. Ein Dreier? »Und das wäre?«, frage ich.
»Ungeschützten sexuellen Kontakt.«
Herrje, bin ich naiv. Erst jetzt sehe ich, dass überall im Raum Schalen mit Kondomen ausliegen. Das kann ja heiter werden. Ich klammere mich etwas fester an Christophers Arm.
Wir schlendern weiter. Ich bin nicht sicher, was er sucht oder ob er überhaupt etwas sucht, aber er lässt sich Zeit, und ich folge ihm.
Am Ende des Schwimmbads befindet sich eine Sauna. Gerade, als wir daran vorbeigehen, öffnet sich die Holztür, und ein Paar kommt heraus. Sie sind beide nackt. Lachend und scherzend gehen sie zu der Dusche und stellen sie an. Unter dem prasselnden Wasserstrahl verschwimmen ihre Körper zu einem. Dann treten sie wieder aus dem Strahl; ich sehe, dass sie sich ganz selbstverständlich berühren und mit den bereitliegenden Handtüchern abtrocknen. Der Mann schlingt sich danach ein Saunatuch um die Hüften, die Frau zieht sich einen schwarzen String-Tanga an, der mit einigen Kleidern auf einer der Liegen liegt.
Plötzlich merke ich, wie warm und feucht die Luft hier drinnen ist. Ich ziehe an Christophers Hand. »Mir ist heiß.«
»Mir auch.« Er schlendert auf den Ausgang zu; dabei folgen wir dem Paar aus der Sauna. Ob absichtlich oder unabsichtlich könnte ich gar nicht sagen. Aber als die beiden im Fitnessraum verschwinden, werfe ich einen neugierigen Blick hinein. Der Mann legt gerade sein Handtuch auf einem der Geräte ab – wie heißt das nochmal, irgendwas mit Adduktoren? –, nimmt darauf Platz und kniet sich dann in die Polster. Die Frau lässt einen Stapel Handtücher auf den Boden fallen und geht vor ihm in die Knie.
Ich sollte weitergehen, aber irgendwie bin ich wie festgewurzelt. Da sieht die Frau zu uns herüber und macht mit ihrem Kopf eine Bewegung, als wolle sie uns einladen, näher zu kommen. Dann wendet sie sich wieder dem Mann zu und umschließt mit den Lippen seinen Penis, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit.
Ich spüre Christopher hinter mir und lehne mich an ihn. Sollten wir jetzt nicht besser gehen? Aber Christopher bleibt stehen. Ich riskiere einen erneuten Blick zu dem Paar. Der Mann hat sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Die Frau lässt seinen Penis langsam in ihren Mund hinein- und wieder hinausgleiten. Erwartet Christopher etwa von mir, dass ich das Gleiche mache? Unsicher drehe ich mich zu ihm um und
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