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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Marineinfanterieregiments.«
    Die Offiziere standen auf und wiederholten den Trinkspruch. Dann setzten sie sich zusammen mit dem Colonel, den Blakely zu seinem schönen Trinkspruch beglückwünschte.
    Coates wandte sich mit humorvoll funkelndem Blick an Mellas. »Nur keine Sorge, Lieutenant Mellas. Colonel Mulvaney wird ihn niemals auch nur in die Nähe des Matterhorns lassen. Man verlegt nicht ein gesamtes Bataillon in ein Gebiet, das von feindlicher Artillerie abgedeckt wird, die wir aus politischen Gründen nicht bekämpfen dürfen. Dazu kommt die wetterbedingt unsichere Versorgung aus der Luft. Deswegen hat uns Mulvaney ja überhaupt von dort abgezogen. Rückkehr aufs Matterhorn? Nie im Leben.«
    Mellas war überrascht. »Und ich habe gedacht, Sie wären ein Lebenslänglicher«, sagte er lächelnd.
    »Bin ich auch, Lieutenant Mellas. Aber ich bin nicht blöd. Und ich weiß, wann ich die Klappe halten muss.«
    Als Mellas am nächsten Morgen aufwachte, peitschte kräftiger Regen gegen das Zelt. Relsnik, der Funkwache hatte, starrte, in sein Ponchofutter gehüllt, zusammengekauert in die Dunkelheit hinaus. Mellas erster Gedanke war hoffnungsvoll. Wenn es so schüttete, würden keine Hubschrauber fliegen können. Wer in die Scheiße geriet, würde sich darauf verlassen müssen, dass ihn etwas anderes als Bald Eagle rettete. Mellas schlang sich das Ponchofutter um die Schultern, wollte dessen Geborgenheit niemals verlassen. Er blieb behaglich zusammengerollt, verlor allmählich aber den Kampf mit seiner Blase. Schließlich gab er auf und rannte zum Pinkeln hinaus in den Regen.
    Als er ins Zelt zurückkehrte, war Fitch aufgestanden und kochte Kaffee.
    »Heute werden wir auf keinen Fall eingesetzt«, sagte Mellas.
    Fitch blinzelte in die Dunkelheit. Er wandte sich an seinen Funker. »Hey, Snik, schauen Sie mal, ob Sie vom Bataillon einen Wetterbericht kriegen können.«
    Der Wetterbericht war nicht gut. Am späten Vormittag sollte es zu regnen aufhören. Das hieß, die Hubschrauber konnten fliegen.
    Eine Stunde später war Mellas im Versorgungszelt und erledigte Papierkram; der reichte vom Verfassen von Pressemitteilungen für Provinzblättchen, die sich nach den Söhnen ihres Städtchens erkundigten, über die Beantwortung von Anfragen des Roten Kreuzes zu Vaterschaftsklagen bis hin zur detaillierten Berechnung von Soldzuweisungen an geschiedene Frauen, aktuelle Ehefrauen und Frauen, die sich fälschlich für Ehefrauen, Mütter und Schwiegermütter ausgaben. Mellas hatte den Eindruck, dass die Hälfte der Kompanie aus zerrütteten Familienverhältnissen kam und Ehefrauen oder Eltern hatte, die Säufer, Drogensüchtige, Ausreißer, Prostituierte oder Kindesmisshandler waren. Daran überraschte ihn zweierlei. Einmal die Tatsache an sich. Und zweitens, dass alle so gut damit zurechtzukommen schienen.
    Ein Bote brachte einen kleinen Stapel Papiere und Funkmitteilungen vom Bataillon. Darunter war auch ein Befehl, mit dem Staff Sergeant Cassidy zur Stabs- und Versorgungskompanie versetzt wurde. Mellas staunte über Sergeant Major Knapps Tüchtigkeit. Er schaute nach hinten in die Düsternis des Zelts, wo Cassidy und zwei Helfer sich bemühten, Ordnung in ein Durcheinander von Ausrüstung zu bringen, und wappnete sich gegen das, was folgen musste. »Hey, Gunny«, sagte er mit vorgetäuschter Begeisterung und stand vom Tisch auf, »Sie kommen raus aus dem Busch, hier ist der Befehl. Sehen Sie sich das an.« Er ging mit dem dreifach ausgefertigten Befehl nach hinten.
    Cassidy sah ihn überrascht an. »Was? Zeigen Sie mal.« Er runzelte die Stirn, während er den Befehl langsam durchlas. Es handelte sich um einen Routinevorgang, mit dem eine Menge Leute versetzt wurden. Sein Name war durch einen ordentlich gestempelten Pfeil hervorgehoben. Quer über das vervielfältigte Blatt war in dicken Großbuchstaben das Wort ORIGINALBEFEHL gestempelt. »Meine Fresse«, sagte er.
    »Wo kommen Sie denn hin, Gunny?«, fragte einer der Marines. Beide grinsten breit, froh darüber, dass jemand lebendig aus dem Busch herauskam.
    »Meine Fresse«, sagte Cassidy erneut. Er setzte sich. »Zur Versorgungskompanie. Ich hatte überhaupt keine Ahnung.« Er blickte zu Mellas auf. »Hier steht nichts über meinen Ersatzmann.«
    »Der kommt wahrscheinlich von der Division, vermute ich.«
    Cassidy sagte: »Tja, Sir, ich würde mal gern nachfragen, was ich da überhaupt machen soll. Kein Mensch hat mir was gesagt, ich schwör’s.«
    »Klar, Gunny, nur zu.

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