Maskerade der Liebe
vertrösten.
„Emily?“ fragte er. „Warum erzählst du mir nicht alles?“ „Es ist gleichgültig geworden.“
Er schnitt ein Gesicht, denn er schien bemerkt zu haben, wie nahe sie daran gewesen war, ihm die Wahrheit zu gestehen. „Mir ist es nicht gleichgültig.“
„Ich werde es dir schon noch sagen. Aber nicht jetzt.“ „Wann dann?“
Was konnte sie erwidern, um ihn zu beruhigen, bis sie zu fliehen vermochte? „Ich gestehe dir alles, sobald wir geheiratet haben. “
Misstrauisch blickte er sie an. „Du hast also deine Meinung geändert und wirst mich heiraten?“
Sie hasste es, ihn anlügen zu müssen, doch ihr blieb nichts anderes übrig. „Ja.“
„Weshalb?“
Hilflos rang sie die sie die Hände. „Weil du mir keine Wahl lässt. Ich bin praktisch genug veranlagt, um zu wissen, dass ich gegen dich nichts auszurichten vermag. Also füge ich mich deinem Willen.“
Als er noch immer skeptisch dreinblickte, meinte sie spitz: „Auch wenn du nicht von mir erwarten kannst, dass es mir gefällt.“
Er lachte grimmig. „Es muss nicht wie ein Todesurteil klingen.“
„Tut mir Leid. Doch es wird mein Leben entscheidend verändern. “
„Zum Besseren hoffentlich.“ Er ließ ihre Hand los und lehnte sich zurück. „Es gibt keinen Grund, mit der Wahrheit zu warten, bis wir verheiratet sind.“
„Sobald wir Mann und Frau sind, kann ich mir sicher sein, dass ich dir trauen darf. Dann habe ich auch keine Angst mehr davor, dir alles zu enthüllen.“
Seine Augen funkelten. „Zum Teufel, du weißt, dass du mir jetzt schon vertrauen kannst.“
Es schmerzte sie, ihn verletzen zu müssen - gerade jetzt, als er weniger denn je zuvor wie ein Earl aussah, sondern mit zerzaustem Haar und müdem Gesicht vor ihr saß.
„Bitte, Jordan“, sagte sie sanft. „Du hast bereits gewonnen. Was bedeutet es schon, wenn du noch etwas warten musst, um meine traurige Geschichte zu erfahren?“
Auf seltsame Weise blickte er sie an. „Nun, ich denke, du hast Recht.“
Sie entspannte sich. Nun musste sie herausfinden, wie sie am besten fliehen konnte. Zuerst würde sie die Kutsche zum Halten bringen und ihn dann ablenken. In der Zwischenzeit würde sie verschwinden. Am schwierigsten würde wohl die Reise zurück nach London sein. Wie sollte sie das schaffen?
Auf einmal knurrte ihr Magen und lieferte ihr damit die beste Ausrede. „Hast du vor, mich verhungern zu lassen, bevor wir in Gretna Green sind?“
„Das war durchaus nicht geplant“, erwiderte er. „Ich dachte, dass wir in Bedford frühstücken könnten. Man kennt mich im ,White Cloak Inn‘. Dort wird man sich um uns kümmern.“
Sie wollte nicht, dass man sich um sie kümmerte, und war schon gar nicht daran interessiert, in einem Gasthaus aufzutauchen, wo man ihn kannte. „Wie weit ist es noch?“ Er klopfte an die Decke und wiederholte ihre Frage für Watkins. Dessen Antwort ließ Jordan die Stirn runzeln. „Leider wird es noch zwei Stunden dauern. Du bist früher aufgewacht, als ich das annahm.“
„Du hast also vor, mich verhungern zu lassen. Ein wunderbarer Beginn für eine Ehe!“
Er seufzte. „Also gut. Wir werden am nächsten Gasthaus halten, an dem wir vorüberkommen. Zufrieden, Mylady?“
„Sehr gut.“
„Iss lieber so viel, wie du verträgst“, knurrte er. „Ich möchte noch heute Abend in Leicester sein. “
Wenn sie etwas dagegen machen konnte, würden sie dort niemals eintreffen. Obgleich sie am liebsten bis zur Nacht gewartet hätte, um ihre Fluchtpläne in die Tat umzusetzen, wagte sie nicht, so viel Zeit vergehen zu lassen.
Der erste Gasthof, den sie anfuhren, war ein heruntergekommenes Haus, das den treffenden Namen „Zum Warzenschwein“ trug. Es handelte sich um ein baufälliges Holzgebäude, das ein verwittertes Schild hatte, aber dessen Innenhof dennoch voller Karren, Postkutschen und Einspänner stand. Es schien die Reisenden ärmerer Schichten zu beherbergen.
Selbst Emilys sparsamer Vater hätte niemals an einem solchen Ort gehalten. Aber es entsprach genau ihren Bedürfnissen, denn die Gäste, die hier ein- und ausgingen, würden ihr sicher eher helfen als Angehörige der reicheren Schicht.
„Halten wir an“, verkündete sie.
Jordan warf einen verächtlichen Blick auf den Innenhof. „Nun, meine Liebe, du bist sehr mutig. Außer den ungewaschenen Gästen, mit denen du gleich in Berührung kommen wirst, gibt es sicher einige Ratten, die über den Tisch laufen.“
„Das ist mir gleich. Ich habe Hunger.“
Weitere Kostenlose Bücher