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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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gewesen?«
    »Nein. Der ist nicht mehr gekommen.« Elsi Klopfenstein legte ihre Stirn in Falten. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Glauben Sie etwa, der …?«, sie verstummte und schaute Nore Brand kopfschüttelnd an. »Nein. Das können Sie vergessen. So einer tut so etwas nicht. Sein Herz würde so etwas nicht aushalten. Der ist auf meiner Schwelle hier vor lauter Schreck fast gestorben und das trotz meines Schnäpschens.«
    Nore Brand schaute zum See. »Vielleicht hat er nichts damit zu tun. Aber vielleicht hat er etwas gesehen, was uns nützlich sein könnte. Sie wissen nicht, wie er heißt?«
    »Nein, er war ja nie mein Gast. Das ist einer, der ohne Gruß vorübergeht. Das fällt auf hier oben. Der kam und ging immer allein. Ein richtiger Einzelgänger und immer in aller Herrgottsfrühe.«
    »Wenn er wieder auftaucht, dann sagen Sie ihm doch bitte, er soll sich beim Polizeiposten melden.«
    »Wenn er wiederkommt. Ja. Aber das weiß man ja nie. Nach einem solchen Schreck.«
    »Sagen Sie ihm, er soll sich sofort bei mir melden, wenn er wieder auftaucht.« Nore Brand fiel ein, dass sie im Moment gar keine Adresse hatte. »Schicken Sie ihn besser gleich zu Bucher.«
    Elsi Klopfenstein kniff ihre Äuglein zusammen. »Vielleicht kommt er ja wieder. Der Kerl weiß jetzt immerhin, dass ich guten Schnaps habe. Doch, ich glaube, der wird wieder auftauchen.«
    »Wie lag Frau Ehrsam denn im Wasser, als Sie sie fanden?«
    Elsi Klopfenstein versuchte die Stellung nachzumachen. »So. Ein bisschen gekrümmt. Sie muss vornüber ins Wasser gefallen sein.«
    »Wo lag ihre Uhr?«
    »Ihre Uhr?«, echote Elsi Klopfenstein nachdenklich. »Ihre Uhr?«
    »Die Bernstein-Uhr«, präzisierte Nore Brand.
    »Jaja, ich weiß davon. Sie hat mir mal erzählt, dass der Uhrmacher Bernstein für das Zifferblatt gestohlen habe, dabei war gerade das Zifferblatt so hässlich. Bernstein.« Elsi Klopfenstein kicherte vor sich hin. »Frau Ehrsam machte manchmal solche Witze. Natürlich glaubte ich ihr nicht.« Sie zog ein kariertes Taschentuch aus ihrer Jacke und schnäuzte sich heftig. »Ich werde mich noch erkälten, wenn ich nicht bald aufhöre mit dieser Arbeit. So lange hat meine Saison noch nie gedauert.« Sie stopfte das Taschentuch weg. »Aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, die Uhr irgendwo im Wasser gesehen zu haben. Ich habe sie natürlich nicht gesucht. Wer hätte das getan. Schließlich lag Frau Ehrsam leblos darin.« Sie schaute Nore Brand fragend an. »Die Männer, die sie geholt haben, müssten sie gefunden haben, oder nicht?«
    »Nein, die Uhr ist verschwunden.«
    »Wer fragt denn nach einer Uhr, wenn jemand so ums Leben kommt?« Elsi Klopfenstein war entsetzt über die Herzlosigkeit der Polizei.
    Nore Brand wechselte das Thema. »War sie oft hier, bei Ihnen?«
    Elsi Klopfenstein nickte. »Wenn sie zur Kur da war, kam sie fast jeden Tag, dann trank sie immer eine Tasse Kaffee bei mir. Mit viel Zucker und Kaffeerahm. Manchmal ging sie dann nochmals eine Weile an den See, setzte sich auf die Bank, immer auf die äußerste, weil dort die Sonne zuerst hinkam. Sie liebte die Wärme. Einmal erzählte sie mir, dass sie viel mehr fühle und höre, seit sie schlechter sehe. Früher habe sie nicht gewusst, dass die Natur so viele schöne Geräusche und Töne von sich gebe.«
    »Sie sah nicht gut?«
    »Sie müsse nach der Kur dringend zum Optiker, hat sie mal gesagt. Aber sie lachte darüber. Sie brauche weniger Zeit, um sich morgens herzurichten. Sie sei schneller zufrieden mit der Frisur und mit allem, seit sie so unscharf sehe. Sie sah immer gut aus, das sage ich Ihnen, immer. Sie gehörte nicht zu den Alten, die sich vernachlässigen.«
    »Trug sie die Uhr immer?«
    Elsi Klopfenstein schaute sie erstaunt an. »Selbstverständlich. Was denken Sie!«
    Sie schwiegen eine Weile.
    Elsi Klopfenstein ließ den Blick über den Weg gleiten. »Heute Morgen hatte ich das Gefühl, dass sie kommen wird, wie immer. Ihr Geist natürlich, der Körper ist ja weg, Feuer, Rauch und weg, der nützt ihr ja nichts mehr«, fügte sie hinzu. »Und Kaffee braucht sie auch keinen mehr.« Elsi Klopfenstein machte eine Pause. »Diese Frau kann einem leidtun.«
    »Warum?«, fragte Nore Brand, »sie spürt doch nichts mehr.«
    »Nein«, reagierte Elsi Klopfenstein ungestüm. »So schnell geht das nicht. Ich spüre das, es ist noch nicht vorbei.«
    »Was ist nicht vorbei?«
    Elsi Klopfenstein schaute sie leicht verärgert an. »Über diese Sachen

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