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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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vom Boden auf. Diejenigen, die eine Mütze trugen, nahmen sie ab und blieben, manche mit vor dem Bauch verschränkten Händen, stehen und sahen Fitch an, wie er da unter dem bleiernen Himmel stand.
    Fitch setzte seine Mütze wieder auf und ging in Richtung Kapelle.
    Beim Gottesdienst stimmte Father Riordan ein Kirchenlied an. Die meisten Schwarzen kannten es ebenso wenig wie die Hälfte der Weißen.
    Riordan erteilte Simpson das Wort.
    Simpson betrachtete die frisch gewaschenen, jungen Gesichter vor ihm und verspürte eine Regung von Stolz und Ergriffenheit. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, stand er mit leicht gespreizten Beinen da und sagte ihnen, wie stolz er auf jeden Einzelnen sei und wie stolz auf diejenigen, die alles geopfert hatten. »Es war ein Angriff wie aus dem Lehrbuch, der in der allerbesten Tradition des Marine Corps steht.« Er hielt inne und suchte nach Worten, die vermitteln konnten, was er empfand. »Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber in meinem Quartier hängt ein Anschlagbrett, auf dem alle meine Einheiten aufgeführt sind. Wenn eine meiner Einheiten besonders hervorragende Arbeit leistet, bringe ich daneben einen goldenen Stern an, damit jeder, der hereinkommt, ihn sehen kann. Bisher habe ich dort in meiner gesamten Zeit im Landesinneren nur zwei goldene Sterne angebracht. Heute Morgen habe ich zwei weitere hinzugefügt. Einen für die Einundachtzig-Millimeter-Mörser, meine persönliche Lieblingswaffe, und einen für die Bravo-Kompanie.« Er sah in die Gesichter, die zu ihm aufblickten. »Nie hat es einen stolzeren Befehlshaber gegeben.« Er setzte sich und kämpfte gegen die Tränen an, die ihm in die Augen stiegen.
    Father Riordan erhob sich.
    »Lasset uns beten.« Er wartete, bis das Gescharre und Geraschel aufhörte. »Vater im Himmel, wir bitten dich, nimm die Seelen dieser verstorbenen jungen Männer zu dir, die in den vergangenen Tagen für ihr Land gestorben sind und damit das höchste Opfer gebracht haben, das ein Mensch bringen kann, auf dass andere die Segnungen der Freiheit genießen dürfen und dich, o Herr, so verehren können, wie sie es …«
    Hinten im Zelt wurde bereits getuschelt. »Hey, Gambaccini, hört ihr Spaghettis euch ständig so’n Scheiß an?«
    »Das ist doch der reinste Hohn auf Jesus.«
    »Scheiße, unser Colonel ist ’n verdammter Scheißkerl mit ’nem Goldstern.«
    »Hey, Scar, können wir uns nicht verpissen?«
    »… Trost und Zuspruch für die Hinterbliebenen dieser unserer dahingegangenen Kameraden. Lass sie wissen, dass ihr Opfer nicht umsonst war, sondern gewähre ihnen, gütiger Vater …«
    » Uns hat er auf dem Scheißhügel überhaupt nix gewährt, der gütige Vater.«
    » Ich bin nicht sauer auf Gott, aber ich wette, er ist ziemlich stinkig auf mich.«
    »Cortell, geh mal nach vorn und zeig dem Weißfisch, was ’ne richtige Predigt ist, Mann.«
    Es gab auch einige, die nichts sagten, zum Beispiel Mole und China.
    Der Colonel ging gegen Mitternacht mit dem Gedanken schlafen, dass es ein ziemlich guter Tag gewesen war. Um 0200 schlichen sich schattenhafte Gestalten an die hangabwärts gelegene Seite seiner Unterkunft an. Davor hatte der als Sicherheitsposten eingeteilte Marine schwer zu kämpfen, um nicht einzudösen. Unten auf dem schlammigen Weg beim Versorgungsbunker hörte er jemanden johlen. »O Mann, sind wir knülle.« Dann stimmte ein Zweiter ein. »Au weia. Scheiße, Mann.« Gelächter wehte den Pfad herauf. Der Posten sah, wie zwei schwarze Marines sich abklatschten. Er lächelte.
    Das Eisenrohr traf ihn seitlich am Kopf, drückte ihm den Kieferknochen ein und schlug ihm fünf Zähne aus. Ein zweiter Hieb kam von der anderen Seite und traf ihn oberhalb des Auges. Er sank auf die Knie und bekam einen Schlag in den Nacken. Sein Stöhnen wurde von einer dunklen Hand erstickt, und man ließ ihn langsam auf den matschigen Boden sinken.
    Dann geschah alles sehr schnell. Die beiden angeblichen Betrunkenen rannten davon und verschwanden. Die beiden Schläger rannten in die entgegengesetzte Richtung. Jemand hob ganz gelassen die Eingangsklappe des Zeltes an und warf eine Granate hinein. Dann rannte auch er rasch in die Dunkelheit davon.
    Der Aufprall der Granate auf dem Boden riss Simpson aus dem Schlaf. Er gab ein ersticktes, erschrockenes Grunzen von sich – und rannte. In dem verzweifelten Bemühen, der Explosion zu entgehen, stolperte er im Dunkeln über die Zeltschnüre und glitt im Morast aus. Er warf sich zu Boden und

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