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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Andeutungen über Offiziere, während die anderen kicherten.
    Mellas wollte sie anfassen. Er wollte über den Tisch langen und die Hand auf ihr Herz und ihre Brüste legen. Er wollte den Kopf an ihre Schultern legen, ihre Haut riechen, ihre Weiblichkeit in sich aufnehmen.
    Aber sie waren älter als er und ranghöher. Außerdem fühlten sie sich unwohl, weil sie davon ausgingen, dass er nur geil war. Das stimmte auch, aber das war es nicht allein. Nach und nach wurde ihre Unterhaltung ungezwungener, plätscherte um ihn herum und über ihn hinweg. Dass sie Frauen waren und er ein Mann, störte sie nicht, reizte sie aber auch nicht. Schließlich entschuldigten sie sich und ließen Mellas allein. Die Philippino-Ordonanzen räumten die Tische ab. Einer brachte ihm frischen Kaffee.
    Auf der anderen Seite des Raums sah er jemanden vom Tisch aufstehen. Es war die rothaarige Schwester. Sie schien zu zögern, dann kam sie zu Mellas’ Tisch herüber.
    »Darf ich mich setzen?«, fragte sie.
    »Aber ja«, antwortete Mellas. Er versuchte, sich einen Scherz über die leeren Stühle um ihn herum einfallen zu lassen, aber es gelang ihm nicht.
    »Was macht das Auge?« Sie setzte sich, beugte sich näher heran und nahm den Verband in Augenschein.
    »Ist okay.«
    »Sie mögen Kaffee, wie?«, fragte sie. Sie lächelte warm. Sie hatte ihre Haare gelöst, die sie normalerweise in einem Knoten auf dem Kopf trug. Sie fielen ihr fast bis auf die Schultern.
    Mellas öffnete sich wie eine Blüte. Er ertappte sich dabei, dass er ihr in allen Einzelheiten erzählte, wie man mit C 4 -Plastiksprengstoff Kaffee machte. Sie redeten beide über zu Hause, über das Großwerden in der Kleinstadt. Sie zog ihn damit auf, dass er kurz vor der Augenoperation Eliot paraphrasiert hatte, doch dann sagte sie: »Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich wäre der Schatten.«
    Mellas räusperte sich und scharrte mit den Füßen auf dem Teppichboden. »Na ja, nicht direkt. Ich meine, Sie waren ein Teil davon. Wollen Sie das wirklich wissen?«
    »Klar.« Sie lächelte, als wollte sie sagen: Wir sind doch hier unter Erwachsenen.
    »Draußen im Busch«, sagte er, »kommt erst der große Bums und dann das Jammern. Dann landet man hier, und es ist nur noch Jammern und kein Bums.« Sofort bereute er seinen Versuch, geistreich zu sein.
    »Das ist nicht sehr komisch«, sagte sie.
    »Sie haben recht«, sagte Mellas. »Entschuldigung.« Er hielt kurz inne. »Ich krieg’s nur allmählich satt, auf höfliche Weise wie ein Sittlichkeitsverbrecher behandelt zu werden.«
    »Glauben Sie vielleicht, wir kriegen die Kerle nicht satt, die aus dem Dschungel angebalzt kommen und nur das Eine wollen?«
    »Mit ›das Eine‹ meinen Sie Sex.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ich es Ihnen vorbuchstabieren muss.«
    »Nein, im Buchstabieren bin ich richtig gut. Sehr einfach: S-E-X. Richtig?«
    Sie lächelte sarkastisch. »Schlaumeier.«
    »Ja. Schlaumeier.« Er senkte den Blick auf seine Kaffeetasse. »Eigentlich will das doch jeder heißblütige amerikanische Tiger, oder?« Er legte den Kopf schräg und sah sie an. Er sah Williams, wie er an der Stange hing. »Ist doch nur natürlich, stimmt’s?«
    »Klar«, sagte die Schwester, nicht unfreundlich.
    Der ruhige, freundliche Ton, in dem sie »Klar« sagte, machte Mellas bewusst, dass er tatsächlich mit einem menschlichen Wesen sprach, das Anteil nahm. Das entschärfte seinen Zorn darüber, dass er als Bedrohung wahrgenommen wurde und es nicht geschafft hatte, ihr zu sagen, dass er sich bloß mit ihr anfreunden wollte. Er starrte in seine Tasse.
    Sie lehnte sich zurück und sah ihn leicht fragend an.
    »Die Männer wissen, dass sie keinen S-e-x haben können, weil Mannschaften nicht mit Offizieren vögeln«, sagte Mellas. »Vielleicht wollen sie ja nur mal eine Frau um sich haben, anstatt immer nur Pseudo-Männer mit Pseudo-Männergerede. Sie wollen einfach nur eine richtige Frau um sich haben, die sie anlächelt und mit ihnen redet, als wären sie richtige Menschen und keine Tiere.«
    »Das würden Sie anders sehen, wenn Sie an unserer Stelle wären.«
    »Und Sie würden es anders sehen, wenn Sie an unserer wären«, erwiderte Mellas.
    »So ist das«, sagte sie. Sie schaute ihm ins Auge und lächelte warm. »Nicht, dass Sie mich jetzt für zickig halten.« Ihm fiel auf, dass sie grüne Augen hatte.
    Mellas erkannte, dass sie eine Verbindung zu ihm herstellen wollte. Er schmolz dahin und lächelte zurück.
    »Sie müssen verstehen, was wir

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