Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
Vom Netzwerk:
peinlich, daß Liz diese Mauer durchbrach. Was wollte sie von ihr? Sollte sie mit ihr über Männer schwatzen? Penelope kannte kein männliches Wesen außer Verwandten. Rechnete Liz auf Mitgefühl und Trost? Penelope war nicht in der Lage, ihr auch nur eines von beiden zu geben, denn sie hatte niemals Liz’ Welt betreten, und sie ahnte, daß Liz niemals so zu Melanie gesprochen hätte.
    Aber Liz war noch nicht am Ende mit ihrem Geständnis. „Du mußt wissen, daß ich drei Jahre lang nur für Peter gelebt, gegessen und geatmet habe, drei Jahre meines Lebens, vom fünfzehnten bis zum achtzehnten Lebensjahr, und was meinst du, was mir heute abend da unten in der Telefonzelle klargeworden ist? Ich habe verlernt, mit mir selbst umzugehen. Man könnte beinahe sagen, daß mein Wachstum verhindert wurde. Kannst du dir das vorstellen? Ich kann nicht mehr allein sein, ich weiß nicht mehr, wie man allein glücklich ist.“ Sie drehte sich um und schaute Penny staunend ins Gesicht. „Das ist mir gerade aufgegangen. Und dann kam ich hier zu dir herein und sah dein Gesicht aufleuchten, als du mir von deinen Karten und Büchern erzähltest. Die Moral von der Geschichte ist überwältigend.“
    „Die Moral?“ wiederholte Penny argwöhnisch.
    „Ja. Ich meine den Sinn der Sache, die Folgerung, die sich daraus ergibt. Warst du jemals verliebt, Penny?“
    Penny lächelte grimmig. „Nein.“ Verliebt? Sie hatte nicht einmal eine Verabredung mit einem Jungen gehabt, außer an jenem gräßlichen Abend, als sie einen Bekannten zu ihrem Schulabschlußabend eingeladen und nicht gewagt hatte, auch nur ein Wort an ihn zu richten. Wahre Qualen der Verlegenheit hatte sie da ausgestanden, und das hatte sie wohl für alle Zeiten von Männern kuriert. Sie waren alle egoistisch, grausam und brutal.
    „Die Moral ist Versenkung“, philosophierte Liz ernsthaft. „Man muß sich in irgend etwas Neues völlig versenken. Kannst du mir nicht irgendwelche Vorschläge machen, Penny?“
    Zum ersten Male erkannte Penny, daß Liz sie als ihresgleichen betrachtete und behandelte. Es war eine überraschende Feststellung, die Penny momentan sich selbst vergessen ließ. Es wurde ihr bewußt, daß man einen völlig neuen Anfang machen kann, wenn man mit der altgewohnten Umgebung auch die bisherigen Niederlagen und Mißerfolge zurückläßt. Liz hatte sie nicht daheim auf der Farm oder in der Schule in Washington erlebt. Vielleicht machte sie keinen Unterschied zwischen Melanie, Cara und ihr. Es mochte sein, daß Liz den Minderwertigkeitskomplex, den Penny von jeher wie einen Anker mit sich herumschleppte, noch nicht bemerkt hatte. Hm, möglich! Penny bemühte sich tapfer, Liz’ Fragen zu beantworten, ohne sich selbst dabei bloßzustellen. Sie dachte sich so intensiv in Liz hinein, daß sie sich dabei selbst völlig vergaß, und damit vergaß sie auch ihre Unsicherheit und Unruhe. „Was tust du denn am liebsten?“ fragte sie sachlich und bestimmt.
    Liz beugte sich vor, und ihr Gesicht wurde vom Schein der Stehlampe beleuchtet.
    „Nicht viel, fürchte ich“, bekannte sie, „nicht solche Dinge, wie du sie magst und treibst.“
    „Irgend etwas muß es doch geben, was dich wirklich interessiert.“
    Liz nickte. „Nähen natürlich. Ich nähe schrecklich gern, besonders wenn ich ohne Schnittmuster arbeiten kann und meine eigenen Entwürfe verwerte.“
    Penny lächelte. „Na, also!“ Nachdem sie so lange ihr seelisches Gleichgewicht gewahrt hatte, trat nun ein kleiner Rückfall ein. Sie lief scharlachrot an, weil sie nicht begreifen konnte, wie gerade sie es hatte wagen können, Liz einen Rat zu geben.
    „Du hast recht“, bekannte Liz mit freudigem Erstaunen, „ich glaube, es würde mir wirklich helfen, wenn ich abends irgend etwas nähen würde. Nicht für mich, das mag ich nicht, wenn ich nicht gerade unbedingt muß, aber —“, sie starrte Penny an, dann löste sich dieses Starren in einem zuversichtlichen, frohen Lächeln, „für dich...“
    „Für mich?“ stotterte Penny.
    „Ja, ich entwerfe ein Kleid für dich.“
    „Das ist nett von dir, aber —“
    Liz ließ keinen Einwand gelten. Eifrig erklärte sie: „Es muß genau die richtige Farbe für dich sein. In diesem Jahr ist blaugrün Mode. Es würde deine braunen Augen hervorheben und dein dunkles Haar zur Geltung bringen. Das ist es: blaugrün! Als Material würde ich Kordsamt vorschlagen. Ein kräftiger Stoff und ganz einfache Linien, weil du ein Kindergesicht hast.“ Sie klatschte in

Weitere Kostenlose Bücher