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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gewissen Tode entgegen; aber sollte er ihn nun doch erleiden, so war es besser, ihn in den Fluthen zu finden, als ihm vor dem Executionspeloton in der Festung Pisino entgegenzusehen.
    Graf Sandorf wandte sich also dem Ufer zu. In wenigen Sprüngen erreichte er die ersten kleinen Tümpel, welche die Brandung auf dem Sande zurückgelassen hatte. Er witterte bereits die Polizisten hinter sich und die aufs Geradewohl abgefeuerten Kugeln schwirrten ihm mehrfach um den Kopf.
    Die Naturerscheinung, die man längs der ganzen istrischen Küste beobachten kann, daß nämlich ein ganzes Heer von Klippen in Gestalt einzelner Risse zwischen dem eigentlichen Ufer und der offenen See sich erhebt, zeigt sich auch bei Rovigno.
    Inmitten dieser Klippen haben sich zahlreiche Wasserlachen über dem aufgesaugten Sandboden gebildet – einige sind mehrere Fuß tief, bei anderen wiederum würde kaum der Fußknöchel benetzt werden.
    Durch diese Klippen hindurch führte der letzte Weg, der Mathias Sandorf offen stand. Obwohl er nicht mehr zweifeln konnte, daß ihn dort schließlich ein sicherer Tod erwartete, so zögerte er doch nicht, ihn zu betreten.
    Er sprang durch die Lachen hindurch von Klippe zu Klippe; jetzt aber zeichneten sich auch die Umrisse seiner Gestalt deutlicher von dem weniger dunklen Horizonte ab. Rufe und Geschrei zeigten an, daß die Verfolger ihn bemerkt hatten.
    Graf Sandorf war entschlossen, sich nicht lebendig fangen zu lassen. Wenn das Meer ihn herausgab, so sollte es nur den Todten wiedergeben.
    Diese gefahrvolle Jagd über schlüpfrige oder schwankende Steine, durch Binsen und zähen Meertang und Wassertümpel, wo jeder Schritt einen Sturz herbeizuführen drohte, dauerte länger als eine halbe Stunde. Der Flüchtige hatte bis jetzt seinen Vorsprung beibehalten, aber der feste Boden begann ihm nunmehr zu fehlen.
    Er langte auf einer der äußersten Klippen an. Zwei bis drei Polizisten waren ihm bis auf zehn Schritte nahe gekommen, die übrigen waren noch an zwanzig Schritte zurück.
    Graf Sandorf sah sich um. Ein letzter Schrei entfuhr ihm – ein dem Himmel zugeworfenes Lebewohl. Dann, in dem Augenblick, als ihn ein Hagel von Kugeln umflog, stürzte er sich in das Meer.
    Die bis an den Rand der äußersten Klippe vorgedrungenen Polizisten erblickten nur noch wie einen schwarzen Punkt den dem offenen Meere zustrebenden Kopf des Flüchtlings.
    Eine neue Salve, die das Wasser um Mathias Sandorf herum hoch aufschlagen machte. Augenscheinlich hatten ihn eine oder gar mehrere Kugeln getroffen, denn das Haupt versank in den Fluthen, ohne wieder aufzutauchen.
    Bis zum Tagesanbruch bewachten die Polizisten die Klippen, den Strand vom Vorgebirge im Norden der Bucht an bis jenseits des Forts von Rovigno. Ihre Wachsamkeit war zu nichts nutz. Nichts bewies, daß es Graf Sandorf gelungen war, das Festland wieder zu erreichen. Man nahm als Gewißheit an, daß er ertrunken war, falls er nicht von einer Kugel getroffen worden sein sollte.
    Trotz aller umsichtig ausgeführten Nachsuchungen wurde in einer Länge von mehr als zwei Meilen weder in der Brandung noch am Strande der Leichnam des Grafen gefunden. Da der Wind jedoch vom Lande wehte, so war der letztere augenscheinlich mit der nach Südwesten gehenden Fluth in das Meer hinausgespült worden.
    Graf Sandorf, der ungarische Magnat, hatte also sein Grab in den Fluthen der Adria gefunden.
    Nach der erfolglosen eingehenden Untersuchung nahm die österreichische Regierung diese Wahrscheinlichkeit als die natürlichste an. Doch auch die Gerechtigkeit mußte ihren Lauf haben.
    Stephan Bathory, der unter den uns bekannten Umständen ergriffen war, wurde während der Nacht noch unter Escorte in den Thurm von Pisino zurückgeführt, woselbst er einige wenige Stunden noch mit Ladislaus Zathmar zusammen verbrachte.
    Die Hinrichtung wurde auf den folgenden Tag, den 30. Juni, festgesetzt.
    Stephan Bathory würde in den letzten Augenblicken seines Lebens gewiß noch einmal Frau und Kind wiedergesehen, Ladislaus Zathmar sicher noch einmal seinen Diener umarmt haben, denn die Erlaubniß, die Angehörigen in das Gefängniß von Pisino hinein zu lassen, war ertheilt worden. Aber Frau Bathory und ihr Knabe, ebenso der frei gelassene Borik hatten inzwischen Triest verlassen. Da sie in Folge der geheim gehaltenen Verhaftung nicht wußten, wohin die Gefangenen gebracht worden waren, so hatten sie nach ihnen bis in Ungarn und Oesterreich hinein gesucht und keine Gelegenheit gehabt, noch rechtzeitig

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