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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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legte sich schlafen und entschlummerte auch sofort, ohne daß das Gewissen sich in ihm irgendwie bemerkbar gemacht hätte.
    Nicht so bei Silas Toronthal. Der Banquier verbrachte eine furchtbare Nacht. Was blieb ihm von seinem einstigen Vermögen noch? Kaum zweimalhunderttausend Franken, welche das Spiel bisher verschont hatte, und auch über diese Summe war er schwerlich noch der Herr. Sie war der Einsatz zum letzten Spiele. So wollte es sein Complice, so wollte er selbst es. Sein geschwächtes, von chimärischen Berechnungen erfülltes Gehirn erlaubte ihm nicht mehr, richtig und kühl zu denken. Er war sogar unfähig – in diesem Augenblicke wenigstens – sich über seine Lage klar zu werden, wie es Sarcany gekonnt hatte. Er sagte sich nicht, daß sie die Rollen getauscht, daß er jetzt denjenigen in seiner Macht hätte, der ihn so lange in der seinigen gehabt. Er sah nur die Gegenwart mit seinem bevorstehenden Ruin und dachte nur an den folgenden Tag, der ihn entweder wieder flott machte oder ihn auf die unterste Stufe des Elendes schleuderte.
    So verging diese Nacht für die beiden Genossen. Während sie dem Einen einige Stunden des Schlafes gönnte, verhängte sie über den Anderen alle Schrecken der Schlaflosigkeit.
    Am folgenden Tage gegen zehn Uhr sachte Sarcany Silas Toronthal auf. Der Banquier saß am Tische und bedeckte die Seiten seines Notizbuches mit Ziffern und Formeln.
    »Nun, Silas? fragte Sarcany mit dem oberflächlichen Tone Jemandes der den Misèren dieser Welt nicht mehr Wichtigkeit beizulegen gedenkt als sie es verdienen, nun, haben Sie in Ihren Träumen dem Roth oder dem Schwarz den Vorzug eingeräumt?
    – Ich habe nicht einen einzigen Augenblick geschlafen… ganz gewiß… nicht einen einzigen, antwortete der Bankier.
    – Um so schlimmer, Silas, um so schlimmer!… Heute ist kaltes Blut von Nöthen und einige Stunden der Ruhe wären Ihnen unbedingt dienlich gewesen. Sehen Sie mich an! Ich habe in einem Zuge geschlafen und bin ganz dazu aufgelegt, gegen das Glück zu kämpfen. Es ist schließlich eine Frau und liebt die Leute, welche im Stande sind, ihr Zügel anzulegen.
    – Sie hat uns aber schmählich verrathen!
    – Pah!… Eine bloße Laune!… Ist sie vorüber, kommt sie zu uns zurück.«
    Silas Toronthal erwiderte nichts. Hörte er überhaupt, was Sarcany sagte, während seine Augen sich nicht von der Seite seines Notizbuches erhoben, auf die er so viele unnütze Combinationen niedergeschrieben hatte?
    »Was schreiben Sie da? fragte Sarcany. Berechnungen? Kniffe?… Teufel… Sie scheinen mir wirklich bedenklich krank zu sein, theurer Silas!… Es gibt keine Berechnungen, denen man den Zufall unterordnen könnte, und der Zufall allein könnte es sein, der sich auch heute gegen uns erklärt.
    – Schön! meinte Silas und schloß das Notizbuch.
    – Das ist nun einmal so, Silas!… Ich kenne nur eine Art, den Zufall zu lenken, sagte Sarcany ironisch. Doch muß man zu diesem Zwecke Specialstudien gemacht haben… und unsere Erziehung weist an dieser Stelle eine Lücke auf. Halten wir uns also an die Chance…. Sie war gestern für die Bank. Es ist möglich, daß sie sich heute von ihr abwendet,… Wenn dem aber so ist, Silas, so kann uns das Spiel Alles wiedergeben, was es uns genommen hat.
    – Alles?!…
    – Ja, Alles, Silas! Nur keine Muthlosigkeit. Im Gegentheil, Kühnheit und kaltes Blut!
    – Und heute Abend, wenn wir ruinirt sind? fragte der Bankier und sah Sarcany scharf ins Gesicht.
    – Nun, dann verlassen wir Monaco.
    – Und gehen wohin? schrie Silas Toronthal. Verflucht sei der Tag, an welchem ich Sie kennen gelernt habe, Sarcany, verflucht der Tag, an welchem ich Ihre Dienste beanspruchte!… Ich wäre nicht dahin gekommen, wo ich mich heute befinde!
    – Sie kommen mit dem Bedauern ein wenig spät, mein Theurer, antwortete der unverschämte Patron, und Sie machen es sich etwas zu bequem, Leute bloßzustellen, deren man sich bedient hat.
    – Nehmen Sie sich in Acht! rief der Bankier.
    – Ja!… Ich werde mich in Acht nehmen!« murmelte Sarcany.
    Diese Drohung Toronthal’s bestärkte ihn mehr als alles Andere in dem Entschlusse, ihn unschädlich zu machen.
    Dann sagte er laut:
    »Mein lieber Silas, wir wollen uns nicht gegenseitig ärgern. Wozu soll das?… Das regt die Nerven auf und heute dürfen wir nicht nervös sein!… Haben Sie Vertrauen und verzweifeln Sie nicht mehr als ich!… Wenn unglücklicher Weise der Teufel sich gegen uns erklären sollte, so vergessen

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