Matterhorn
Kleinwaffen. »Pioniere!«, flüsterte Fredrickson. Er schluckte. Die Pioniereinheiten der NVA waren Elitetruppen und trugen Rucksackladungen, gefüllt mit mehreren Pfund TNT , die sie dazu benutzten, Breschen in Stacheldrahtverhaue zu sprengen und Bunker zu zerstören. Außerdem schleuderten sie sie in Schützenlöcher. Diese Rucksackladungen ließen einem Sanitäter nicht mehr viel übrig, womit er arbeiten konnte.
Wieder schleuderten die Nordvietnamesen aus den Positionen, in die sie im Dunkeln leise vorwärtsgerobbt waren, eine Reihe von Rucksackladungen. Beim Geräusch der Explosionen brach die NVA -Infanterie aus der Deckung des Buschs hervor und kam den Berg heraufgestürmt: Schwer beladen mit Granaten, Gewehren und Munition, kämpften sie gegen die gleiche Schwerkraft an wie die Marines, ihre Lungen rangen nach der gleichen feuchten Luft, ihre Körper wurden vom gleichen Adrenalin, der gleichen Angst vorwärtsgetrieben.
Ohne Fitchs Befehl abzuwarten, eröffnete Goodwin mit seinem M 16 das Feuer, und der ganze Hügel ging los wie eine Kette Schwarzpulver. Die Nacht wurde phosphoreszierend orange und grün, und das Dröhnen der Waffen schien jedermanns Gehirn auf Faustgröße zusammenzudrücken. Zuerst detonierten überall entlang den Stellungen, ausgelöst von den Marines in ihren Löchern, die Claymore-Minen und spien in Unterleibshöhe weite Bögen von Stahlkugeln. Dann rollten die Marines den vorrückenden Feinden Granaten zwischen die Beine. Vor den Stellungen zuckte ein Gewirr aus Leuchtspurgeschossen, die der NVA grün, die der Marines orange.
Mellas presste sich die Fäuste an die Ohren, um zu versuchen, trotz des übermächtigen Getöses einen klaren Gedanken in seinem Kopf zu fassen, sich zu überlegen, was zu tun war, und sich von der Angst nicht zitternd auf den Boden seines Schützenlochs scheuchen zu lassen und auf die Gnade Gottes zu hoffen. In dem anhaltenden Donner aus den Rohren einer um ihr Leben kämpfenden Schützenkompanie der Marines war kein verständliches Geräusch auszumachen.
Die MG -Schützen legten horizontales Dauerfeuer quer vor die Stellungen und erzeugten so einen Vorhang aus schwirrendem Stahl, durch den sich die vorrückenden NVA -Soldaten wie in Zeitlupe hindurchkämpfen mussten. Trotzdem kamen sie vorwärts, stumm, mühevoll, tapfer. Manche schafften es bis zur Linie der Schützenlöcher. Der Rest wurde von gewaltiger Feuerkraft niedergemäht.
Die Nordvietnamesen, die den Feuersturm überlebt hatten, robbten und flitzten zwischen den Schützenlöchern umher, schleuderten ihre Rucksackladungen und feuerten Gewehre ab. Der ganze Hügel löste sich in den Wirrwarr von dreihundert Menschentieren – weiß, braun und schwarz – auf, die einander umzubringen versuchten, um ihre Haut zu retten.
Dann veränderte sich das Geräusch der Schlacht. Das Dauerdröhnen zerfiel in einzelne Explosionen; Schreie von Schmerz und Erregung, die der Lärm zuvor übertönt hatte, waren zu hören, und gelegentlich ging eine Granate hoch. Fitch, der bis jetzt überhaupt nichts hatte hören können, forderte sofort Lageberichte an. Mellas und Goodwin meldeten sich. Von Kendall kam nichts.
»Scheiße, wo ist der Three Actual, Pallack?«, schäumte Fitch. »Die müssten sich längst gemeldet haben.«
»Keine Ahnung, Sir. Die Frequenz habe ich ihnen jedenfalls gegeben.«
»Sind Sie auch sicher, dass die sie verstanden haben?«
»Ich hab gehört, wie Genoa mir gesagt hat, er hätte sie.«
Genoa hatte die Frequenz tatsächlich verstanden, konnte im Dunkeln aber nicht genug sehen, um die Bedienungsknöpfe entsprechend zu verstellen, und Kendalls rote Taschenlampe war in dessen Marschgepäck am Fuß des Kamms, wo sie es vor drei Tagen zurückgelassen hatten. Genoa hatte die Knöpfe so rasch gedreht, wie er nur konnte, bekam die Frequenz aber trotzdem nicht herein. Bei Ausbruch des Gefechts vergaß er die Zahlen. Kendall hatte von vornherein nicht zugehört, weil er davon ausging, dass der Funker sich darum kümmern würde. Genoa probierte verschiedene Kombinationen aus, indem er den Schalter für Megahertz sinnloserweise in die eine und den für Kilohertz in die andere drehte.
»Ich kriege Bravo nicht rein, Sir«, sagte er verzweifelt.
Kendall nickte mit zusammengepressten Lippen. »Wir müssen rauskriegen, was los ist«, flüsterte er.
Genoa gab keine Antwort. Er hatte keinerlei Verlangen herauszukriegen, was los war.
»Wir müssen rauskriegen, was los ist, und dann dem Skipper Meldung
Weitere Kostenlose Bücher