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Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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hinter uns.«
    Katinka verließ die Uni mit den beiden Studenten im Schlepptau. Das Orlando lag genau gegenüber. Alle Tische im Freien waren besetzt. Zielsicher steuerte Katinka in das Lokal hinein und hörte Ruth schon wieder murren.
    »Jetzt, wo draußen so schön die Sonne scheint.«
    Katinka achtete nicht auf sie, sondern ging an einen Tisch im hintersten Eck.
    Henry zog einen Stuhl zurück, setzte sich Katinka gegenüber, legte seine Aktentasche auf dem freien Stuhl ab und sah erwartungsvoll drein. Ruth schleuderte ihren Rucksack mit Verve auf den Boden. Entweder sie ist tatsächlich sauer, oder sie kaschiert ihre Angst, überlegte Katinka.
    »Erzählen Sie mal mir Ihren Eindruck«, begann sie.
    »Wovon?« Ruth lehnte sich auf dem Holzstuhl zurück und verzog das Gesicht. »Auch nicht gerade rückenfreundlich hier.«
    Henry knetete seine Hände.
    »Die Sache ist sehr unangenehm«, begann er. »Vor allem für Carsten.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, wer die Diskette genommen haben könnte?«
    »Vielleicht war es ein Scherz?« Ruth kippte ihren Stuhl nach hinten und sah ungeduldig zur Theke. »Kommt hier mal jemand?«
    »Wie lange arbeiten Sie schon am Lehrstuhl, Ruth?«, fragte Katinka.
    »Seit letztem Sommersemester. Also, das dritte Semester jetzt.«
    »Und Sie?«, wandte sich Katinka an Henry.
    »Genauso lang. Wir sind die Nachfolger der Hiwis, die im vergangenen Sommer Examen gemacht haben.«
    »Hiwis?«, fragte Katinka verwirrt. Sie bemerkte ein belustigtes Flackern auf Ruths Gesicht.
    »Hilfswissenschaftler. So nennen hier alle die studentischen Hilfskräfte.«
    »Ach so. Einen Milchkaffee«, sagte Katinka zu der Bedienung mit den langen, braunen Locken, die nun an den Tisch trat.
    »Das gleiche«, schloss Ruth sich an.
    »Ein Weizenbier.« Henry sah schnell zu Katinka hin, als habe er Angst, sie würde etwas über Alkoholkonsum mitten am Tag sagen.
    »Und diese fiesen Geschichten sind erst seit dem Wintersemester im Gange?«
    Ruth und Henry nickten.
    »Könnten sie etwas mit dem Auftauchen von Montfort zu tun haben?«
    Henry und Ruth sahen sich erschrocken an.
    »Nein!«, begannen beide im Brustton der Überzeugung, doch dann schwieg Henry, und Ruth sagte:
    »Was sollte ausgerechnet Ludovic da drinhängen!«
    Henry schüttelte den Kopf, ob zur Bestätigung von Montforts Unschuld war Katinka nicht klar.
    »Warum nicht?«
    »Der macht so was nicht«, sagte Ruth und klimperte ungeduldig auf ihren Hosenbeinen herum. »Himmel, dauert das lang.«
    »Was macht er nicht?«
    »Na, so kranke Sachen!«
    »Wer dann? Sie?« Katinka sah Ruth mitten ins Gesicht.
    »Nein!«, rief Ruth. »Wieso wollen Sie mir das anhängen? Haben Sie was gegen mich?«
    Sie haben was gegen mich, wollte Katinka ihr um die Ohren schleudern, doch gerade rechtzeitig fiel ihr Julius Liebitz ein: Lass dich niemals in eine Diskussion um das eigene Empfinden hineinziehen.
    »Sie haben doch Schlüssel zu den Büros, oder?«
    »Zur Eingangstür und zum Hiwizimmer«, versetzte Ruth scharf. »Carstens Diskette ist im Bibliothekszimmer verschwunden. Dazu haben wir keinen Schlüssel.«
    »Aber es wird einer im Assistentenzimmer aufbewahrt.«
    »Und wie sollen wir da rankommen?«, fauchte Ruth.
    Die Bedienung brachte die Getränke. Henry riss ihr das Weizenglas fast aus der Hand und nahm einen tiefen Schluck. Er ist nervös, dachte Katinka, auch wenn er äußerlich ganz auf ruhig macht.
    »Wir waren es nicht!«, sagte Henry, als er sein Glas mit einem ein wenig zu lauten Klack wieder abstellte.
    Ruth drehte ihr Milchkaffeeglas in den Händen. »Ich will ja nichts sagen«, meinte sie dann. »Aber anstelle von Ludovic würde ich mir lieber mal Frau Burgwart vorknöpfen.«
    »So?«, fragte Katinka interessiert. »Warum?«
    »Sind Sie jetzt die Detektivin?«
    »Sie denken, es war Fria Burgwart?«
    »Immerhin kommt sie leicht an alle Schlüssel. Sie arbeitet oft nachts. Sie war noch da, als Carsten heimging und blöderweise die Diskette vergaß. Spricht doch nicht für sie, oder?«
    Henry ruckte unruhig auf seinem Stuhl herum.
    »Hat sie denn ein Motiv? Ich meine, soweit kennen Sie sich sicher aus«, konnte Katinka sich den kleinen Seitenhieb nicht verkneifen, »Möglichkeit und Mittel allein reichen nicht.«
    Ruth wurde rot. Henry sagte nichts.
    »Es geht ja nicht nur um die Diskette«, fuhr Katinka fort und suchte ihr Notizbuch aus dem Rucksack heraus. »Post ist verschwunden, und das schlimmste für den Lehrstuhl sind wohl die manipulierten Dateien.

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