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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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die Hände. „Ich hab’s bereits ausgedacht. Ich will nur rasch Papier und Zeichenstift holen, um dir sofort ein Kleid zu entwerfen, ein Kleid ganz speziell für dich.“
    „Du willst doch nicht im Ernst ein Kleid für mich nähen?“ zweifelte Penny, rot bis an die Ohren.
    „Aber natürlich! Ich sehe es bereits in allen Einzelheiten vor mir. Ich werde es jetzt gleich skizzieren, dann nehme ich Maß, und am Montag kaufe ich frühmorgens den Stoff ein.“ Sie angelte nach ihrer Handtasche. „Da ist zum Glück noch eine Zehncentmünze von dem Telefonanruf übrig geblieben. Schau, Penny! Während ich meinen Block und mein Metermaß hole, lauf du doch geschwind nach unten und ziehe zwei Flaschen Coca-Cola für uns aus dem Automaten, ja?“
    Penelope fühlte sich wie im Traum. Sie nahm das Geldstück entgegen.
    „Hier ist noch eines!“ Liz nahm fünf Cent aus ihrer Tasche. „Bring auch für Cara eine Flasche mit. Sie ist auf ihrem Zimmer.“
    „Für Cara auch“, wiederholte Penny gehorsam.
    „Wir treffen uns in fünf Minuten wieder hier“, schloß Liz. An der Tür drehte sie sich um und lächelte Penny zu. „Ich danke dir“, sagte sie herzlich. Sie winkte und war verschwunden.
    Penny konnte nicht begreifen, warum Liz ihr dankte. Jede von ihnen hatte etwas anderes von der Unterhaltung profitiert, aber da sie beide zufrieden waren, tat das der guten Sache keinen Abbruch. Sie preßte die Münzen fest in ihre Hand und wandte sich gleichfalls zur Tür. Aber auf der Schwelle blieb sie plötzlich stehen und schaute zurück auf ihr kleines Reich aus Büchern und Landkarten. Der frische Wind, der soeben hier durchgeweht war, schien ihr noch nicht ganz geheuer zu sein, und einen Herzschlag lang tat es ihr leid um die verlorene Einsamkeit. Doch dann wurde sie sich bewußt, daß ein Zufluchtsort auch zu einem Gefängnis werden kann. Sie zuckte die Achseln, aber ihre Augen waren hell.

9. KAPITEL

    Melanie grübelte darüber nach, ob Liz etwa absichtlich widerspenstig gegen sie war. Es ärgerte sie, daß Liz bereits zweimal das Angebot einer Verabredung mit ihr abgeschlagen hatte. Sie versuchte nun, Liz dafür zu bestrafen, indem sie sie ignorierte. Der Schuß schien jedoch in der entgegengesetzten Richtung loszugehen, denn Liz fühlte sich offensichtlich weder bestraft noch geschnitten, und das nagte an Melanie. In der Schule konnte es allerdings kaum besser gehen, und damit versuchte Melanie sich zu trösten. Zwar haßte sie den Nähunterricht , aber sie hatten auch schon begonnen, Stoffe an den Mannequins zu drapieren und festzustecken, und der Erfolg, den sie dabei auf Grund ihres Talentes erntete, wog die Langeweile des Nähens von Knopflöchern und französischen Säumen auf. Sie hatte eine natürliche Begabung für gute Entwürfe, und sie wußte das auch. Ganz besonders liebte sie es, alte Moden zu studieren. Sie konnte stundenlang in vergilbten Journalen blättern und sich hier und dort etwas aneignen. Sie wußte, daß man durch irgendeine winzige, aber wohlbedachte Kleinigkeit ein gewöhnliches Gesellschaftskleid in eine Traumschöpfung verwandeln konnte, und sie war eifrig bemüht, möglichst viele solcher winzigen Feinheiten zu entdecken und für alle Fälle in ihrem Gedächtnis festzuhalten. Jede einzelne Stoffart, ob Damast, Chiffon, Wolle, Brokat oder Samt, redete in ihrer eigenen Sprache zu ihr, die sie vortrefflich verstand. Sie war nicht für die einfachen, sportlichen Kleidchen, wie Liz sie gerne zeichnete. Melanie liebte ausgefallene Eleganz und war bestrebt, ihre Schöpfungen in diesem Stil zu halten.
    In der Schule ging für Melanie alles glatt, und die Liste der Verehrer in ihrem Notizbuch wurde mit jeder Woche länger. Nur hier im Heim hatte sie keinen Erfolg zu verzeichnen, und das bedrückte sie. Sie erinnerte sich, daß ihr erster Eindruck von diesem Heim enttäuschend für sie gewesen war und daß nur der gute Ruf des Hauses und die zentrale Lage sie davon zurückgehalten hatten, ihre Koffer wieder zu packen und das Weite zu suchen. Sie war immer schon empfindlich gegen alles gewesen, was auch nur entfernt an Zerschlissenheit erinnerte, selbst wenn es sich dabei um antike Gegenstände handelte. In dieser für sie völlig neuen Welt war Liz Gordon ihr einziger Trost gewesen. Sie hatte sich förmlich mit einem Schrei der Begeisterung und Erleichterung auf Liz gestürzt. Es war ihr gewesen, als hätte sie ein Stück Zivilisation mitten in der Wüste gefunden. Liz trug elegante Kleidung und kam

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