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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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großen Wohnzimmer stand bereits gedeckt, als zweimal an der Hausthür geklopft wurde.
    Andrea Ferrato zögerte nicht, zu öffnen. Zu seiner Ueberraschung stand vor ihm der Spanier Carpena.
    Dieser Carpena war ein Almayate, aus Almaya, einer kleinen Stadt der Provinz Malaga. Wie Andrea Ferrato Corsika, so hatte Jener Spanien verlassen, wahrscheinlich in Folge irgend einer anrüchigen Handlung, und sich in Istrien angesiedelt.
    Hier betrieb er das Gewerbe eines Salzarbeiters oder Salzsieders und brachte die Erzeugnisse aus den Bergwerken der westlichen Küste in das Innere des Landes – ein undankbares Brod, mit dem er gerade das verdiente, was er zum Leben brauchte.
    Er war ein kräftiger, junger Mann, kaum fünfundzwanzig Jahre alt, untersetzt, mit breiten Schultern und einem dicken, mit struppigen, schwarzen Haaren besetzten Kopfe; seine Gesichtszüge waren bulldogartige und erinnerten mehr an den Gesichtsausdruck eines Thieres als an denjenigen eines Menschen. Carpena war ein Feind jeder Geselligkeit, und da er neidisch, rachsüchtig und, mehr als das, feige war, so liebte man ihn nirgends. Man wußte nicht genau, warum er sein Vaterland verlassen hatte. Mehrere Streitigkeiten mit den Kameraden in den Salinen, gegen den Einen und den Anderen ausgestoßene Drohungen, Raufereien, welche die Folgen derselben waren, hatten seinen Ruf verschlechtert. Man ging ihm gern aus dem Wege.
    Carpena hatte sowohl von seinem Charakter als auch von seiner Person durchaus keine schlechte Meinung. Im Gegentheil. Nur so ist auch der Versuch – man wird sehen, welche Absicht diesem unterlag – mit Andrea Ferrato in Verbindung zu kommen, zu erklären. Der Fischer hatte ihn von Anfang an, was nicht geleugnet werden kann, nicht gerade freundschaftlich empfangen. Das geht zur Genüge aus der folgenden Unterhaltung hervor, in deren Verlauf Carpena seine eigentlichen Absichten entwickelte.
    Carpena hatte kaum einen Schritt in das Zimmer gethan, als auch schon Andrea Ferrato sich vor ihn hinstellte und ihn fragte:
    »Was wollt Ihr bei mir?
    – Ich ging vorüber und da ich bei Euch Licht sah, so klopfte ich an.
    – Und warum?
    – Um Euch einen Besuch abzustatten, Nachbar.
    – Ihr wißt ganz gut, daß Eure Besuche mir nicht gefallen.
    – Gemeinhin ja, heute aber dürfte das anders sein.«
    Andrea Ferrato begriff nicht und konnte nicht ahnen, was diese im Munde Carpena’s räthselhaften Worte bedeuteten. Er konnte ein seinen Körper durchlaufendes Zittern nicht unterdrücken, das seinem Gegenüber nicht entging.
    Carpena hatte die Thür hinter sich geschlossen.
    »Ich habe mit Euch zu reden, wiederholte er.
    – Nein. Wir haben uns nichts zu sagen.
    – Doch… ich muß Euch sprechen… und im Geheimen, setzte er mit leiser Stimme hinzu.
    – So kommt!« antwortete der Fischer, der seine Gründe hatte, an diesem Tage Niemand abzuweisen.
    Carpena durchschritt auf ein Zeichen Andrea’s hin den großen Raum und folgte Jenem in dessen Zimmer.
    Dieses war nur durch eine dünne Wand von demjenigen getrennt, in welchem sich Mathias Sandorf und Stephan Bathory befanden. Das eine führte auf die Straße hinaus, das andere auf die Umzäunung.
    Sobald Beide allein waren, fragte der Fischer:
    »Was wollt Ihr also von mir?
    – Nachbar, sagte Carpena, ich berufe mich auf Eure gute Freundschaft.
    – Und in welcher Beziehung?
    – Hinsichtlich Eurer Tochter.
    – Kein Wort weiter!
    – Höret doch! Ihr wißt, ich liebe Maria, und es ist mein lebhafter Wunsch, sie zur Frau zu haben.«
    In nichts Geringerem bestand Carpena’s Forderung.
    Er verfolgte das junge Mädchen schon seit mehreren Monaten mit seinen Anträgen. Man vermuthet wohl richtig, wenn man das selbstsüchtige Interesse in diesem Falle für größer als die Liebe anschlägt. Andrea Ferrato lebte, trotzdem er nur ein einfacher Fischer war, in guten Verhältnissen, dem Spanier gegenüber, der nichts besaß, war er sogar reich. Nichts natürlicher, als daß aus diesem Grunde Carpena den Gedanken faßte, Andrea’s Schwiegersohn zu werden; aber auch nichts natürlicher, als daß der Fischer aus demselben Grunde ihm ein für allemal einen Korb gegeben hatte, da Jener ihm in keiner Hinsicht behagen konnte.
    »Carpena, erwiderte Andrea Ferrato kühl, Ihr habt Euch schon an meine Tochter gewendet, sie hat Euch nein! geantwortet; Ihr habt Euch schon an mich gewendet, ich habe Euch nein! geantwortet. Ihr kommt mir heute nochmals mit derselben Frage und ich wiederhole Euch nein! zum letzten

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