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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Colonels aufbewahrt wurde. Durch das Insektengitter schaute er in den Bereich, wo die einfachen Soldaten aßen. Ihm fiel auf, dass die meisten Schwarzen in einer Ecke beieinandersaßen. Er runzelte leicht die Stirn. Dann löste er das Stanniol von der Weinflasche, zog den Korken und goss zwei Gläser ein.
    »Mögest du zehn Minuten im Himmel sein, ehe der Teufel merkt, dass du weg bist«, sagte Simpson, hob sein Glas und nahm einen kräftigen Schluck. Wie Blakely wusste, hielt sich Simpson etwas darauf zugute, dass er alle möglichen Trinksprüche in verschiedenen Sprachen kannte. Er lächelte angemessen und trank. Simpson nahm einen weiteren Schluck. »Guter Tropfen«, sagte er.
    Blakely beschloss, nicht zu widersprechen, aber auch nicht beizupflichten. Nach kurzem Schweigen sagte er: »Sir, haben Sie je daran gedacht, nachts eventuell Ihr Quartier bewachen zu lassen?«
    »Halten Sie mich etwa für einen Feigling?«
    »Nein, Sir. Aber dieser Mordanschlag war der dritte in den letzten zwei Monaten.« Er senkte die Stimme und beugte sich über den Tisch. »Ich habe, allerdings nur gerüchteweise, gehört, jemand hätte versucht, Cassidy umzubringen, den neuen Unteroffizier, den wir von der Bravo-Kompanie übernommen haben. Deswegen ist er überhaupt auf die Idee gekommen, ihn zu versetzen, hat der Sergeant Major mir erzählt.«
    »Warum untersuchen wir den Vorfall nicht?«
    »Offenbar war der Schwarze, der es getan hat, der Fall von zerebraler Malaria in der Bravo-Kompanie. Ich weiß nicht recht, ob wir das unbedingt hochkochen wollen.«
    Nervös schwenkte Simpson den Wein in seinem Glas. »Ich bin froh, dass es doch noch so was wie Gerechtigkeit auf der Welt gibt. Das war schlau von Knapp.« Er kippte den Wein hinunter. »Ich denke, ich schaue mal, wie es in der Einsatzzentrale aussieht.« Er stand auf, und alle folgten seinem Beispiel. Mit einem »Rühren« bedeutete er ihnen, sich wieder zu setzen.
    Jancowitz, der allein in dem Zelt saß, das er mit seiner Gruppe teilte, musste nicht die Einsatzzentrale aufsuchen, um zu wissen, was im Operationsgebiet des Regiments vor sich ging. Vor seinem geistigen Auge sah er die Einheiten draußen im Busch, wie sie ihre Leuchtfallen legten und ihre Horchposten verteilten. Er sah dabei zu, wie verstohlene Gestalten in Zweiergruppen mit ihren Ponchofuttern und Funkgeräten die Stellungen hinter sich ließen. Er wusste, vorläufig konnte er sich entspannen. Bis Tagesanbruch würde es keine »Ausnutzung der Situation« durch die Bald-Eagle-Einheit geben. Ein Nachttransport per Hubschrauber erforderte viel zu viel Planung. Die Einheiten waren auf sich allein gestellt.
    Er nahm seine Short-Timer-Karte heraus und strich sorgfältig einen weiteren Tag aus. Er war jetzt seit zweiundzwanzig Monaten in Vietnam. Na ja, eigentlich erst seit neunzehn drei Viertel, wenn man die erste Woche Urlaub in Bangkok, in der er Susi kennengelernt hatte, und die zwei einmonatigen Urlaube abzog. Er zückte seine Brieftasche und betrachtete das Foto von Susi, das er gemacht hatte, während sie in seinem Bett im Hotel schlief. Er versuchte, sich an den Duft ihres Haars zu erinnern, aber das war noch schwieriger, als sich ihr Gesicht vor Augen zu rufen. Alles, was er riechen konnte, waren die Mottenkugeln und das Öl des schlaffen Zelts.
    Er ging zu der offenen Grube hinüber, die man in ein kleines Freiluftkino verwandelt hatte. Etwa hundert Leute saßen dort auf alten Kisten und Kartons. Leichter Nieselregen setzte ein, aber anders als in den Bergen war er warm. Und Jancowitz bemerkte ihn kaum. Er steckte die Hände in die Taschen und wartete darauf, dass der Film anfing.
    Nichts passierte. Der Projektor stand stumm herum, während die Marines darauf warteten, dass jemand mit dem Film kam.
    Eine Viertelstunde später wurde die Menge unruhig. Stimmen wurden lauter. Eine Bierdose wurde geworfen, und ein Marine sprang auf, um die Herausforderung anzunehmen, wurde jedoch von seinen Freunden wieder auf seinen Platz gezogen. Weitere Bierdosen wurden geöffnet. Auf der linken Seite des Kinos hatte sich eine Gruppe aus Schwarzen gebildet. Ein weißer Marine stand auf, um pinkeln zu gehen, und musste zwischen ihnen hindurch- oder um sie herumgehen. Er bat einen von ihnen, Platz zu machen. Es war Henry.
    »Hey, Motherfucker, ich mach überhaupt keinem Platz, außer ich hab Lust dazu«, sagte Henry.
    Die Menge wurde still.
    Henry schob sein Gesicht bis auf wenige Zentimeter an das des Weißen heran. Der Weiße wich

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