Maskerade der Liebe
weißen Schuhen.
Auf einmal wurden er und Pollock von dessen Freunden umrundet, die alle Junggesellen waren und den Ball besuchten, um eine Gattin zu finden. Eine Weile lang wurden Gefälligkeiten ausgetauscht, doch schon bald fing man an, die Eigenschaften der jungen Damen zu vergleichen. Jordan hätte am liebsten die ganze Gruppe laut ausgelacht.
Was für Hirngespinste hatten doch diese jungen Gecken! Wenn sie schon Ehefrauen brauchten, dann sollten sie diese zumindest mit Verstand auswählen.
Das würde er tun, wenn er eines Tages einen Erben brauchte. Er würde eine erfahrene Frau suchen - zum Beispiel eine verwitwete Marchioness, die Geschmack und ein gutes Urteilsvermögen besaß und seinen Haushalt führen konnte. Eine Vernunftehe. Keine Gefühlsverirrungen.
Er würde auf keinen Fall eine junge Dame umwerben, die gerade die Schule verlassen hatte. Eine solche würde von ihm erwarten, stets im Mittelpunkt seines Interesses zu stehen.
Allmählich wurde Jordan ungeduldig, und er wandte sich an Pollock. „Hast du schon Ian gesehen?“
„Ja, soeben. Er ist dort drüben.“ Er wies mit dem Kopf zur Tanzfläche.
„Ian tanzt? Du machst wohl Scherze? Er hasst dieses Herumgehüpfe. Wahrscheinlich tut er das, um sich Lady Sophies Gunst zu sichern.“
„Lady Sophie?“ fragte einer der Umstehenden. „Haben Sie es noch nicht gehört? Lady Sophie ist sehr krank, keiner weiß, wann sie wieder genesen wird.“
„Sie müssen sie mit jemand verwechseln“, sagte Jordan. „Ich habe gehört, dass sie letzte Woche kurz die Stadt verließ. St. Clair meinte aber gestern, sie sei zurück. Heute wollte er ihre Familie aufsuchen.“
„Sie mag zwar zurück sein, kommt aber nicht aus dem Haus. St. Clair tanzt mit ihrer Cousine - zum zweiten Mal schon.“
„Zum Teufel! “ Lady Sophie war nicht einmal anwesend, er hätte also gar nicht zu kommen brauchen. Er wollte nur lange genug bleiben, um Ian ein bisschen aufzuziehen, dass er es versäumt hatte, Sophie für sich zu gewinnen. Dann wäre er in seinen Club gefahren.
Jetzt entdeckte er seinen Freund in der Menge der Tänzer. Ian war nicht zu übersehen. Im Gegensatz zu dem blonden, blassen Pollock besaß Ian eine dunkle Haut und war mindestens um einen Kopf größer als die meisten Männer.
Was seine Tanzpartnerin betraf . . . Nun, Ian schaffte es immer, sich die Hübschen zu ergattern. Jordan konnte zwar ihr Gesicht nicht erkennen, doch ihr Haar hatte einen faszinierenden Glanz, während ihre Figur der Traum jedes jungen Mannes war. Natürlich war er nicht ein beliebiger junger Mann, vor allem nicht für diese unschuldigen Mädchen. Er bevorzugte Frauen in Scharlachrot - oder in schwarzer Trauerkleidung.
Gütiger Gott, woher kam ihm auf einmal dieser Gedanke? Das war nun schon das zweite Mal, das er sich am heutigen Abend an Emily erinnerte. Es war viel von Heiratskandidatinnen die Rede gewesen. Das musste wohl auch eine Wirkung auf ihn haben.
Der Tanz war zu Ende, und Jordan erkämpfte sich einen Weg durch die Menge, dabei warf er einen warnenden Blick auf eine mutige Matrone, die mit einer albernen Tochter im Schlepptau auf ihn zustrebte. Zum Glück hielt sie inne, als sie seine Miene sah. Eine sehr vernünftige Frau!
Niemals hätte er kommen sollen. All diese Aasgeier würden seine Anwesenheit missverstehen und sich schon bald auf ihn stürzen. Sobald er mit Ian gesprochen hatte, wollte er sich so rasch wie möglich zurückziehen.
Je näher er dem Paar kam, desto mehr interessierte er sich für die Frau an Ians Arm. Für eine junge Dame, die ihr gesellschaftliches Debüt gab, wirkte sie viel zu anmutig. Sie zeigte keine Spur von Unsicherheit, und es gab keine Andeutung einer Unbeholfenheit. Noch wandte sie ihm den Rücken zu, der äußerst wohlgeformt war. Ihr herrliches Haar, das hochgesteckt und mit Perlen geschmückt war, betonte noch ihren langen, schlanken Hals.
Er hätte schwören können, dass er diesen Hals und dieses Haar schon einmal gesehen hatte. Aber das war natürlich absurd. Er hatte noch nicht einmal von der Existenz einer Cousine Lady Sophies gehört.
Das Paar blieb am Rand der Tanzfläche stehen, und die Frau wandte sich ihrem Begleiter zu, so dass Jordan ihr Profil sehen konnte.
Zum Teufel! Er war ihr schon einmal begegnet. Dieses Profil kam ihm schmerzlich bekannt vor. Das letzte Mal war es vom Mondlicht erhellt und von einer Maske teilweise verdeckt gewesen, aber er hätte schwören können, dass es sich um das gleiche Gesicht
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