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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Mellas, dem die vielen Male, die er sich über Pollini lustig gemacht hatte, plötzlich leidtaten. »Hey, lass doch die Heulerei«, sagte er leise. »Hey, Pollini, nicht heulen.«
    Unter Schluchzen kam die Geschichte heraus.
    Mellas hatte Pollini die Hand auf den Rücken gelegt. Er wusste nicht, was er machen sollte. Er wandte sich an Hawke. »Aber wieso ist er so ausgeflippt? Dass er mit einer Schöpfkelle auf einen losgeht?«
    »Sein Vater ist in Korea gefallen.«
    Mellas stöhnte. »Reicht die Scheiße mit dem Krieg hier denn nicht? Müssen wir uns immer noch mit Scheiße aus Korea beschäftigen?« Er schüttelte langsam den Kopf. Musste das denn immer weiter und weiter gehen?
    Pollini versank irgendwann in einen benommenen Schlaf. Die drei Lieutenants tranken den Kasten Bier leer und sahen dabei zu, wie das Bataillon in den Normalzustand zurückkehrte. Lange, nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, legte sich Goodwin Pollini über die Schulter, Mellas nahm das Gewehr, und zusammen gingen sie in Richtung Landezone und brachten Pollini ins Bett.
    Am nächsten Tag befreite Mellas ihn vom Messedienst.
    Am selben Tag wurde Bald Eagle ins Gefecht geworfen. Allerdings nicht ohne Komplikationen.
    Der Bataillonsarzt, Lieutenant Maurice Witherspoon Selby, US Navy, hatte die Schnauze gestrichen voll von dem Morast, dem fehlenden Eis, den unhygienischen Verhältnissen und dem monotonen Einerlei aus Malaria, Durchfall, Flechte, infizierten Blutegelbissen, Dschungelfäule, Wäschekrätze, schmerzenden Rücken, schmerzenden Beinen und schmerzenden Köpfen. Besonders satt hatte er PFC Mallorys Kopfschmerzen. Mallory war gerade von einer Untersuchung durch den einzigen Psychiater im Militärkrankenhaus in Quang Tri zurück, mit einem Bericht, in dem stand, dass er eine passiv-aggressive Persönlichkeit habe und lernen müsse, mit seinen Kopfschmerzen zu leben. Mitgebracht hatte er außerdem einen Bericht des Zahnarztes dort, der provisorische Kronen eingesetzt und geschrieben hatte, Mallory sei diensttauglich, solle sich jedoch nach seiner Rückkehr in die Staaten nach Möglichkeit eine Brücke anfertigen lassen.
    »Hören Sie, ich bin beschäftigt«, sagte Selby zu Hospitalman First Class Foster. »Geben Sie ihm einfach noch ein paar Darvon und schaffen Sie ihn aus dem Krankenrevier.«
    »Er scheint ziemlich verärgert zu sein, Sir.«
    »Verdammt noch mal, ich hab mir seinen hässlichen Schädel angeschaut, bis ich blau im Gesicht war. Ich bin als Allgemeinarzt ausgebildet, nicht als Psychiater.« Selby griff nach einem Fläschchen Aspirin und schluckte vier hinunter, ohne sich die Mühe zu machen, Wasser dazu zu trinken. »Und jetzt sagen Sie ihm, Sprechstunde ist um null neunhundert, und lassen mich arbeiten. Haben Sie das kapiert, Foster?«
    »Ja, Sir.« Foster hielt inne, während sich Selby, die Hände vors Gesicht geschlagen, hinter den primitiven Schreibtisch setzte. »Sir?«
    »Was denn, Foster?«
    »Untersuchen Sie ihn denn auch um null neunhundert? Ich glaube nicht, dass er sich damit abspeisen lässt, dass ihm einer von uns Squids noch mehr Darvon gibt. Der frisst das Zeug sowieso schon wie Bonbons.«
    »Scheiße, was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun, ihm das Händchen halten? Da draußen sitzen jede Menge Leute, die ich kurieren kann, und von dem da habe ich die Schnauze voll. Nein. Ich werde ihn nicht untersuchen.«
    »Jawohl, Sir.« Foster ging zum Eingang des Zelts. Mallory saß auf einer Bank, die Stirn in die Hände gestützt, vor den Füßen verstreut Ausrüstungsgegenstände. Seine Schutzweste und seine 45 er lagen auf seinem Marschgepäck.
    » PFC Mallory«, sagte Foster.
    »Ja.«
    »Ich habe mit Lieutenant Selby geredet, und er hat gesagt, wir können leider nichts für Sie tun.«
    »Das sagen sie alle. Was läuft da eigentlich, hä?«
    Foster seufzte. »Mallory, ich weiß nicht, was ich Ihnen noch sagen soll. Wenn die in Quang Tri nichts tun können, dann können wir hier ganz bestimmt nichts tun.«
    »Scheiße, mir tut der Kopf weh.«
    »Das weiß ich, Mallory. Alles, was ich für Sie tun kann, ist …«
    »Scheißtabletten.« Mallory stand auf und brüllte: »Ich brauche keine Scheißtabletten. Ich brauche Hilfe. Und dieser Scheißdoktor verarscht mich bloß, und davon hab ich die Schnauze voll. Ich hab die Schnauze voll, verstanden?« Er begann zu wimmern. »Ich hab so die Schnauze voll.«
    Selby kam hinter der Trennwand hervor. »Sie verlassen sofort das Krankenrevier, Marine«, sagte er, »und wenn Sie

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