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Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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dass die Tür zu 218 sich öffnete.
    Tom wurde von seiner Arbeit von Zeit zu Zeit aufgefressen wie von einer subtilen Leidenschaft, warf sich ihr quasi selbst zum Fraß vor. Katinka fühlte sich verpflichtet, mitzuhalten, zog aber bei ihrer momentanen Auftragslage zwangsläufig den Kürzeren. Versuchte es dennoch. Saß tapfer von morgens bis abends in der Hasengasse im Büro, schaufelte sich durch Fachliteratur. Natürlich würde sie Tom nicht einholen.
    Vielleicht war es besser, ihm noch nichts von dem Fall zu erzählen, denn immerhin bestand die Möglichkeit, dass sie ihn ablehnte, entschied Katinka. Sie lehnte sich weit aus dem Fenster. Julius Liebitz hatte ihr erzählt, dass er in seiner nunmehr fünfundzwanzig Jahre währenden Laufbahn als privater Ermittler in der Mehrzahl der Fälle mit Pathologischen zu tun gehabt hatte. Pathologische, so nannte Julius Liebitz jene Menschen, die aufgrund einer besonderen Persönlichkeitsstruktur in den Blickpunkt von Ermittlungen rückten. Als Opfer, als Täter, als Ahnungslose oder Mitwisser.
    »Die meisten sind amorph, kommen nicht klar mit ihrem Leben. Betrachte nur mal einen Ehemann, der dich engagiert, um seiner Frau nachzustellen. Schon bist du mitten drin in einer Neurose!«, hatte er gesagt und mit seiner ausladenden Gestik betont, wie viele Verrückte es seiner Meinung nach in der Welt gab. Katinka seufzte und fragte sich zum hundertsten Mal, ob der Job der richtige für sie war. Schließlich handelte es sich um eine Notlösung: Aus der Archäologin, die ihren Spaten in den Sand rammte, war die Detektivin geworden, die sich durch die Angelegenheiten ihrer Auftraggeber schaufelte – sofern es Aufträge gab. Die Arbeitsmarktsituation sah für beide Jobs nicht gerade gedeihlich aus.
    Es blieb ihr aber keine Zeit zum Grübeln, denn nun platzte eine Wolke Studenten aus dem Seminarraum. Die meisten verdrehten die Augen und warfen sich genervte Blicke zu. »Schnell, noch hat die Mensa auf«, sagte ein Mädchen.
    Katinka packte sie am Arm. Sie fuhr erschrocken zusammen.
    »Können Sie mir zeigen, wer Ruth Lebewang und Henry Wewerka sind?«
    »Was solln das«, raunzte das Mädchen. »Da sind so viele, denken Sie, ich kenne die ganzen Namen?«
    Katinka prallte zurück, weniger wegen ihrer Unhöflichkeit, sondern wegen des schwülstigen Parfümgeruchs, der von ihr ausging. Auch sie trug bauchfrei. Allerdings fehlte ihr die Aufschrift Zickenalarm auf dem T-Shirt.
    »Ich bin Henry Wewerka!«, sagte jemand hinter Katinka.
    Ein junger Mann mit militärisch kurz geschorenem Haar sah sie unsicher an.
    »Katinka Palfy. Sie sind auf dem Laufenden? Es geht um die Vorkommnisse am Lehrstuhl Laubach.«
    »Jaja«, nickte Henry. Er kam Katinka ganz sympathisch vor, wahrscheinlich der angenehmste da normalste Zeitgenosse, der ihr an diesem Morgen über den Weg lief. »Ruth, warte mal«, rief er.
    Eine Studentin mit kurzem, blondierten Haar löste sich aus der Menge. Sie raunte einigen anderen etwas zu, die zu Katinka herüberglotzten. Ruth Lebewang sah sehr schlank und durchtrainiert aus in ihrem enganliegenden T-Shirt, hatte sich ein schickes Seidentuch um den Hals gewickelt und kultivierte offensichtlich eine Schwäche für zerrissene Jeans. Ihre war an mehreren Stellen so durchgewetzt, dass Katinka vermutete, das Gewebe würde jede Minute nachgeben. An den Beinabschlüssen schien Ruth etwas nachgeholfen zu haben. Ein ganzer Vorhang von Fäden fiel auf Ruths nackte Füße, die in Gesundheitslatschen steckten.
    »Katinka Palfy«, sagte Katinka noch mal. »Ich muss Sie kurz sprechen. Wo können wir uns in Ruhe unterhalten?«
    »Also, ich gehe jetzt in die Mensa«, sagte Ruth. »Ich habe einen Bärenhunger. Und wenn wir uns nicht beeilen …«
    »Da muss ich Sie enttäuschen«, erwiderte Katinka gleichgültig. »Zuerst beantworten Sie mir meine Fragen. Aber um Ihnen entgegenzukommen, wie wäre es, wenn wir in ein Café in der Nähe gehen?«
    »Ins Orlando «, schlug Henry vor.
    »Sehe ich wie die Tochter von Rockefeller aus?«, blaffte Ruth ihn an. »Die Mensa ist schon teuer genug. Außerdem«, sie wandte sich mit provozierendem Gesichtsausdruck an Katinka, »können Sie mir gar nichts vorschreiben.«
    Katinka sah Ruth kühl an. »Laubach wird Anzeige gegen Unbekannt erstatten, wenn diese Geschichte nicht bald vom Tisch ist. Die Polizei verhört Sie sicher nicht in der Mensa.«
    Sie drehte sich um und ging zur Treppe.
    »Nun komm schon«, flüsterte Henry Ruth zu. »Wir bringen das schnell

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