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Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Seine Art, mir seine Zuneigung zu zeigen, sind Schecks. Die ich meist ablehne.«
    Fria starrte Katinka an. Sie bemühte sich, die Überraschung in ihrem Gesicht zu verbergen.
    »Sie kommen nicht aus dieser Gegend, nicht wahr?«
    »Nein. Ich bin in Wien geboren, aber später in Deutschland aufgewachsen. Meine Eltern haben sich bald scheiden lassen und ich blieb mit meiner Schwester bei meiner Mutter. Inzwischen leben meine Eltern teilweise wieder zusammen. Ich blicke nicht so recht durch, was ihre Beziehung betrifft. Mein Vater hat ein Haus auf Teneriffa gebaut, und die beiden verbringen das Winterhalbjahr in trauter Zweisamkeit dort unten.«
    Fria sah undurchdringlich drein.
    »Meine Eltern interessieren sich nur für mich, wenn es Erfolge gibt. Berufliche Erfolge. Ohne intensive Arbeit kann ich mein Pensum nicht bewältigen. Ich schaffe nicht mehr. Ich publiziere, ich fahre zu Tagungen. Das alles kostet Zeit. Es zehrt mich aus.« Sie sah zur Tür. »Ich kann nicht mehr«, setzte sie hinzu.
    »Ihr Bruder«, fragte Katinka vorsichtig. Sie durfte nicht aus Ergriffenheit das Wesentliche vergessen. »Ist der auch so ein Arbeitstier?«
    »Pah!«, machte Fria. »Er tut nichts, außer zu saufen und zu kiffen. Außerdem verspielt er das wenige Geld, das er hat – aus welchen Quellen auch immer.«
    Katinka nickte. So oder ähnlich hatte sie es sich vorgestellt.
    »Ist er noch bei der Polizei?«, fragte Fria, als würde ihr Bruder Ethelbert dort Tee trinken.
    »Ich weiß nicht, aber ich kann mich erkundigen«, bot Ka-tinka an.
    »Zur Abschreckung sollen sie ihn ruhig ein bisschen dabehalten«, sagte Fria nur.
    Katinka betrachtete sie, den müden Ausdruck auf ihrem Gesicht, den entstellenden Ausschlag, die dicken Bandagen.
    »Könnte es sein, dass Sie kompensieren wollen, was Ihr Bruder nicht leistet?«, fragte sie.
    »Was verstehen Sie denn schon!«, sagte Fria platt.
    »Also, ich habe kein gutes Verhältnis zu meiner Schwester«, sagte Katinka und lächelte. Es machte ihr nichts mehr aus, dass sie mit Melissas Lebenseinstellung nicht zurechtkam. Noch vor fünf Jahren hatten sie sich beide bekriegt, wo sie konnten. Doch irgendwann wurde der Konflikt für Katinka uninteressant. Für Melissa galt nur, was durch Geld aufgewogen wurde. Augenblicklich arbeitete sie in den USA und machte den großen Reibach. Ihr Freund war ein überdimensionierter New Yorker Banker. Doch Katinka war sicher, dass Melissa irgendwann von ihrem hohen Ross stürzen würde. Sie besaß einfach zu wenig Erdung, keine echten Grundüberzeugungen. Sie lebte, ohne je in ihrem Leben nachgedacht zu haben, was wirklich wichtig war, was sie tragen könnte. Was vom Leben blieb, wenn Katastrophen eintraten. Womöglich habe ich ein ähnliches Problem wie Fria, dachte Katinka, bloß mein Umgang mit der familiären Entwurzelung ist nicht so selbstzerstörerisch.
    »Wer ist Ralph?«
    »Irgendein Kumpel von Ethelbert«, sagte Fria trübsinnig.
    »Sie haben sich mit Ihrem Bruder gestritten?«
    »Ja. Er wollte Geld leihen. Er bat mich, ihn zu treffen. Ich weiß ja, dass er gerne in Spielsalons geht. Aber er war völlig pleite. Du bist doch beim Staat, hat er mich angemacht, rück doch mal was raus. Er war betrunken. Nur deswegen wurde er grob.«
    Katinka schüttelte unwillig den Kopf. Sie sah die Realität andersherum. Leute betranken sich, um den Mut zu haben, grob zu werden. Sie waren keine unschuldigen Opfer eines hinterlistigen Alkoholmonsters.
    »Und Sie haben ihm ein paar Zeilen angesagt?«
    »Ich wollte ihm nichts rüberschieben. Er muss es doch mal lernen. Einer von den Sicherheitsleuten kam und wollte uns trennen. Aber plötzlich tauchte dieser Ralph auf …«
    »Nachdem Sie Ethelbert eine geklebt haben«, meinte Ka-tinka schmunzelnd. »Machen Sie sich nichts draus. Er hat’s verdient.«
    Fria machte ein ablehnendes Gesicht. »Vielleicht. Ich habe ihn gern. Er ist doch mein kleiner Bruder.«
    Katinka konnte den Konflikt erahnen, der sich in Fria abspielte. Die einzige in der Familie, die etwas leistete, und die deshalb immer mehr und mehr leisten zu müssen meinte. Sie liebte ihren Bruder, aber sie verachtete ihn mit gleicher Intensität.
    »Trauen Sie Helena zu, die Daten weitermanipuliert zu haben?«
    »Ich glaube, ja«, sagte Fria. Katinka bemerkte, wie sie sich zusammenreißen musste, um ihren Verdacht auszusprechen.
    »Montfort?«
    »Vielleicht er und Helena zusammen.«
    »Wer hat die Post geklaut?«, fragte Katinka weiter.
    »Ich nicht. Ich meine, nach den

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