Mathias Sandorf
auftauchen. Daher bildete er ein fortwährendes Schreckniß für den Banquier, umsomehr, als keine Nachricht vom Tode desselben an ihn gelangte – eine Botschaft, die ihn mit lebhafter Freude erfüllt haben würde. Vielleicht hätte er dann die Möglichkeit einer Verbindung der Familie Bathory’s mit der seinigen von einem anderen Gesichtspunkte aus betrachtet. Jedenfalls konnte für den Augenblick an eine solche nicht gedacht werden.
Silas Toronthal wollte seiner Frau nicht noch einmal solchen Empfang bereiten, als sie zufällig mit ihm wieder von Peter Bathory sprach. Er gab ihr übrigens keinen Aufschluß in dieser Beziehung. Er nahm sich nur vor, Sarah für die Folge strenger zu überwachen, ja, selbst beobachten zu lassen. Er nahm sich ferner vor, dem jungen Ingenieur mit Hochmuth zu begegnen, den Kopf fortzuwenden, wenn er seiner ansichtig wurde, und so zu verfahren, daß diesem jede Hoffnung benommen würde. Es gelang ihm nur zu gut, zu zeigen, daß jeder Schritt von Peter’s Seite durchaus unnütz sein würde.
So lagen die Verhältnisse, als am Abend des 10. Juni der Name Sarcany’s im Salon des Hotels im Stradone ausgerufen wurde, nachdem die Thür sich vor diesem unverschämten Menschen geöffnet hatte. Am Morgen desselben Tages hatte Sarcany in der Begleitung von Namir die Eisenbahn von Cattaro nach Ragusa bestiegen. Er war in einem der vornehmsten Hotels der Stadt abgestiegen, hatte eine elegante Toilette gemacht und ohne Zeit zu verlieren, sich bei seinem ehemaligen Mitschuldigen eingestellt.
Silas Toronthal empfing ihn und gab Befehl, sie nicht zu stören. Wie nahm er den Besuch auf? War er Herr genug über sich selbst, um sich nicht merken zu lassen, was er bei dem Wiedersehen empfand und spielte er sich mit ihm? Zeigte sich Sarcany von seiner Seite so befehlerisch frech wie früher? Rief er dem Banquier vielleicht übereingekommene Versprechungen, vor langer Zeit geschlossene Verträge in das Gedächtniß zurück? Sprachen sie von der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft? Niemand hätte es sagen können, denn die Unterhaltung wurde von keinem Menschen gestört.
Das Resultat aber war folgendes:
Vierundzwanzig Stunden später durchlief eine Aufsehen machende Neuigkeit die Stadt. Man sprach von der Heirat eines gewissen Sarcany – eines reichen Mannes aus Tripolis – mit Fräulein Sarah Toronthal.
Der Banquier hatte ersichtlich vor den Drohungen eines Mannes nachgeben müssen, der ihn mit einem Wort verderben konnte. Weder die Bitten seiner Frau, noch Sarah’s offenbares Erschrecken, deren Vater sich die alleinige Verfügung über ihre Hand anmaßte, konnten seinen Sinn ändern. – Das einzige Interesse, welches Sarancy an dem Zustandekommen seiner Heirat hatte, war von ihm vor Silas Toronthal nicht verheimlicht worden. Er war jetzt ruinirt. Der Vermögensantheil, welcher dem Banquier dazu gedient hatte, den Credit seines Hauses wiederherzustellen, hatte für den Abenteurer die fünfzehn Jahre hindurch knapp ausgereicht. Seit seiner Abreise von Triest hatte Sarcany Europa durchreist; er lebte verschwenderisch; für ihn hatten die ersten Hotels in Paris, London, Berlin, Wien und Rom nicht Fenster genug, um das Geld mit vollen Händen, je nachdem ihn eine Laune anwandelte, hinauszuwerfen. Nachdem er alle möglichen Vergnügungen ausgekostet, überließ er es den Chancen des Zufalles, seinen Ruin zu vollenden, sowohl in den Städten der Schweiz und Spaniens, wo das öffentliche Spiel noch erlaubt ist, als auch auf den grünen Tischen Monacos, welches die Grenzen Frankreichs umklammern.
Zirone war natürlich sein Helfershelfer während dieser ganzen Zeit. Dann, als sie nur noch einige tausend Gulden besaßen, waren Beide in das dem Sicilianer theure Land, den östlichen Theil Siciliens zurückgegangen. Sie blieben dort nicht unthätig und warteten die Ereignisse ab, das heißt die gelegene Zeit, um mit dem Banquier von Triest wieder in Verbindung zu kommen. Es gab in der That nichts Einfacheres, um Sarcany’s Vermögen wieder herzustellen, als wenn dieser Sarah, die einzige Erbin des reichen Silas Toronthal heiratete, der Sarcany nichts abschlagen konnte.
Eine Weigerung war unmöglich und wurde nicht einmal versucht. Es gab jedenfalls zwischen diesen beiden Männern und dem Problem, dessen Lösung sie versuchten, noch ein unbekanntes Etwas, dessen Enthüllung der Zukunft vorbehalten bleiben mußte.
Von Sarah’s Seite wurde nichtsdestoweniger eine klare Erklärung gefordert. Warum
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