Matterhorn
zurück, kam aber wegen einiger Stühle hinter ihm nicht weit. Mehrere Weiße standen auf, rückten näher an ihn heran, boten stumme Unterstützung. Einige Schwarze formierten sich neu und bildeten einen Halbkreis seitlich der beiden, die sich mit Blicken fixierten. Jancowitz bemerkte, dass sich Broyer und Jackson in dieser Gruppe befanden, genau wie China.
Auf der anderen Seite der offenen Grube stand Mole auf, der sich gerade mit Vancouver unterhalten hatte. Die beiden sahen einander rasch an, dann wandten sie den Blick ab. Mole begann sich außen an dem Kreis vorbeizuschieben und hielt sich dabei dicht an der Lehmwand der Grube.
Jancowitz hatte schon erlebt, wie so etwas anfing. Jeder hatte Angst, nicht bei Angehörigen seiner Rasse zu stehen. Sowie die Keilerei anfing, wurde Partei ergriffen, und keine noch so lange gemeinsame Zeit im Busch konnte die Barriere überwinden. Jancowitz hatte keine Ahnung, was er machen sollte, aber er ertappte sich dabei, dass er rasch zu der Stelle hinüberging, wo sich Mole außen an dem Kreis entlangbewegte, um sich in Position zu bringen. Weiße verspürten den gleichen Druck wie Mole und wechselten allmählich ihren Standort, um sich den Angehörigen ihrer Hautfarbe anzuschließen, denn sie wollten auf keinen Fall isoliert sein, wenn es losging. »Verpiss dich von hier, Mole«, zischte Jancowitz Mole zu. »Du auch, Vancouver. Verpisst euch schleunigst von hier.«
Moles Blick ging zu der Gruppe von Brothers, die sich an der Seite der Arena bildete, dann zu Janc. Er schüttelte traurig den Kopf und bewegte sich weiter auf die sich bildenden Kampfparteien zu.
Jancowitz drehte sich um, um festzustellen, was Vancouver machte. Wie Mole begriff er, dass er einer der besten Kämpfer war und die Angehörigen seiner Hautfarbe unterstützten musste, wenn es rund ging. Er bewegte sich in Richtung der Gruppe, die sich um den weißen Marine bildete. Jancowitz erkannte, dass sie im Busch zwar allesamt Freunde waren, hier in der Zivilisation jedoch Freundschaft unmöglich war.
Er rannte zum Projektor und riss an der Schnur des kleinen Benzingenerators. Das Husten des Motors durchbrach die Stille. Marines beider Hautfarben sahen hin, um die Ursache festzustellen – festzustellen, ob ein Offizier gekommen war, ob es irgendeine Möglichkeit gab, die drohende Gewalt zu vermeiden. Jancowitz schaltete den Projektor ein, und auf der Leinwand erschien ein blendend weißes Viereck. Dann trat er ruhig vor den Strom weißen Lichts und formte mit den Händen das Schattenbild eines Vogels. Ein paar Männer lachten nervös.
»Super, Janc«, rief jemand.
»Ist das alles, was du fertigkriegst, Vögel?«
»Aber woher denn«, antwortete er. Er begann sofort zu reden. »Ich hab da eine Freundin unten in Bangkok. Meine Fresse, so eine habt ihr noch nie gesehen.« Die Schatten wurden plötzlich zu zwei weit gespreizten Beinen. »Ich bin jetzt seit achtzehn Monaten und siebenundzwanzig Tagen in Nam.« Ein erigierter Penis, bebend, trat an die Stelle der Beine. »Ich bin natürlich gerade erst von dreißig Tagen Urlaub in Bangkok zurück, ihr armen Schweine.« Der Penis erschlaffte, und Gelächter ertönte. »Aber dieses Mädchen, Mannomann!« Erneut erschienen die Beine, und der Penis begann sich langsam zu heben, erschlaffte und hob sich erneut, vom Gejohle der Marines angefeuert. »Ich würde vierzig Meilen Kabel durch das Au-Shau-Tal legen, bloß um sie übers Telefon pinkeln zu hören.« Der Penis versteifte sich, und Jubelrufe hallten durch die Gruppe.
Der Weiße, der hatte pinkeln gehen wollen, setzte seinen Weg fort, und Henry schickte ihm nur einen finsteren Blick hinterher. Bald streckten auch andere Jungs die Hände in den Lichtstrom und formten selbst Figuren, die, begleitet von den Geräuschen, mit denen Bierdosen geöffnet wurden, raue und sarkastische Kommentare hervorriefen. Stimmen hoben sich zu gemurmelten Gesprächen.
Noch immer unter Adrenalin, setzte sich Jancowitz und verspürte eine ungeheure Sehnsucht nach Susi, ihrer reinen braunen Haut und ihren langen schwarzen Haaren. Vancouver kam zu ihm und reichte ihm ein Bier. »Das war knapp, Janc. Wir hätten garantiert tief in der Scheiße gesteckt, stimmt’s?« Auch Jacobs kam zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.
Dann wurde die Leinwand dunkel.
Ein Stöhnen stieg aus der Menge auf, und die Leute drehten sich um und schauten in die Dunkelheit hinter ihnen. Ein Gunnery Sergeant von der Stützpunktversorgung stand mit zwei
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