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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Segel beigesetzt, um das Land zu erreichen. Da ich bereits ermüdet war, so hatte ich mich auf den Rücken gelegt, doch instinctiv drehte ich mich um, zum Verschwinden bereit. Es war eine Fischerbarke, die zu einem der Häfen Istriens gehörte, sie mußte mir also verdächtig erscheinen.
    – Man war auf mich bereits aufmerksam geworden. Einer der Matrosen rief im dalmatinischen Dialekt den übrigen zu, den Curs zu wechseln. Ich tauchte schnell unter und das Schiffchen flog über meinen Kopf fort, ohne daß die Mannschaft mich gesehen hätte.
    – Um Athem zu schöpfen, kam ich an die Oberfläche zurück und ich begann meine Schwimmfahrt westwärts fortzusetzen.
    – Der Wind legte sich, jemehr die Nacht vorschritt. Die Wellen fielen mit dem Winde. Ich wurde nur noch von langgestreckten, rollenden Wogen emporgehoben, die mich auf die hohe See hinausführten.
    – Auf diese Weise, bald schwimmend, bald ruhend, kam ich noch eine fernere Stunde lang von der Küste ab. Ich hatte nur den zu erreichenden Zweck im Auge, nicht den Weg, den ich durchschwimmen mußte, um dahin zu gelangen. Fünfzig Meilen hätte ich zurücklegen müssen, um über die Adria zu gelangen; ich wollte sie durchschwimmen, ja ich hätte sie durchschwommen! Ach, Peter, man muß solche Prüfungen bestanden haben, um zu wissen, wessen der Mensch fähig ist, was die menschliche Maschine durch die Vereinigung der moralischen mit der physischen Kraft leisten kann.
    – Ich hielt mich also auch noch in der zweiten Stunde aufrecht. Dieser Theil des Adriatischen Meeres war vollkommen öde. Die Vögel selbst hatten ihn verlassen, um ihre Nester auf den Klippen aufzusuchen. Nur die Seemöven flatterten noch an meinem Kopfe vorüber und schossen mit grellem Schrei pfeilschnell davon.
    – Trotzdem ich nichts von Ermüdung wissen wollte, wurden meine Arme nun doch matt, meine Beine träge. Meine Finger schlossen sich nicht mehr dicht aneinander, nur mit großer Mühe gelang es mir, die Hände noch geschlossen zu halten. Mein Kopf ward mir so schwer, als trüge ich eine Kugel auf der Schulter und ich war nicht mehr im Stande, ihn über Wasser zu halten.
    – Eine Art Hallucination befiel mich. Meine Gedankenrichtung entschlüpfte mir. Befremdliche Ideen stiegen in meinem Geiste auf. Ich fühlte, daß ich nur noch undeutlich hören und sehen konnte, ob es ein Geräusch war, das sich plötzlich in einiger Entfernung geltend machte, oder ein Licht, in dessen Strahl ich mich plötzlich befand. Folgendes geschah:
    – Es mußte ungefähr Mitternacht sein, als sich dieses dumpfe und ferne Grollen in östlicher Richtung bemerkbar machte, ein Brausen, dessen Natur ich nicht erkennen konnte. Ein Lichtschimmer drang durch meine Augenlider, die sich gegen meinen Willen gesenkt hatten. Ich versuchte den Kopf zu wenden, es gelang mir aber nur dadurch, daß ich mich zur Hälfte versinken ließ. Dann blickte ich aus.
    – Ich gebe alle diese Einzelheiten wieder, Peter, weil Du sie kennen lernen sollst und aus ihnen auch mich kennen lernen kannst.
    – Ich kenne Sie sehr gut, Doctor, erwiderte der junge Mann. Glauben Sie, daß meine Mutter mir nicht erzählt hat, wer Graf Mathias Sandorf gewesen ist?
    – Sie mag Mathias Sandorf gekannt haben, Peter, aber den Doctor Antekirtt gewiß nicht. Und diesen sollst Du eben kennen lernen. Höre also weiter zu:
    – Das Geräusch, welches ich vernommen, rührte von einem großen Schiffe her, das von Osten kam und der italienischen Küste zufuhr. Das Licht war eine weiße Laterne, die am Stag des Fockmastes aufgehißt war, also einen Dampfer anzeigte. Seine Positionsfeuer bemerkte ich eben so schnell, das rothe auf Backbord, das grüne auf Steuerbord; da ich sie zu gleicher Zeit sah, so wußte ich, daß das Schiff direct auf mich zu kam.
    – Der nächste Augenblick mußte entscheidend sein. Da der Dampfer von der Richtung, wo Triest lag, kam, so sprach Alles dafür, daß er unter österreichischer Flagge fuhr. Ihn um Aufnahme bitten, hieß genau so viel, als sich in die Hände der Gensdarmen von Rovigno begeben. Ich war vollständig entschlossen, es nicht zu thun, aber nicht weniger entschlossen, das Rettungsmittel, das sich mir bot, zu benützen.
    – Der Dampfer war ein Eilboot. Je mehr er sich mir näherte, desto unermeßlicher erschien sein Umfang, und ich sah das Meer unter seinem Vordersteven aufschäumen. In weniger als zwei Minuten mußte er die Stelle passiren, woselbst ich fast unbeweglich lag.
    – Ich zweifelte nicht daran,

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