Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
Vom Netzwerk:
schützte mit den Armen seinen Kopf.
    Nichts passierte.
    Er blickte auf und kam sich in seiner schlammverschmierten Unterwäsche albern vor. Dann sah er seinen auf dem Boden zusammengesackten Wachposten. »Wachhabender!«, rief er.
    Die schwere Tür des Bunkers der Einsatzzentrale öffnete sich, und ein breiter Lichtstrahl fiel auf den Boden, ehe der Verdunkelungsvorhang ihn abschnitt. Stevens kam angerannt.
    »Holen Sie einen Sanitäter«, rief Simpson. »Mein Wachposten ist überfallen worden.«
    »Sind Sie in Ordnung, Sir?«
    »Jetzt holen Sie schon einen Sanitäter.«
    Stevens drehte sich zu einem der Bataillonsfunker um, der auf ihn zugelaufen kam. »Sie haben gehört, was er gesagt hat, holen Sie einen Squid.« Der Mann rannte in Richtung Krankenrevier.
    Simpson zitterte. »Jemand hat versucht, mich umzubringen. Ich habe die Granate reinkommen hören. Es war ein Blindgänger.«
    »Heilige Scheiße, Sir«, sagte Stevens. Die beiden Männer standen da, den Blick auf das Zelt des Colonels gerichtet. »Sind Sie sicher, dass es ein Blindgänger ist, Sir?«, fragte Stevens schließlich, denn er befürchtete, der Colonel würde ihn auffordern nachzusehen.
    Simpson, dem in seiner dreckverschmierten Unterwäsche allmählich kalt wurde, stand einen Moment still. »Scheiße, ja.«
    Andere kamen aus dem Bunker der Einsatzzentrale. Einer hatte eine Taschenlampe. Dann kamen zwei weitere vom Krankenrevier aus angerannt. Der Sanitäter hatte ebenfalls eine Taschenlampe. Simpson nahm sie und betrat sein Quartier.
    Auf dem Boden lag eine Granate, deren Zünder entfernt war. Um sie herumgewickelt war ein Blatt Papier. Simpson nahm es ab und strich es glatt. Es handelte sich um eine vervielfältigte Personalliste mit Namen, Rängen, Stammnummern und Urlaubsdaten. Es war die Personalliste der Bravo-Kompanie. Mit einem Kugelschreiber waren Namen mehrfach ausgestrichen worden. Daneben standen ordentlich getippte Wörter wie ermordet, verkrüppelt, verstümmelt, blind …
    Simpson zerknüllte das Blatt. Blakely kam hereingestürmt. »Sind Sie in Ordnung, Sir?«, fragte er.
    »Ja, verdammt. Hat mir ja eine Menge genützt, Ihr Scheißwachposten.«
    »Er ist ziemlich übel zugerichtet, Sir.«
    »Geschieht ihm recht. Hat wahrscheinlich geschlafen. Eigentlich müsste ich den Scheißkerl vors Kriegsgericht stellen lassen.« Er übergab Blakely die Granate.
    »Der Zünder ist raus«, sagte Blakely.
    Simpson sah ihn kalt an.
    »Ich lasse sie auf Fingerabdrücke untersuchen«, sagte Blakely.
    »Sparen Sie sich die Mühe. Sie wissen doch, dass das nichts bringt.« Simpson schaltete das Licht ein. Er gab Blakely das zerknüllte Blatt Papier.
    Blakely schluckte. Er gab Simpson die Liste zurück. »Sir, ich schlage vor, sofort Maßnahmen zu ergreifen.«
    »Was für welche?«, fragte Simpson.
    »Die Bravo-Kompanie entwaffnen, bis wir sie wieder draußen im Busch einsetzen. Sämtliche Granaten und sämtliche Waffen einsammeln. Zusätzliche Wachen aufstellen. Auch vor meiner Unterkunft.«
    »Okay. Holen Sie Staff Sergeant Cassidy her. Es waren seine Leute. Und wecken Sie Lieutenant Goodwin. Es ist seine Kompanie.«
    Binnen einer halben Stunde stand Cassidy mit drei Marines von der Stabs- und Versorgungskompanie vor der erbärmlich kleinen Zeltstadt aus Ponchos und ausgestreckten Körpern, die sein alter Haufen war, und betrachtete sie traurig. Einige schliefen, dem Regen ausgesetzt, an der Stelle, wo sie betrunken umgekippt waren. Dann reckte er entschlossen das Kinn. Goodwin hatte sich geweigert, ihm zu helfen. »Okay. Alle Mann aufwachen. Los, hoch mit euch. Raus aus den Federn.«
    Männer stöhnten. Einige schauten auf ihre Uhr: 0300 . Angst kam auf. Irgendwer saß so übel in der Scheiße, dass sie wieder losgeschickt wurden. Rasend schnell machte sich die Angst in dem morastigen Lager breit. Aber Marines mussten in Schwierigkeiten sein. Sie würden gehen.
    »Jemand in der Scheiße, Sergeant Cassidy?«, fragte jemand.
    »Ja«, erwiderte er grimmig, »die Bravo-Kompanie.«
    Männer schauderten im Nieselregen. Einige zogen Schutzwesten an, um es wärmer zu haben.
    »Ich will sämtliche amtierenden Zugführer sehen«, sagte Cassidy. Drei ehemalige Gruppenführer traten auf ihn zu: China für den Zweiten, Connolly für den Ersten und Campion für den Dritten Zug. Drei besorgte Gesichter sahen Cassidy an.
    »Heute Nacht hat jemand den Wachposten des Colonels zusammengeschlagen. Ihn fast umgebracht.« Beim Reden sah er unverwandt China an. »Einen

Weitere Kostenlose Bücher