Maskerade der Liebe
allmählich. Zweifelsohne würde er Miss Fairchild bei helllichtem Tageslicht gewöhnlich und ohne jeglichen Zauber finden. Er würde sie sowieso nicht wieder sehen.
„Ich werde deine zynischen Ansichten über die Ehe niemals verstehen, Blackmore“, fuhr Pollock fort. „Aber St. Clair hat den Richtigen gewählt, um ihm bei seinem Plan zu helfen. Jeder andere würde in Versuchung geraten, ein so entzückendes Geschöpf wie Lady Sophie für sich zu gewinnen. Nicht der Lord mit dem steinernen Herzen.“ „Mach dich nur lustig über mich, mir gefällt jedenfalls mein Herz. Es blutet nicht, es kann nicht verletzt werden.“ „Aber es kann gebrochen werden. Eines Tages wird eine Frau kommen, die dies tun wird. Du hast mein Wort darauf, dass ich es kaum erwarten kann.“
„Da wirst du wohl viel Geduld haben müssen“, erwiderte Jordan, der sich allmählich zu langweilen begann. „Heute Nacht wird es jedenfalls nicht geschehen. Ich werde bloß mit Sophie tanzen, um Ian einen Gefallen zu tun. Er glaubt, dass dies Lord Nesfield dazu veranlassen wird, seinen Heiratsvorschlag in Erwägung zu ziehen, um seine Tochter aus meinen Fängen zu befreien. Ian versicherte mir, dass es rasch gehen würde. Ich hoffe es. Diese Angelegenheiten sind so öde.“
„Ich mag sie. Aber ich kann ja auch ein gelungenes Fest genießen. Du nicht.“
Pollocks wiederholte Versuche, ihn wie einen kaltherzigen Schurken hinzustellen, begannen Jordan zu ärgern. „Ich schaue mich auch nicht nach einer guten Partie um, um meine gesellschaftliche Stellung zu heben. Du schon.“ Zornig blickte Pollock ihn an. „Soll das eine Anspielung auf meinen fehlenden Titel oder meine fehlenden Verbindungen sein? Darauf, dass mein Vater im Handel tätig war? Wirklich, du bist ziemlich eingebildet. Du kannst jede Frau bekommen, die dir gefällt, und deshalb fühlst du dich über den Rest von uns erhaben.“
Pollocks heftige Worte erschreckten ihn. „Das stimmt nicht. Jede Kaufmannstochter würde sicher gern mit dir vor den Altar treten.“
„Ich will aber keine Kaufmannstochter. Wie du es so grob formuliert hast - ich möchte jemanden, der meinen Status in der Gesellschaft heben kann.“
„Warum? Du bewegst dich doch bereits in vornehmen Kreisen.“
„Schon, aber ich möchte eine Frau, die das Juwel in meiner Krone verkörpert, eine Frau, die so atemberaubend ist, dass meine Stellung für immer gesichert wäre. Am besten eine, die mich trotz meiner Fehler lieben könnte.“
Jordan konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Du glaubst, dass du so jemand bei Merrington findest? Wo es nur alberne Jungfern und Ränke schmiedende Mütter gibt?“
„Vielleicht.“ Pollock zupfte an seiner Krawatte. „Bevor St. Clair sein Augenmerk auf Lady Sophie gerichtet hat, war ich selbst an ihr interessiert gewesen.“ Er schaute finster drein. „Dann tauchte St. Clair auf und schnappte sie mir weg. Nicht einmal verliebt ist er in sie. Er will bloß eine fügsame Gattin.“
Ja, das war seltsam. Jordan hatte sich schon gefragt, warum Ian so versessen aufs Heiraten war. „An deiner Stelle würde ich nicht neidisch sein. Sie ist ganz hübsch und freundlich, aber ihr Vater ist ein Widerling. Ich befürchte, dass Ian noch den Tag verfluchen wird, an dem er in diese Familie eingeheiratet hat.“
Die Kutsche fuhr vor Merrington vor, und Jordan warf einen Blick auf seine Uhr. Sie waren doch nicht so spät dran wie befürchtet, das Mädchen mochte noch immer da sein. Sollte das der Fall sein, würde er etwa eine Stunde bleiben. Das dürfte genügen, um Lord Nesfield gegen ihn aufzubringen und Ians Vorhaben zu fördern. Dann könnte er zu seinem Club gehen und den ganzen Unfug vergessen.
Die beiden stiegen aus der Kutsche und betraten schweigend das hübsche Stadthaus. Fast alles war mit Frühlingsblumen und Schleifen dekoriert, so dass es Jordan beinahe übel wurde. Als sie den Ballsaal erreichten, blieb er stehen, um das Geschehen zu überblicken. Wie immer erinnerten ihn diese Leute auf diesem Empfang an Tauben und Krähen, die gurrten und krächzten. Weiß gekleidete Frauen wirbelten auf der Tanzfläche hin und her, begleitet von Männern in schwarzen Fräcken, deren zusammengepresste Taillen, enge Kniehosen und bunte Westen das vogelartige Aussehen noch verstärkten.
Er ließ den Blick suchend über die Menge schweifen, um Ian oder Lady Sophie auszumachen. Doch obgleich tausend Kerzen und Argandlampen leuchteten, sah er nichts außer Fächern, Schleppen und
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